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Management
Filiale im Fokus
Teil 5: Der Filialleiter als Coach
Es ist Sommer, viele Kunden sind im Urlaub. „Endlich Zeit für die Büroarbeit“, denkt sich Filialleiterin Frau Herbst. Allerdings nur so lange, bis sie am späten Nachmittag wieder auf ihren unangetasteten Papierberg blickt. Ihr wird bewusst, wie viel sie heute mit der Beantwortung von diversen Fragen beschäftigt war. Natürlich unterstützt Frau Herbst ihr Team gerne. Doch wie lässt sich neben allen fachlichen und leitenden Aufgaben auch ein leerer Schreibtisch realisieren?
Führung mit Stil
Authentische und verbindliche Führungskräfte sind gerne gesehen. Dafür muss der Führungsstil nicht zwingend stringent sein, sondern darf situativ wechseln. Was vielleicht auf den ersten Blick inkonsequent erscheint, ist in der Praxis eine gute Möglichkeit, um sein Führungsverhalten an die Vielfältigkeit von Menschen und Situationen anzupassen. Studien haben gezeigt, dass sich nicht ein stark leistungsbetonter oder gar ein autoritärer Stil am besten auf die Leistung eines Teams auswirkt. Vielmehr führt der situative Wechsel zwischen harmonischer, visionärer, diplomatischer und coachender Führung zum nachhaltigen Führungserfolg.
Besonders der coachende Führungsstil ist sehr gut geeignet, um die persönliche Entwicklung von Mitarbeitern zu fördern. In der Filiale, mit oft extrem gemischten Teams, ist das von Vorteil. Mitarbeiter werden dadurch zunehmend handlungsfähiger, auch in schwierigen Situationen, suchen initiativ nach Lösungen und entlasten somit die Filialleitung.
Die innere Haltung zählt
Der coachende Führungsstil wird im Gegensatz zu anderen Stilen wenig eingesetzt. Die Begründung, es gebe für die Unterstützung der persönlichen Entwicklung der Mitarbeiter kein Zeitfenster, ist allerdings sehr kurz gedacht. Den Kern des coachenden Führungsstils machen keine aufwendigen Methoden aus, sondern eine positive innere Haltung, die sich in folgenden einfachen Leitsätzen zusammenfassen lässt:
1) Der Mitarbeiter hat das Potenzial, die Lösung selber zu finden. Er ist der Spezialist für sein Problem.
2) Ich unterstütze meine Mitarbeiter gerne durch weiterführende Informationen und wertschätzende Rückmeldungen.
3) Im frühen Entwicklungsprozess können Fehler passieren, sie fördern das langfristige Lernen.
4) Anspruchsvolle Aufgaben fördern die Entwicklung. Das Zutrauen beflügelt.
5) Nur lösungsorientiertes Denken führt zur Lösung.
Gegenfragen führen zu eigenständigen Lösungen
„Was soll ich denn da machen?“ Diese Frage wird in unterschiedlichen Varianten gerne an die Führungskraft gerichtet. Anstatt direkt zu antworten, stellen Gegenfragen eine gute Methode dar, um beim Mitarbeiter eine eigenständige Lösungsentwicklung anzustoßen: „Haben Sie schon eine Idee dazu?“, wäre zum Beispiel eine geeignete Erwiderung. Für die konstruktive Arbeit empfiehlt sich im Anschluss ein wechselseitiger Austausch von Ideen. Vielleicht hat der Mitarbeiter in der Vergangenheit bereits ein ähnliches Problem gelöst. Das gezielte Nachfragen nach erlebten Erfolgen kann inspirierend wirken. Auch der Einsatz von hypothetischen Fragen bringt neue Impulse, zum Beispiel ein „Was würden Sie tun, wenn Sie mich nicht erreichen könnten?“.
Wertschätzendes Zuhören
Eine coachende Führungskraft delegiert komplexe Aufgaben, auch wenn die Erledigung anfänglich länger dauert. Mit jeder übertragenen Aufgabe entwickelt sich der Mitarbeiter weiter und erledigt die Aufgaben von Mal zu Mal schneller. Sucht der Mitarbeiter bei der Umsetzung Hilfe, bietet es sich an, bei der Problembeschreibung aufmerksam zuzuhören. Das strukturierte Wiedergeben der Problematik seitens des Mitarbeiters führt für ihn selber zu mehr Klarheit und dem Denken in Möglichkeiten. Das bedeutet, bei einer Frage wie „Ich sollte mich um die Überarbeitung des Gefahrstoff-Prozesses kümmern. Können Sie mir helfen? Ich habe da folgendes Problem …“ vorerst auf einen eigenen Lösungsvorschlag zu verzichten. Besser ist es, die wichtigsten Argumente lediglich zu wiederholen. Das erscheint profan, aber es unterstützt den Gedankenfluss des Mitarbeiters und die Lösung entwickelt sich dadurch meist wie von selbst.
