Aus den Ländern

Alte Patienten in der Apotheke

Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention

Unter dem Motto „Metropolis – ­Gesundheit anders denken“ ver­anstaltete die Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) vom 14. bis 16. September in Essen ihre 52. Jahrestagung. ­Einer der zahlreichen Workshops war dem Thema „Ältere Menschen, Arzneimittel und Apotheken“ gewidmet.

Dr. Gert von Mittelstaedt eröffnete die Veranstaltung mit einem Ausflug in die künstlerische Darstellung der Großstadt im Impressionismus und Expressionismus. Danach erwartete die Teilnehmer ein großes Angebot an Vorträgen, Postern und Workshops zu vielen Themen. Berichtet wurde u. a. über die gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen, den Einfluss des APOE-Gens auf die kognitive Funktion im Alter und über Schwangere mit Anorexia nervosa.

Demenzfreundliche Apotheken

Dr. Petra Plunger (Institut für Pallia­tive Care und Organisationsethik Klagenfurt) und Dr. Udo Puteanus (Landeszentrum Gesundheit NRW) leiteten einen Workshop zum Thema „Alter, Arzneimittel und Apotheken“. Dort stellte Dr. Michael Brüch, Apothekenleiter in Dasing bei Augsburg, das Konzept der demenzfreundlichen Apotheke vor. Das Personal der teilnehmenden Apotheken wird hinsichtlich der Erkrankung und des Umgangs mit Patienten und Angehörigen geschult. Es vermittelt den Betroffenen Informationen und Kontakte, z. B. zur Alzheimer-­Gesellschaft, um ihnen einen früh­zeitigen Zugang zu Unterstützungs­angeboten zu ermöglichen. Eine Herausforderung besteht darin, dass viele Patienten und Angehörige die Hilfe anfangs ablehnen, weil die Erkrankung noch immer stark tabuisiert ist.

Dr. Petra Plunger berichtete über ein ähnliches Projekt in Österreich. Regional vernetzte Apotheken (neun in Wien und neun in Niederösterreich) vermitteln als niederschwellige Anlaufstellen den Kontakt zu lokalen Hilfsorganisationen, mit denen sie selbst vernetzt sind. Besonders im ländlichen Bereich sei es schwierig, solche Informationen anderweitig zu erhalten, während das große Angebot an Gesundheitsleistungen in Städten besser bekannt ist. Wohl deshalb funktioniere eine solche Vernetzung auf dem Land besser als in der Stadt. Im Bewusstsein der Bevölkerung stieg dadurch die Gesundheitskompetenz der Apotheken, so Plunger.

Die Sozialpädagogin Yvonne von Kegler stellte ein Modellprojekt zur Schaffung altengerechter Quartiere vor. Sie bietet als Quartiersentwicklerin in Hiltrup-Ost (Stadtteil von Münster) ­regelmäßig einen „Apothekentag“ an, an dem sie den Anwohnern zu Fragen und Anregungen in der dortigen Apotheke zur Verfügung steht. Die In­haberin der Apotheke engagiert sich ehrenamtlich im Arbeitskreis für altengerechte Quartiersentwicklung und trägt damit zur Gesundheitsförderung bei.

Dr. Veronika Lappe, Mitglied der PMV-Forschungsgruppe der Universität Köln, hielt einen Vortrag über Multimedikation bei Patienten über 65 Jahre und dadurch verursachte UAW. In einer Studie hat sich herausgestellt, dass Pflegepatienten öfter von einer Multimedikation betroffen waren als Patienten ohne Pflegeleistungen. Ferner korrelierte eine höhere Pflegestufe mit einer häufigeren Verordnung von Antipsychotika und Sedativa.

Abschließend stellte Dr. Udo Puteanus die Problematik privat verordneter Benzodiazepine und Z-Substanzen bei GKV-Patienten vor. Eine Erhebung in öffentlichen Apotheken Nordrhein-Westfalens zeigte, dass sich besonders ältere Frauen Benzodiazepine und Z‑Substanzen verordnen lassen, wobei es deutliche regionale Unterschiede gibt – die Ursachen dafür könnten in einem zukünftigen Projekt näher untersucht werden.

Alle Abstracts der DGSMP-Jahres­tagung finden sich in der Zeitschrift „Das Gesundheitswesen“, Ausgabe 08/09 vom August 2016. Online:

https://www.thieme-connect.de/­products/ejournals/issue/10.1055/s-006-32319/grouping/044006/10.1055/s-00000022

Nina-Kristin Mann, Münster

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