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Management
Zukunft der Apotheke und Apotheke der Zukunft
Sechste Inspirato-Konferenz stand unter dem Motto „Think Different“
Zu den neuen Herausforderungen zählen u. a. der zunehmende Versandhandel und ein geändertes Kundenverhalten. Nach Julia Weyh, Manager Marketing & Offering Development Consumer Health bei IQVIA (vormals QuintilesIMS), gilt es zu reagieren und die Vorteile der Online-Welt mit denjenigen einer stationären Apotheke zu verbinden.
Bedrohung „Amazon“
Im Zentrum der Diskussion stand dabei auch immer wieder die zukünftige Rolle von Amazon. Die Mehrheit des Publikums (69%) war der Meinung, dass Amazon den deutschen Apothekenmarkt in den nächsten drei Jahren stark verändern werde.
Markus Fost von der Strategieberatung Fostec & Company prognostizierte, dass für den Online-Riesen derzeit zwar noch andere Geschäftsfelder wichtiger seien, sich der Markteintritt letztlich aber nicht verhindern lasse. Er empfahl deswegen, Amazon weniger als Wettbewerber, sondern vielmehr als „Infrastruktur des Handels“ zu sehen. Man solle sich überlegen, wie man darauf aufbauend ein profitables Geschäftsmodell entwickeln kann.
Einspruch kam u. a. von Vanessa Bandke, Marketing- und Kommunikationsleiterin der Linda AG: Wenn 20.000 Apotheken auf dem Amazon-Marketplace aktiv seien, ergäbe sich ein ausschließliches Preisdumping. Und das dürfe in Gesundheitsfragen nicht erlaubt sein. Hier komme es vielmehr auf Beratung, auf Vertrauen und auf Loyalität an – was in dieser Form heute noch keine Plattform anbieten könne.
Konsens herrschte darüber, dass man dem Kunden einen Mehrwert liefern müsse und es dazu neuer Konzepte bedürfe. Auf Zuspruch aus dem Publikum stieß Dr. Stefan Hartmann vom Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen e. V. (BVDAK). Er schlug eine Warenwirtschafts-, Kooperations- und Großhandels-übergreifende Lösung vor: Gelänge es, alle 20.000 Apotheken untereinander zu vernetzen, könne man mit einem entsprechenden Botendienst viel schneller als Amazon mit „Prime Now“ sein.
Die Apotheker können mehr leisten
Die Diskussion kam auch auf das EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2017: In der Folge, so Hartmann, müsse die stationäre Apotheke „mit einem ungleich langen Schwert“ gegen ausländische Versandapotheken konkurrieren. Die Politik steht in seinen Augen zur stationären Apotheke und ist sich im Klaren darüber, dass ein bestimmter Rahmen gespannt werden muss, damit die stationäre Apotheke die Bevölkerung weiterhin mit Arzneimitteln versorgen kann. Der Weg dorthin sei allerdings schwierig.
Kordula Schulz-Asche vom Bündnis 90/Die Grünen bestätigte, dass die Apotheke vor Ort eine „ganz wichtige Institution“ für sie sei, die „erhalten werden sollte“. Das Rx-Versandverbot halte sie weiterhin für den falschen Weg. Vielmehr müsse man beispielsweise überlegen, welche Dienstleistungen in der Apotheke zusätzlich angeboten werden könnten.
Dem Vorsitzenden des Hessischen Apothekerverbandes Holger Seyfarth zufolge sollte die Politik durchaus noch mehr von den Apothekern fordern, sie überall dort einsetzen, wo sie einsetzbar seien – handele es sich nun um den Medikationsplan, die Prophylaxe oder auch Impfungen. Denn die Apotheker könnten dies leisten.
Muss man DocMorris dankbar sein?
Max Müller, Chief Strategy Officer von DocMorris, appellierte an Apothekerschaft und Industrie, dass man das „System Apotheke” gemeinsam besser und stärker machen könne. Darauf gab eine Apothekerin aus dem Publikum zurück: „Wenn ich auf Kooperation setzen kann, bin ich gesprächsbereit. Wenn ich das Gefühl habe, ich werde vom Markt gewischt, dann bin ich in der Verteidigungshaltung.“
Laut Ralph Siepmann, Digital Invention Advisor bei IBM, sollte man DocMorris dankbar dafür sein, für die veränderten Marktanforderungen sensibilisiert zu haben – auch wenn DocMorris gegenüber Amazon nur „langsam“ sei. Doch trotz des derzeitigen und noch anstehenden „dramatischen“ Wandels von Geschäftsmodellen gab auch Siepmann die stationäre Apotheke „noch nicht verloren“: Man müsse die Wünsche der Kunden analysieren und sich anschließend fragen, wie sich Lösungen technologisch umsetzen ließen. Dann bestünden „viele Möglichkeiten der Kundenbindung“.
Den Apothekenbesuch zum Erlebnis machen
Ein Konzept, um Menschen zum Apothekenbesuch zu veranlassen, stellte José da Silva, Geschäftsführer bei ICS IT Projects, vor: Der humanoide Kommunikationsroboter „Pepper“ könne Kunden beispielsweise auf Sonderangebote hinweisen oder auch darum bitten, an Umfragen teilzunehmen. Damit wecke er Emotionen wie Neugier und mache den Einkauf (auch) in der Apotheke zum Erlebnis.
Der chinesische Markt als neues Geschäftsfeld
Marc Krupp von der Vemedy UG gab in einem weiteren Vortrag Einblicke in den Marktplatz China: Hier funktioniere beispielsweise „plumpe Online-Werbung“ nicht sonderlich gut. Vielmehr informiere man sich zunächst einmal in sozialen Netzwerken über neue Produkte. Während Facebook und Twitter keine Rolle spielten, werde WeChat von rund 700 Millionen Menschen genutzt. Innerhalb dieser App könne man u. a. Nachrichten schicken, Rechnungen bezahlen, Arztbesuche buchen, ja sogar die Luftqualität messen.
Weil seit dem Milchpulverskandal 2008 ein großes Misstrauen gegenüber einheimischen Gesundheitsprodukten bestünde, seien mittlerweile insbesondere auch deutsche Marken gefragt. Am Beispiel seines Online-Gesundheitsportals hallovi.de erläuterte Krupp, wie sich das als neues Geschäftsfeld nutzen lässt.
Weitere Vorträge fokussierten sich u. a. auf Erfolgsrezepte für OTC-Arzneimittel. Außerdem wurden die „Inspirato Industry Awards 2017“ verliehen: Die Auszeichnung als beste Versandapotheke erhielt medpex, und die Linda-Apotheken wurden zur besten Kooperation gekürt. |
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