DAZ aktuell

Rabattverträge mit Haken

Apotheker sehen Open-House-Verträge der Ersatzkassen über Blutzuckerteststreifen kritisch

BERLIN (ks) | Die neuen Rabattverträge zu Blutzuckerteststreifen der Ersatzkassen – mit Ausnahme der Barmer – sollen auch Apotheken Anreize bieten. Sie sollen finanziell an den Einsparungen beteiligt werden, wenn sie die Verträge bedienen. Doch das ist nicht einfach.

Die Techniker Krankenkasse (TK), die DAK-Gesundheit, die KKH, die HEK und die hkk haben in einem gemeinsamen Open-House-Verfahren Rabattverträge über Blutzuckerteststreifen geschlossen. Diese sollen die bislang für die Erstattung von Teststreifen ­geltende Anlage 4 zum Arzneiversorgungsvertrag (AVV) zwischen Deutschem Apothekerverband (DAV) und dem Ersatzkassenverband vdek ergänzen. Das Geld, das die Kassen mit den Verträgen sparen, wollen sie teilweise an die Apotheken weitergeben.

B-Quote, 20 Euro, 50 Cent

Die TK verspricht: Stellt eine Apotheke einen Patienten auf Rabatt-Teststreifen um, wird ihr dies zum einen auf die Erfüllung der sogenannten „B-Quote“ nach Anlage 4 angerechnet – selbst wenn die rabattierten Teststreifen ­eigentlich nicht in die wirtschaftliche Preisgruppe B fallen. Zur Erinnerung: Nach dieser Anlage 4 sind Apotheken verpflichtet, 55 Prozent der Teststreifen-Verordnungen mit Produkten der Preisklasse B zu beliefern. Wird diese Quote in einem Kalenderhalbjahr nicht erreicht, erwartet die Apotheke ein Malus. Zusätzlich können Apotheken die in der Anlage 4 vorgesehene Umstellungsgebühr von 20 Euro (netto) für die Beratung und den Geräteaustausch auch bei Umstellung auf ­rabattierte Blutzuckerteststreifen abrechnen. Hier gilt also ebenfalls das Gleiche wie bei der Umstellung von teureren Produkten auf B-Teststreifen. Und: Egal, ob der Versicherte in den letzten zwei Jahren bereits auf ein Produkt der B-Gruppe umgestellt wurde – die Pauschale kann erneut abgerechnet werden, wenn eine weitere Umstellung auf Rabatt-Teststreifen erfolgt. Letztlich winken auch noch 50 Cent (netto) pro abgegebener 50er-Packung. Die Abrechnung der zusätzlichen Vergütung erfolgt dabei über die Sonder-PZN 09999637.

Das Problem mit der Software

Die TK hatte den 1. Januar 2017 als Starttermin für die neuen Verträge angekündigt. Später los geht es bei der DAK Gesundheit (16. März 2017) und der hkk (1. April 2017). Doch auch bei TK, KKH und HEK gibt es noch einen Haken: Die Apotheken-Software meldet die Rabattverträge nicht. Wer also nach rabattierten Teststreifen sucht, muss die jeweils aktuelle Liste mit den Rabattpartnern der Ersatz­kassen kennen. Sie ist auf der vdek-Webseite zu finden (www.vdek.com/vertragspartner/apotheken.html). Da es sich um Open-House-Verträge handelt, ist die Liste jedoch nicht fix. Die Kassen heißen jeden Hersteller willkommen, der bereit ist, ihre Konditionen zu akzeptieren. Apotheken müssen sich also auf dem Laufenden halten. Wird sodann ein rabattierter Artikel abgegeben, so muss die Sonder-PZN händisch ergänzt werden.

Das bedeutet Aufwand für die Apotheken, wenn sie die versprochene zusätzliche Vergütung abrechnen wollen. Bei der TK hofft man aber, dass es bald einfacher für die Pharmazeuten wird. Die Kassen haben aus ihrer Sicht jedenfalls alles getan, um die Apotheker an den Einsparungen zu beteiligen. Zwar kam es bei den Verhandlungen mit dem DAV über die neuen Rabattverträge nicht zu einer vertraglichen Vereinbarung – ein Umstand, den die TK der Apothekerseite zuschreibt. Die Rabattverträge seien den Softwarehäusern jedoch gemeldet, erklärte Tim Steimle, Fachbereichsleiter Arzneimittel bei der TK, der DAZ. Diese nun einzuspielen, sei eine Sache, um die sich die ABDATA kümmern müsse. Auch die Landesapothekerverbände sieht die TK gefordert. Sie müssten ihre Mitglieder über die Neuerungen informieren. Die TK werde die Apotheken Ende Januar/Anfang Februar nochmals direkt informieren.

Verbände reagieren verhalten

Beim DAV und den Landesapothekerverbänden lösen die neuen Verträge keinen Jubel aus. So betonte ein DAV-Sprecher, dass sie nicht mit dem DAV vereinbart worden und deswegen nicht in der Software abgebildet seien. Auch auf Landesebene ist zu hören, dass es technisch nicht möglich sei, die Verträge anzuzeigen. Hier handele es sich nur um einseitige Willenserklärungen der Kassen, die den Apothekern überdies für die Abrechnung keine vertragliche Sicherheit böten. Die Rechenzentren könnten die Verträge zwischen Kassen und Herstellern nicht überprüfen. Weitere Knackpunkte könnten die eigenen Einkaufskonditionen sein und das Hantieren mit krummen Beträgen, die sich aus der Berücksichtigung der Mehrwertsteuer ergeben.

Gefragt, wie Apotheker sich nun verhalten sollen, verweist der DAV auf die Landesverbände. Sie würden „ihre Mitgliedsapotheken zu gegebener Zeit informieren“. Das geschieht dieser Tage auch – im zurückhaltenden Duktus. Apotheken sollten genau überprüfen, wie sie mit der gewünschten Umstellung umgehen, heißt es etwa in Niedersachsen. Ähnlich sieht man es in Baden-Württemberg. Eine Pflicht, die Rabattverträge zu bedienen, besteht jedenfalls nicht. Die Anlage 4 des AVV ist weiterhin gültig. Der DAV führt derweil weitere Ge­spräche – vorerst vertraulich. |

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