Prisma

Sommerhalbjahr früher und länger

Skandinavienhoch als Kriterium

cae | Aufgrund des Klimawandels beginnt in West- und Mitteleuropa das sommerliche Wetter früher, dauert aber im Herbst kaum länger. Diese Aussagen beruhen auf einem verblüffend einfachen Modell.

Während die kalendarischen Jahres­zeiten sich nach dem Sonnenstand richten (Tagundnachtgleichen und Sonnenwenden), fassen Meteorologen jeweils drei volle Monate zu einer ­Jahreszeit zusammen (z. B. Frühling: März, April, Mai). Beide Systeme sind willkürlich gewählt und sagen über das tatsächliche Klima wenig aus. Französische Meteorologen haben jetzt den Einfluss, den das Wetter in Osteuropa auf unser Wetter ausübt, als das wesentliche Kriterium zur Unterscheidung von Sommer- und Winterhalbjahr vorgeschlagen. Denn während die ozeanische Wetterlage mit Westwind im Jahresverlauf nur wenig schwankende Temperaturen bringt, beschert die kontinentale Wetterlage mit Ostwind, die mit einem Hoch über Skan­dinavien einhergeht, im Sommer Hitze und im Winter Kälte (s. Grafik).

Der Einfluss des Skandinavienhochs (kontinentale Wetterlage) auf die Temperaturen in West- und Mitteleuropa (s. Karte). Die konzentrische Skala der Grafik gibt den Temperaturanstieg (orange) bzw. Temperaturrückgang (blau) pro 10 hPa Luftdruck­anstieg an. So steigt im Juli die Temperatur um 2 °C pro 10 hPa über die Durchschnittstemperatur, während sie im Januar um 1,4 °C pro 10 hPa darunter sinkt. Die Tage, an denen sich das Skandinavienhoch weder positiv noch negativ auswirkt, stehen in diesem Modell für den Sommer- bzw. Winteranfang. – Mittelwerte von 1950 bis 2010.

Den Beginn des erwärmenden bzw. kühlenden Effektes der kontinentalen Wetterlage verwenden die Meteoro­logen als Marke für den Beginn des Sommer- bzw. Winterhalbjahrs. In ­ihrem Untersuchungsraum, der Großbritannien, Südskandinavien, Mitteleuropa (bis zur Oder/Neiße bzw. zum Po) sowie Frankreich (bis Bordeaux) umfasst, haben sie festgestellt, dass der Sommeranfang in den 2000er-Jahren etwa zehn Tage früher lag als in den 1960er-Jahren. Sie erklären dies mit der früheren Schneeschmelze und Lufterwärmung in Osteuropa. Da das herbstliche Wetter Osteuropas sich in diesen 50 Jahren aber nur wenig ­verändert hat, ist der Winteranfang ­nahezu gleich geblieben. |

Quelle

Cassou C. Cattiaux J. Disruption of the European climate seasonal clock in a warming world. Nature Climate Change; Epub 4.4.2016

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