Management

Besser beraten dank „Spiegeln“

Mit Schauspieler-Kunden fit für Zusatzverkäufe

Apothekenkunden erwarten im Freiwahl- und OTC-Bereich eine kompetente Beratung, bei der ihre Wünsche und Bedürfnisse im Fokus stehen. Dabei wollen sie den Mitarbeitern und dem Apothekenleiter vertrauen können – schließlich geht es um ihr wichtigstes Gut, die Gesundheit. Eine neue Trainingsmethode hilft, durch den Einsatz von Schauspielern die entsprechenden Kompetenzen aufzubauen. Von Michael Madel

Apotheken benötigen Zusatzgeschäfte und möchten Kunden langfristig an sich binden. Darum sollten die Teammitglieder die Grundregeln des Verkaufens beherrschen, auf Kunden zugehen, eine Beziehung zu ihnen aufbauen, sie sachgerecht informieren und ein abschlussorientiertes Beratungsgespräch führen können.

Konkretes Beispiel: Eine Kundin betritt mit einem Rezept die Apotheke. Sie sieht stark erkältet aus, bereits bei der Begrüßung wird dies durch den Klang der Stimme deutlich. Ein Mitarbeiter beliefert das Rezept, ohne die Kundin auf weitere heilungsunterstützende Produkte hinzuweisen, und verpasst so die Chance, einen Zusatzverkauf durchzuführen. Abhilfe soll hier eine neue Methode schaffen: das Sherlock-Shopping®.

Anlassbezogenes Training ­direkt vor Ort

Bei der Trainingsmethode handelt es sich um eine Weiterentwicklung des Mystery-Shoppings – der Clou dabei: Professionelle Schauspieler treten als Testkäufer auf. Unmittelbar nach dem Testkauf erfolgen am Point of Sale (POS) die Analyse des Verkäuferverhaltens, ein wertschätzendes Feedback und ein motivierendes Training.

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Sherlock-Shopping® Der „Kunde“ spiegelt nach seinem Testkauf das Verhalten der Apothekenmitarbeiterin wider und zeigt so, was man hätte besser machen können – als Hilfe für die Praxis und nicht als Wertung.

Wie einst der berühmte Detektiv Sherlock Holmes findet der ausgebildete POS-Schauspieler durch detailgenaue Beobachtung heraus, was dem Mitarbeiter zum Beispiel im Beratungsgespräch sehr gut ­gelingt und wo es Entwicklungspotenziale gibt. Der Schauspieler berichtet anschließend dem Verkaufs­coach und die weitere Vorgehensweise wird besprochen. Der Verkaufscoach und der POS-Schauspieler geben dem Mitarbeiter dann ein Feedback, wobei der Schauspieler dessen Verhalten spiegelt. Der Mitarbeiter erkennt den Mehrwert für Kunden und Apotheke, der entsteht, wenn er zusätzliche Produkte anbietet.

Anschließend übt der Coach mit dem jeweiligen Mitarbeiter anlassbezogen und punktgenau, was er in Zukunft noch besser machen kann, um für die „richtigen“ Apothekenkunden emotionale Einkaufserlebnisse zu kreieren. So lobt er zum Beispiel seine freundliche Haltung bei der Begrüßung und zeigt ihm zugleich auf, wie er den Übergang zum Beratungsgespräch schafft und damit zum Zusatzverkauf.

Ergebnis: Beim nächsten Kundenkontakt wird der Mitarbeiter mehr auf den Kunden eingehen, die Chance zum Vertrauensaufbau und zum Zusatzverkauf erkennen und ein passendes Produkt anbieten. Der Kunde spürt, dass man ihn und seine Bedürfnisse ernst nimmt, die Kunden­loyalität steigt.

Während des Sherlock-Shoppings®
Nach dem Sherlock-Shopping®
1. Ein geschulter Point of Sale-Schauspieler (POS-S) fungiert ­inkognito als Kunde.
7. Auswertung und Dokumentation durch TR (online).
2. Nach dem Verkaufs- oder ­Reklamationsgespräch verlässt er das Geschäft.
8. Weitere Handlungsmöglichkeiten sowie ein Maßnahmenplan werden empfohlen.
3. Er bespricht das Erlebte mit dem Trainer (TR).
9. Entscheidung des Maßnahmenplans mit dem Apothekenleiter.
4. TR und POS-S kehren anschließend zurück.
10. Individuelles „Training to go“ ­(E-Learning) zum Nachhalten und Vertiefen: Kurzweilige Übungen in Form von Fragen, Bildern, Videos oder einem Quiz, auf dem PC oder einem mobilen Endgerät.
5. Der Apothekenmitarbeiter erhält ein Feedback und wird vom POS-S gespiegelt.
6. Neues Verhalten wird umgehend mit dem POS-S und dem TR trainiert.

Authentisches Verhalten erlaubt punktgenaues Training

Die Methode ist so erfolgreich, weil sich Apothekenmitarbeiter im Gespräch mit dem Schauspieler, den sie für einen „richtigen“ Kunden halten, authentisch geben. Das Problem bei anderen Trainingsmethoden, die im realitätsgeschützten Seminarraum stattfinden: Die Teilnehmer verhalten sich selten so, wie sie sind. Es ist kaum möglich, etwa in Rollenspielen eine authentische Situation nachzustellen, die denen in der Apotheke auch nur annähernd gleicht.

