Arzneimittel und Therapie

Das Fazit zur aktuellen Grippe-Impfung

Nur moderat wirksam, trotzdem empfehlenswert

Die Grippe-Saison ist fast zu Ende. Nun liegen auch die Daten zur Wirksamkeit der saisonalen Impfstoffe vor: Bei Risikopatienten beträgt die Wirksamkeit nur rund 26%! Dennoch gilt weiterhin: Eine Grippe-Impfung ist sinnvoll.

Seit 2007 evaluiert das Netzwerk I-MOVE (Influenza - Monitoring Vaccine Effectiveness) die Wirksamkeit der saisonalen Grippe-Impfung. Knapp 900 Ärzte aus zwölf europäischen Ländern haben sich in diesem Jahr an der Initiative beteiligt. Daten von rund 5000 Patienten flossen in die Untersuchung ein.

Dabei zeigte sich, dass die Wirksamkeit gerade bei Risikopatienten relativ schwach ist. Während die Schutzwirkung bei Kindern bis 14 Jahre 44,1% und bei den 15- bis 64-Jährigen 46,9% beträgt, so sind es bei den Personen über 65 Jahre nur mehr 23,4%. In der Gruppe der chronisch Kranken und Senioren beträgt die Wirksamkeit 25,7%.

Auch wenn die Schutzwirkung suboptimal ist, raten Experten dennoch weiterhin zu einer Impfung. So sei ein Schutz von 25 bis 50% immerhin besser als gar keiner. Auch hält es der scheidende STIKO-Vorsitzende Jan Leidel durchaus für plausibel, dass eine Influenza bei Geimpften milder verläuft und dass regelmäßiges Impfen über Jahre hinweg den Impfschutz erhöht. Klinische Daten dazu gibt es allerdings nicht.

Aufstocken mit Oseltamivir

Aufgrund des moderaten Impfschutzes empfehlen die Studienautoren bei Risikopatienten mit Influenza-Verdacht in begründeten Fällen zusätzlich eine antivirale Therapie mit Neuraminidase-Hemmern. Die dadurch erzielbare Verkürzung der Krankheitsdauer könne bei Risikopatienten lebenswichtig sein. Insbesondere bei Influenza-Ausbrüchen in Altenheimen sollte die antivirale Therapie unbedingt erwogen werden.

Als Mittel der Wahl zur Therapie der Influenza gilt Oseltamivir (Tamiflu®). Neben den bereits erwähnten Pflegeheim-Bewohnern sollte eine antivirale Therapie bei folgenden Patienten erwogen werden: bei Kindern unter zwei und Erwachsenen über 65 Jahre, chronisch Kranken, immunsupprimierten Personen, schwangeren und postpartalen Frauen sowie Personen unter 19 Jahren unter ASS-Langzeitgabe (Gefahr eines Reye-Syndroms).

Grundsätzlich sollte so früh wie möglich mit der Therapie begonnen werden, da der größte Nutzen innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten Influenza-typischer Symptome zu erwarten ist. Für Jugendliche und Erwachsene wird die Gabe von 75 mg Oseltamivir zweimal täglich über einen Zeitraum von fünf Tagen empfohlen. Bei Kindern wird nach Gewicht dosiert.

Das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Neuraminidase-Hemmer wird grundsätzlich positiv bewertet. Kürzlich wurde eine Studie zur Gabe von Neuraminidase-Hemmern in der Schwangerschaft publiziert, die deren Sicherheit bestätigte. Bisher lagen keine adäquaten randomisierten klinischen Daten zur Therapie mit Neuraminidase-Hemmern in der Schwangerschaft vor. Laut Embryotox erscheint die Anwendung von Oseltamivir in der Schwangerschaft bei tatsächlich vorliegender Behandlungsindikation akzeptabel, ein unkritischer Gebrauch ist aber nicht zu empfehlen. |

Quelle

Grippe-Impfung schützt nur jeden vierten Risikopatienten. Ärzte Zeitung, 08.03.2017

Graner S et al. BMJ 2017;356:j629; doi: 10.1136/bmj.j629

Lehnert R et al. Dtsch Ärzteblatt 2016;113:799–807; doi: 10.3238/arztebl.2016.0799

https://www.embryotox.de/oseltamivir.html

Apothekerin Dr. Birgit Benedek

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