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Schwerpunkt Reisen
Ist ein Arzt an Bord?
Die acht häufigsten medizinischen Notfälle auf Flugreisen
In etwa der Hälfte der Notfälle ist ein Arzt als Passagier an Bord. Apotheker sind wie alle Fluggäste zur Ersten Hilfe verpflichtet. Ihre Approbation verpflichtet sie jedoch nicht zu darüber hinausgehenden Maßnahmen.
1. Synkopen
Mit 37,4% sind Synkopen und Präsynkopen die häufigsten medizinischen Notfälle an Bord eines Flugzeugs. Viele Passagiere sind dehydriert. Es gilt, Puls und Blutdruck zu messen, wenn möglich auch den Blutglucosespiegel. Der Patient sollte auf dem Flur mit angehobenen Beinen liegen.
2. Trauma
Traumata sind relativ häufig an Bord, meist infolge von Turbulenzen. Betroffene sollten im Rahmen der Ersten Hilfe behandelt werden (kalte Kompressen, Analgetika).
3. Dyspnoe
In Flughöhe besteht bei Atemwegserkrankungen wie COPD ein erhöhtes Risiko für Exazerbationen. Atemnot tritt in 12% der medizinischen Notfälle auf. In schweren Fällen sollte die Flughöhe gesenkt werden. Bei instabilen Patienten mit Pneumothorax ist eventuell eine improvisierte Nadeldekompression nötig. Gegen Bronchospasmus sollte sich ein Salbumatol-haltiges Dosieraerosol im Notfallsortiment befinden. Leider gibt es bisher keine einheitlichen Vorschriften, welche Arzneimittel in einer Notfallapotheke an Bord enthalten sein müssen.
4. Akutes Koronarsyndrom
Kardiale Symptome machen 8% der medizinischen Notfälle in der Luft aus. Brustschmerzen können auf ein akutes Koronarsyndrom hinweisen. Zur Behandlung sollten sich Acetylsalicylsäure (ASS) und Nitroglycerin in Form von Sublingualtabletten im Notfallsortiment eines Flugzeugs befinden. Gegebenenfalls bringt eine Erhöhung des Sauerstoff-Partialdrucks durch eine geringere Flughöhe bereits Besserung (60 mmHg im Flugzeug vs. 75 bis 100 mmHg auf Meereshöhe).
5. Bewusstseinsstörungen
Eine veränderte Bewusstseinslage tritt in 5,8% der Fälle auf, 1,6% stehen im Zusammenhang mit Diabetes mellitus. Andere Ursachen können Infektionen, Gefäßkomplikationen, Vergiftungen, Traumata oder Hypoxämie sein. Eine Senkung der Flughöhe kann hilfreich sein.
6. Psychische Notfälle
Psychische Symptome machen 3,5% der Notfälle aus. Da sich üblicherweise keine Sedativa im Notfallsortiment befinden, muss eine Ruhigstellung gegebenenfalls mechanisch erfolgen.
7. Schlaganfall
Das plötzliche Einsetzen von neurologischen Störungen kann ein Hinweis auf Schlaganfall sein. Ein Verdacht besteht in etwa 2% der medizinischen Notfälle über den Wolken. Der Patient sollte mit Sauerstoff versorgt werden, da Hypoxämie die Nervenzellen schädigen kann. ASS sollte wegen der Gefahr von intrakraniellen Blutungen, die in ihren Symptomen einem Schlaganfall ähnlich sind, nicht gegeben werden. Meist ist eine schnelle Landung erforderlich, um weitere medizinische Maßnahmen einleiten zu können.
8. Herzstillstand
Mit 0,3% der medizinischen Notfälle ist ein Herzstillstand zwar selten, dafür aber für 86% aller Todesfälle in der Luft verantwortlich. Basismaßnahmen sind Herz-Lungen-Wiederbelebung und der Einsatz eines Defibrillators, den auch das Bordpersonal bedienen können muss. |
Quelle
Nable JV, et al. In-flight medical emergencies during commercial travel. N Engl J Med 2015;373:939–945
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