Regina von Rolbicki von Sherlock-Shopping® (www.sherlockshopping.de) bringt es auf den Punkt: „Seminarteilnehmer berichten, sie würden in der Apotheke ihre Beratungen ganz anders aufbauen als im Seminarraum. Und sie beklagen, die Kunden legten im Alltag andere Reaktionsweisen an den Tag als die fiktiven Kunden in der Trainingssituation. Bei der Beratung des Schauspielers, der die Apotheke inkognito betritt, zeigen sie sich jedoch mit all ihren Stärken und Schwächen.“

Wenn der Schauspieler dann kurz nach dem Testkauf zusammen mit dem Verkaufscoach die Apotheke betritt und das Verhalten des Mitarbeiters spiegelt, ihm also buchstäblich vor Augen führt, wie er auf seine Kunden wirkt, was ihm gut gelingt und was er besser machen kann, ist er offen für das anschließende Mini-Training. Und unmittelbar danach ist er bereit, neue Techniken und Verhaltensweisen anzuwenden, die sein Vorgehen beim Zusatzverkauf optimieren.

Wertschätzendes Mini-Training direkt in der Apotheke

„Besonders durch das Spiegeln ihres Verhaltens kommt es bei den Apothekenmitarbeitern zu nachhaltig wirksamen Aha-Erkenntnissen“, ergänzt Roman ­Feßler, ebenfalls von Sherlock-Shopping®. Entscheidend dabei sei die Kompetenz des Verkaufs­coachs, das Mini-Training wertschätzend aufzubauen. Der ­Mitarbeiter muss spüren und ­wissen, dass es nicht um die Überprüfung seines Verhaltens geht, sondern um praxisbezogene Umsetzungstipps, die seine Kompetenz z. B. bei Zusatzverkäufen erhöhen.

Der Vorteil des Vorgehens: Der unmittelbare zeitliche und ört­liche Zusammenhang von Beratungsgespräch, wertschätzendem Feedback, Hinweisen auf Optimierungsbereiche und konkretem Training führt bei dem Mitarbeiter zu einer steilen Lernkurve. Hinzu kommt: Die Schulung erfolgt vor Ort, für die Apotheke entstehen keine Ausfallzeiten durch den Besuch externer Fortbildungsveranstaltungen.

Natürlich ist der Apothekenleiter von Beginn an in den Prozess, das Team und die Apotheke weiterzuentwickeln, integriert. Im Vorfeld führt Sherlock-Shopping® ein umfassendes Gespräch, in dem Zielsetzung und Schwerpunkte sowie der Ablauf festgelegt werden.

Hilfestellung für Mitarbeiter im Mittelpunkt

Zwar kann es vorkommen, dass ein Mitarbeiter zunächst nicht ­erfreut darüber ist, im Geheimen getestet worden zu sein. In den meisten Fällen verfliegt der leichte Ärger, weil er sehr rasch am ­eigenen Verhalten und im konkreten Kundenkontakt beobachten kann, dass es ihm nun eher gelingt, ein vertrauensvolles Verhältnis zum Kunden aufzubauen und diesen zum Zusatzkauf zu motivieren.

Diese Erfolge erhöhen überdies das Engagement der Teammit­glieder – sie sehen den unmittelbaren Zusammenhang von Trainingsaktivität und konkreter ­verkaufsfördernder Verhaltensveränderung.

Lernerfolge vertiefen und festigen

Der Entwicklungsprozess wird durch den ständigen kommunikativen Austausch zwischen Apothekenleiter und Verkaufscoach unterstützt. Um die Lernerfolge zu festigen und zu erweitern, wird nach dem Sherlock-Shopping® ein passgenaues „Training to go“ angeboten. Dabei kommt ein E-Learningtool mit kurzen Lernsequenzen von zwei bis drei Minuten zum Einsatz: Die verwendeten Bilder und Videos sind dem Apothekenalltag entnommen und nehmen Bezug auf alle Phasen eines Kundenkontakts und Beratungsgesprächs – von der Begrüßung und Bedarfsermittlung über die Einwandbehandlung bis hin zu Zusatzverkauf, Dank und Verabschiedung. Bei den Lern­sequenzen wählt der Teilnehmer selbst, ob er das „Training to go“ am PC oder an einem mobilen Endgerät durchführen möchte. Auch den Zeitpunkt bestimmt er selbst. Zudem findet der Fortbildungs-Spieltrieb Berücksichtigung – er wird etwa durch ein Quiz aktiviert, das für Spaß, Spannung, Emotionen und eine motivierende Lernatmosphäre sorgt.

„Die Trainingsinhalte werden wiederholt und wandern so nachhaltig ins Langzeitgedächtnis“, fassen Regina von Rolbicki und Roman Feßler die Praxiserfahrungen mit Sherlock-Shopping® zusammen. „Der Transfer in den Alltag ist gesichert, weil es zu dauerhaften Verhaltensveränderungen kommt.“ |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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