Die „Ich kann das schneller“-Falle
Natürlich kann es im Zweifelsfall schneller gehen, wenn Sie als Filialleiter eine Aufgabe selber übernehmen. Aber wie viele Aufgaben schaffen Sie parallel und wer erledigt alles, wenn Sie nicht da sind? Denken Sie auch daran, dass die Erledigung von anspruchsvollen Aufgaben motivierend ist. Die Mitarbeiter haben ein Recht darauf, einen wertvollen Anteil am Unternehmenserfolg zu leisten. Und Sie haben ein Recht darauf, nicht alles alleine machen zu müssen.
Den Mitarbeiter wertschätzen
In vielen Unternehmen gibt es zum Firmenjubiläum die goldene Anstecknadel. Dieses oft belächelte Schmuckstück ist ein Symbol der Wertschätzung gegenüber dem Mitarbeiter. Der Filialleiter hat meistens nicht die Möglichkeit, gute Leistungen monetär zu belohnen. Macht nichts! Die persönliche Wertschätzung ist genau genommen viel wichtiger. Auch wenn es profan oder altmodisch wirkt, die Gratulation zu Geburtstagen, Firmenjubiläen und der Geburt von Kindern sind wichtige Handlungen der Wertschätzung. Mitarbeiter, die sich wertgeschätzt fühlen, arbeiten engagierter, lösungsorientierter und effizienter an den Unternehmenszielen. Zeitnahe Rückmeldungen zu der geleisteten Arbeit, zu neuen Ideen und pragmatischen Lösungen zeigen dem Mitarbeiter Interesse, fördern den Austausch und legen Ressourcen frei. Wichtig ist, dass die Führungskraft authentisch ist und wirklich meint, was sie sagt. Lob sollte echt sein und nicht als Managementtool missbraucht werden.
„Ich wünsche mir, dass …“
Coachende Führung heißt auch, Schwächen zu erkennen und diese zielführend zu besprechen. Wenn Änderungen notwendig sind, ist es motivierend, diese als Wunsch zu äußern: „Frau Meier, ich würde mir wünschen, dass Sie diesen Punkt noch etwas stärker ausarbeiten.“ Gelebte Praxis sind entweder Vorwürfe oder zwischen Lob verpackte Kritik. Vorwürfe geben dem Mitarbeiter das Gefühl, es dem Vorgesetzten nie recht machen zu können und sind ein wahrer Höchstleistungs-Killer. Ein vorgeschobenes Lob führt ausschließlich zur Entwertung des Lobens an sich.
Der Umgang mit Totschlagargumenten
„So etwas hatten wir schon mal, das funktioniert nicht.“ Ein beliebtes Totschlagargument in Teamsitzungen. Neue Ideen können damit im Keim erstickt und in der anschließenden Problemdiskussion im wahrsten Sinne totgeredet werden. Mit der Unterschiedsbildung ist es möglich, Kritik konstruktiv zu nutzen: „In der Vergangenheit war das so, jetzt hingegen ...“ oder „So ging es nicht, was ginge denn stattdessen?“ beinhalten zum Beispiel eine zeitliche Differenzierung. Damit werden die bisherigen Schwierigkeiten als wertvoller Erfahrungsschatz für einen Erfolg versprechenden neuen Versuch genutzt. Dem lösungsorientierten Denken kann schon bei der Formulierung der Frage der Weg geebnet werden. Wer fragt, ob etwas funktionieren kann, erhält als Antwort ein „Ja“ oder „Nein“. Wer eine Änderung anstoßen möchte, fragt besser: „Wie könnte es funktionieren?“, „Was wird dafür benötigt?“ oder „Welche weiteren Informationen brauchen wir?“.
Der gemeinsame Blick in die Zukunft
Wenn das Team weiterhin das Problem diskutiert, anstatt in Lösungen zu denken, ist die Klarheit über das Ziel hilfreich. Das Kernelement vieler Coaching-Methoden ist der Blick in die erfolgreiche Zukunft, wie bei der folgenden Bitte: „Das klingt jetzt etwas merkwürdig, aber tun Sie bitte mal so, als ob wir schon am Ziel wären.“ Der neue Fokus wird durch die Frage „Was ist jetzt anders?“ gestärkt. Eine anschließende „retrospektive“ Betrachtung – „Wie sind wir dahin gekommen?“ – zeigt oftmals Lösungswege auf, die im Vorfeld gar nicht in Erwägung gezogen wurden. Diese andere Perspektive vermittelt mehr Leichtigkeit und fördert den kreativen Prozess.
Nur Mut
Der Einsatz von Coaching-Methoden in der Führung ist vielleicht erst einmal ungewohnt. Nur Mut. Niemand verlangt von Ihnen das komplette Kompetenzraster eines professionellen Coaches. Die vorgestellten Methoden lassen sich im Alltag unauffällig und in kleinen Schritten etablieren. Probieren Sie es aus. |
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