DAZ aktuell

Die Defektur ist europarechtskonform

Europäischer Gerichtshof bestätigt: Defekturarzneimittel brauchen keine Zulassung

BERLIN (ks) | Im Defekturmaßstab in Apotheken hergestellte Arzneimittel brauchen weiterhin keine Zulassung. Die deutschen Regelungen stehen in Einklang mit dem EU-Human­arzneimittel-Kodex. Das entschied die gleiche Kammer des EuGH, die am 19. Oktober die deutsche Preisbindung für ausländische Arzneimittelversender gekippt hatte.

Eine Woche nach dem EuGH-Urteil zur Preisbindung erging eine weitere Entscheidung der Ersten Kammer des Gerichtshofs, in der deutsches Arzneimittel- und Apothekenrecht im Zentrum stand. Diesmal war es die Regelung im Azneimittelgesetz, derzufolge in Apotheken in begrenztem Umfang hergestellte Arzneimittel keiner Zulassung bedürfen. Der EuGH befand: Die deutsche Regelung im Arzneimittelgesetz steht im Einklang mit dem Europarecht, in diesem Fall mit den Regelungen des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel, der EU-Richtlinie 2001/83 (siehe auch AZ 2016, Nr. 44, S. 2).

Das freut den im baden-wüttembergischen Bisingen ansässigen Apotheker Winfried Ertelt. Er hat das Urteil gegen die Firma Hecht-Pharma erstritten. Während das klagende Unternehmen Weihrauch als Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt bringt, stellt Ertelt Weihrauchkapseln als Arzneimittel her, und zwar in einer Menge von nicht mehr als 100 Packungen pro Tag. Bewusst entschied er sich für die Arzneimittelherstellung, auch wenn es für ihn leichter gewesen wäre, Weihrauch als Nahrungsergänzungsmittel anzubieten. Doch er glaubt an die „altehrwürdige Heilpflanze“, für die auch im Europäischen Arzneibuch eine Monographie existiert. Hecht-Pharma meinte jedoch: Ertelt braucht für seine Kapseln eine arzneimittelrechtliche Zulassung, sonst darf er für seine Kapseln auch nicht werben. Doch damit konnte sich das Unternehmen vor Gericht nicht durchsetzen. Für Ertelt und seinen Anwalt Cord Willhöft ist das Urteil ein „Sieg für die Pharmazie“.

LAV Baden-Württemberg zufrieden

So sieht man das auch beim Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV): „Die Defektur ist nun als wesentlicher Bestandteil des üblichen Apothekenbetriebes gestärkt worden“, erklärte LAV- Geschäftsführerin und Rechtsanwältin Ina Hofferberth. Hätten die Richter anders entschieden, hätte das bedeuten können, dass Defekturen generell unter die Verschreibungspflicht gefallen wären. Das hätte dann auch für Tees oder ähnliche apothekerliche Produkte gegolten. Eine weitere nun abgewendete Möglichkeit wäre gewesen, dass Defekturen zulassungspflichtig geworden wären. Hofferberth: „Das hätte das Aus für Defekturen in unseren niedergelassenen Apotheken bedeuten können.“ |

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