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Arzneimittel und Therapie
Längst nicht alle Fragen geklärt
Ein Gastkommentar von Prof. Dr. Martin Smollich, Rheine
Mit den neuen Publikationen zur Vitamin-D-Supplementation geht die „Vitamin-D-Story“ in die nächste Runde. Es gibt wohl kein anderes Vitamin, bei dem so sehr über Sinn und Unsinn einer Supplementation gestritten wird. Klarer Grund ist in diesem trüben Gewässer jedoch auch mit den neuen Studien nicht in Sicht.
In der VINDICATE-Studie wurde mit guter Methodik gezeigt, dass die Gabe von 4000 I. E. pro Tag (100 µg/d) Vitamin D3 über ein Jahr die kardiale Funktion bei Patienten mit Herzinsuffizienz verbessern kann, ohne jedoch einen signifikanten Effekt auf die körperliche Leistungsfähigkeit zu haben. Interessanterweise war die innerhalb von sechs Minuten zurückgelegte Gehstrecke (als Marker der körperlichen Leistungsfähigkeit) in der Placebo-Gruppe nach einem Jahr sogar um zehn Meter länger geworden, während die Gehstrecke in der Vitamin-D-Gruppe um zwölf Meter abgenommen (!) hatte. Dieser Unterschied war zwar statistisch nicht signifikant, das Ergebnis zeigt jedoch, dass Vorteile bei kardiologischen Parametern nicht automatisch mit einem echten Vorteil für den betroffenen Patienten gleichzusetzen sind. Bevor die Ergebnisse also unkritisch auf alle Patienten mit Herzinsuffizienz übertragen werden, müssen Langzeitstudien nachweisen, dass die Vitamin-D-Supplementation nicht nur einen positiven Effekt auf die körperliche Leistungsfähigkeit besitzt, sondern auch auf Lebensqualität und Mortalität. Zudem waren in der Studie nur Patienten mit einem sehr niedrigen Vitamin-D-Spiegel eingeschlossen – die Übertragbarkeit auf Patienten mit normwertigen Vitamin-D-Spiegeln ist damit per se nicht gegeben.
Der Cochrane-Review liefert eine sehr gute Metaanalyse über jene randomisiert-kontrollierte Studien, die den Effekt von Vitamin D bei Patienten mit Asthma untersucht haben. Dabei ging es nicht um die Primärprävention von Asthma bei Kindern durch Vitamin-D-Supplementation, sondern um den Effekt von Vitamin D auf die Häufigkeit der Asthmaanfälle bei Kindern und Erwachsenen mit bereits bestehendem Asthma. Tatsächlich liefert die Metaanalyse Hinweise darauf, dass diese Patienten von der Vitamin-D-Supplementation in Form einer signifikant reduzierten Anfallshäufigkeit profitieren könnten; für unerwünschte Wirkungen unter Vitamin D ergaben sich keine Hinweise. Diese Ergebnisse sind sehr interessant und verdienen weitergehende Untersuchungen, denn insgesamt konnten nur sieben Studien ausgewertet werden, von denen es in zwei Studien noch starke Hinweise auf verzerrte Daten gibt. Die entscheidenden Fragen bleiben aber auch nach diesem Cochrane-Review ungeklärt: So ist vollkommen unklar, ob von der Vitamin-D-Supplementation nur Asthma-Patienten mit Vitamin-D-Mangel oder alle Asthma-Patienten unabhängig von ihrem Vitamin-D-Status profitieren. Ebenso unbekannt ist auch, welche Dosierung dann bei wem die optimale wäre.
Beide Ansätze – Vitamin-D-Supplementation bei Herzinsuffizienz und bei Asthma – sind nicht nur wissenschaftlich interessant, sondern könnten potenziell auch den Betroffenen zugutekommen. Nichtsdestotrotz gibt es aber wesentliche Fragen, die in diesem Zusammenhang noch ungeklärt sind. Die „Vitamin-D-Story“ wird also sicherlich weitergehen.
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