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AVWL fordert Mindestpauschale

Inkontinenzversorgung: Dumpingpreise der Kassen bereiten Apotheken Probleme

STUTTGART (jb/ral) | Der GKV-Spitzenverband hat das Hilfsmittelverzeichnis überarbeitet. Die Qualitätsanforderungen an aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel wurden dabei „deutlich angehoben“. Die Versorgung mit den qualitativ besseren Produkten sollte eigentlich aufzahlungsfrei möglich sein – so hatte es Karl-Josef Laumann, Patientenbeauftragter der Bundesregierung, im Vorfeld der Überarbeitung gefordert. Doch die Vertragspraxis der Krankenkassen steht dem entgegen, kritisiert der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) in einer Stellungnahme.
Foto: ABDA
Ohne Aufzahlung? Für die meisten Inkontinenzhilfen trifft dies leider nicht zu.

Die bisherigen Pauschalbeträge seien in der Regel für die Apotheken bereits kaum auskömmlich gewesen, so der AVWL. Und viele Kassen hätten nun die Überarbeitung der Hilfsmittelverzeichnisse mit den gestiegenen Qualitätsanforderungen dafür genutzt, die Preise nochmal erheblich zu senken. Die neuen Pauschalen lägen noch 20 bis 30 Prozent, in Einzelfällen sogar 60 Prozent, darunter. Laumanns Forderung nach angemessener Versorgungsqualität statt Dumpingpreisen werde von den Kassen schlicht ignoriert.

Preise werden nicht verhandelt

Echte Preisverhandlungen finden laut AVWL in der Regel nicht statt. Apotheken und Verbände haben lediglich die Wahl: Mitmachen oder nicht. Man prüfe seitens des Verbandes genau, ob die von den Kassen angebotenen Beitrittsverträge wirtschaftlich sind, erklärt eine Vertreterin des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg (LAV). Unwirtschaftlichen Verträgen trete man als Verband nicht bei. Den Mitgliedern sei es natürlich aber freigestellt, sich auf eigene Faust zu beteiligen. Angaben, wie viele Apotheker dies tun, hat der LAV nicht.

Apotheken am Scheideweg

Apotheken stehen angesichts dieser Preisentwicklung vor der Frage, wo es hingehen soll mit der wohnortnahen Inkontinenzversorgung. Sie können sich an den Verträgen beteiligen. Dabei müssen sie dann darauf setzen, dass vermehrt Versicherte bereit sind, Aufzahlungen zu leisten, und sich nicht nur mit der Basisversorgung zufriedengeben. Was Basisversorgung bedeutet, hängt von der Kasse ab. Für Versicherte der AOK Nordwest bedeutet Basisversorgung etwa alles das, was für monatlich 20,90 Euro (brutto) zu haben ist. Die AOK Baden-Württemberg zahlt 29 Euro im Monat. Die Alternative ist der Abschied von der Inkontinenzversorgung aus der Apotheke. Patienten fernab der Ballungszentren ohne Sanitätsfachgeschäfte wären dann in vielen Fällen allein gelassen, prognostiziert der AVWL. Einige Kassen, z. B. die Barmer GEK, versorgen ihre Patienten allerdings ohnehin schon anderweitig. Diese Verträge wurden ausgeschrieben – ohne Möglichkeit für Apotheken beizutreten.

Einige Apotheker haben offensichtlich bereits Konsequenzen gezogen und sich für den Abschied aus der Inkontinenzversorgung entschieden. So berichtet der AVWL, dass heute nur noch 40 Prozent der Mitglieder an Beitrittsverträgen mit Inkontinenzpauschalen teilnehmen, 2015 waren es noch rund 90 Prozent.

Anbieter tragen Mitschuld

Der AVWL sieht allerdings nicht nur die Kostenträger in der Verantwortung. Der Verband erhebt auch Vorwürfe gegen die Leistungserbringer aus Indus­trie und Großhandel. Durch Dumping­angebote bei Ausschreibungen leisteten sie den Kassen Schützenhilfe. Die Angebote dienten weniger dem Ziel einer angemessenen Vergütung für eine angemessene Qualität, sondern vielmehr dem Erwerb eines Kundenstammes von Versicherten. Diese sollen den Anbietern über teils hohe Aufzahlungen entsprechende Erträge garantieren, schrieben Verbandsvertreter in einem Brief an Laumann.

Damit der Sachleistungsanspruch der Patienten kein leeres Versprechen bleibt, fordert der AVWL eine Mindestpauschale, die sich an „marktgängigen Produktpreisen einer Durchschnittsversorgung“ orientiert.

Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten. Anlässlich der Versprechen der Kassen, das Hilfsmittelverzeichnis zu überarbeiten, hatte Laumann angekündigt, genau hinzuschauen, ob die Maßnahmen bei den Patienten ankommen. Folgt man der Auffassung des AVWL, ist das bislang nicht der Fall. |

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