Prisma

Sepsis ohne Infektion

mtDNA kann das Immunsystem lahmlegen

cae | Schwer kranke Patienten er­leiden relativ häufig eine tödliche Sepsis. Das immunologische Geschehen ist noch großenteils ungeklärt, doch scheint Mitochondrien-DNA, die aus den Zellen in die Blutbahn eingetreten ist, dabei eine Rolle zu spielen.

Am Universitätsklinikum Essen wurden die Blutproben von 165 Sepsis-­Patienten und 50 gesunden Probanden bezüglich des Vorkommens mitochon­drialer DNA (mtDNA) im Serum untersucht. Dabei lag das Augenmerk auf dem Gen MT-ATP6, das die ATPase 6 codiert, und auf dem D-Loop, einem nicht-codierenden Abschnitt der ­mtDNA, der als Kontrollregion beim Beginn der Replikation fungiert. Das Ergebnis war deutlich: Das Serum der Sepsis-Patienten wies beim MT-ATP6 einen 123-mal so hohen Wert und beim D-Loop einen 76-mal so hohen Wert auf wie das Serum der gesunden Probanden.

Um etwas über die Wirkung der freien mtDNA zu erfahren, wurde sie anschließend an Wildtyp-Mäusen und an gentechnisch veränderten Mäusen, denen der für das Immunsystem wichtige Toll-like-Rezeptor 9 (TLR9) fehlte, immunologisch getestet; dabei diente Ovalbumin als Antigen. Wieder zeigte sich ein eindeutiges Ergebnis: Bei den Wildtyp-Mäusen – nicht aber bei den TLR9-knockout-Mäusen – legte eine einzige mtDNA-Gabe das auf den T-Zellen beruhende adaptive Immunsystem völlig lahm. Es kam u. a. zur Schädigung der Milz, zur Vermehrung des Apoptose-Faktors PD-L1 und zu höheren Konzentrationen der immun­supprimierenden Indolamin-2,3-Dioxygenase.

Die Gefahr, dass eine kritische Menge mtDNA in die Blutbahn gelangt, besteht bei der Verletzung von entsprechend vielen Zellen. Die nun nachgewiesene große Toxizität der mtDNA ­erklärt, warum auch ohne bakterielle Infektion eine Sepsis auftreten kann. |

Quelle

Schäfer ST, et al. Mitochondrial DNA: An ­Endogenous Trigger for Immune Paralysis. ­Anesthesiolgy; Epub Januar 2016

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