Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Darf’s ein bisschen mehr sein?

Prada- versus Ikea-Apotheke

Prof. Dr. Andreas Kaapke

Wie edel sollte die Ladenausstattung sein? Diese Frage kommt insbesondere dann auf, wenn eine Apotheke erstmals eingerichtet wird oder aber eine grundlegende Renovierung erfährt. Das hängt zunächst einmal von der generellen Positionierung der Apotheke ab. Will diese sich eher preisorientiert zeigen, sollte sich das Konzept auch in der Ladenausstattung niederschlagen. Im Einzelhandel lässt sich beobachten, dass je spärlicher die Ladengestaltung, desto eher hat man es mit einem Discount-Konzept zu tun. Und das leuchtet ja auch unmittelbar ein, denn pro verkauftem Produkt reduziere ich durch die aggressive Preispolitik meine eigene Marge und habe von daher weniger Geld zur Verfügung, um eine üppige Gestaltung der Räumlichkeiten finanzieren zu können.

Läuft die Positionierung auf eine klassische Apotheke hinaus, die den Versorgungsauftrag in einem geografisch abgegrenzten Gebiet gut erfüllen möchte, wird häufig der Gestaltungsgrundsatz „Form follows Function“ zur Anwendung gebracht. Damit soll ausgedrückt werden, dass in erster Linie funktionale Aspekte die Gestaltung der Apotheke bestimmen sollen, bevor ggf. am Design gefeilt wird. Dies ist keineswegs gleichbedeutend mit einer 08/15-Apotheke, aber eben auch nicht mit einer Vielzahl an „Eyecatchern“ und jeder Menge Schnickschnack.

Eine sehr hochwertige Ladeneinrichtung für eine Offizin bietet sich an, wenn man sich auf hochwertige Kosmetik, dermatologische Kompetenz und Ähnliches spezialisiert, da man hier ja auch aus Sicht der Kunden mit den leuchtenden und glitzernden Parfümerien verglichen werden könnte. Allerdings sollte dabei eher Understatement vorherrschen, denn auch ein nicht Lustkauf-geprägter Gang in die Apotheke sollte thematisch durch die Ladenausstattung unterfüttert werden. Wenn das Ladenkonzept stärker ins Gewicht fällt als der eigentliche Anlass, wird das Anliegen der Apotheke bagatellisiert und die Apotheke zu stark in Richtung Luxushandel positioniert. Und dann wird sie eben nicht als Betriebsform der besonderen Art, sondern als etwas luxuriöse, aber durchaus normale Handelsform empfunden.

Ob Prada- oder Ikea-Apotheke sollte auch etwas vom Umfeld abhängig gemacht werden. In einem herrschaftlichen Haus, hinter einer Jugendstilfassade, in einem extrem gut situierten Stadtteil ergibt eine Ladenausstattung gehobenen Genres mehr Sinn als in einem eher auf den schnellen Einkauf ausgerichteten Viertel. Dies gilt übrigens auch für Prospekte, Schaufenstergestaltung oder Gewinnspiele. Das faktische und potenzielle Publikum der Apotheke erwartet einen gewissen Standard und dieser sollte bei den Überlegungen eine durchaus nennenswerte Rolle spielen.

Wenn eher die Prada-Apotheke geplant ist, muss sich die Ladenausstattung auch in einer gewissen Großzügigkeit in der Aufstellung von Warenträgern äußern. Je exklusiver das Sortiment, desto weniger Ware ist zu sehen. Und dann muss das Konzept auch bis zu Ende gespielt werden, will es seine Wirkung entfachen. Plakate des Kleintierzuchtvereins haben dann genauso wenig in der Offizin verloren wie Aufsteller der pharmazeutischen Hersteller. Auch die Kleidung der Apothekenmitarbeiter muss passen, der Geruch anheimelnd sein und das Konzept als solches sich in bestverstandenem Sinne aller Sinne bedienen. Dies erfordert eine ungeheurere Kon­sequenz, denn während man in einem Aldi leere Kartons im Verkaufsraum akzeptiert – analog würde man ein gewisses Maß an Unordnung in einer preisaggressiven Apotheke hinnehmen –, darf in einem auf Frische und Convenience ausgerichteten Edeka, Rewe oder Feinkostladen derlei nicht passieren. Und analog natürlich nicht in der Prada-Apotheke. Der gleiche Kunde bestraft im einen Format, was er im anderen toleriert. Dies ist gut so, denn das bedeutet, dass er die Positionierung nicht nur wahrgenommen, sondern auch begriffen und akzeptiert hat. In der Prada-Apotheke sind die Kunden demnach nicht übermäßig preissensibel, denn sie kaufen neben dem Arzneimittel auch das Ambiente mit. Dann muss sie aber auch professionell bespielt werden. Ansonsten wird es bitter bestraft. |

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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