Gesundheitspolitik

Keine Ausnahme für Heilberufler

BERLIN (ks) | Der Binnenmarktausschuss des Europäischen Par­laments will keine ausdrückliche Ausnahme der Heilberufler im EU-Dienstleistungspaket.

Das EU-Dienstleistungspaket, das insgesamt drei Gesetzgebungsvorschläge umfasst, bereitet den Apothekern und anderen Heilberuflern seit geraumer Zeit Sorgen. Laut EU-Kommission geht es darum, es Unternehmen und Freiberuflern leichter zu machen, Dienstleistungen in der gesamten EU zu erbringen. Eine der vorgesehenen Maßnahmen ist der „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen“. Diese Richtlinie bezweckt, EU-weite Maßstäbe für die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer, nationaler Berufsregulierungen oder vor Änderungen bestehender Regelungen festzulegen. Dazu soll also ein EU-weiter Katalog bestimmter Kriterien eingeführt werden.

Zwar müssen solche Regelungen zur Berufsausübung und -zulassung auch jetzt schon verhältnismäßig sein. Doch die Prüfung läuft in den Mitgliedstaaten offenbar uneinheitlich, was den Zugang zu diesen Berufen letztlich doch unverhältnismäßig erschwere, so die Meinung in Brüssel. Und das will man ändern: Berufstätige aus dem EU-Ausland sollen nicht mehr durch binnenmarktwidrige nationale Regelungen ferngehalten werden können.

Auch eine verschärfte Notifizierungspflicht ist geplant: Ein Mitgliedstaat darf einen notifizierungspflichtigen Entwurf nach einer Vorwarnung der Kommission, die die Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsrichtlinie prüft, mindestens drei Monate nicht erlassen.

Diese Pläne passen vielen Freiberuflern und auch Handwerkern nicht. Zahlreiche Stellungnahmen wurden zu dem Vorhaben formuliert. Nicht zuletzt von Apothekern und Ärzten. Sie sehen keine Vorteile gegenüber der bereits seit 2006 bestehenden Dienstleistungsrichtlinie – sie fürchten nur mehr Aufwand. Auch einige EU-Mitgliedstaaten haben ihre Probleme mit den Vorschlägen aus Brüssel. Sie sehen sich in ihren eigenen Hoheitsrechten beschnitten. Daher hatten Deutschland, Frankreich und Österreich eine sogenannte Subsidiaritätsrüge erhoben.

EU-Gesundheitspolitiker wollten Ausnahme

Rückendeckung erhielten die Heilberufler vom Gesundheitsausschuss des EU-Parlamentes: Dieser hatte Mitte Oktober einer Stellungnahme zugestimmt, mit der eine Ausnahme der Gesundheitsberufe aus dem Geltungsbereich der Richtlinie gefordert wird. Denn die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Gesundheitspolitik sei uneingeschränkt zu achten.

Kompromiss mit besonderem Blick auf die Gesundheit

Auch Andreas Schwab, deutscher Europa-Abgeordneter und Berichterstatter für die umstrittene Initiative im federführend zuständigen Binnenmarktausschuss (IMCO), konnte die Kritik verstehen und hatte im Sommer eine solche Bereichsausnahme vorgeschlagen. Doch dafür konnte er im IMCO keine Mehrheit finden. Daraufhin habe er nach einem „mehrheits­fähigen Kompromiss“ gesucht, erklärte Schwab diese Woche. Aus seiner Sicht wurde er gefunden: Man habe sich darauf einigen können, „die Medizinberufe in der Richtlinie zu belassen, ihnen aber einen besonders großen Beurteilungsspielraum im Hinblick auf das hohe Gut der Gesundheit der Bürger zuzugestehen“.

Tatsächlich gibt es in seinem Kompromissvorschlag deklaratorische Bezugnahmen auf den unionsrechtlich verankerten Grundsatz, dass bei der Festlegung aller Unionspolitiken und -maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicher­zustellen ist. In den – nicht bindenden – Erwägungsgründen wird dies noch deutlicher untermauert.

Nun stehen noch die Trilog-Verhandlungen zwischen dem Europa-Parlament, dem Rat und der Kommission an. Dann gilt es, sich auf den endgültigen Text der Richtlinie zu einigen. |

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