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- DAZ 35/2017
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Prisma
Vom Gift zur Arznei
Serotyp X – ein neues Botulinumtoxin
Das Bakterium Clostridium botulinum synthetisiert zahlreiche Neurotoxine (BoNT), die zu sieben Typen A bis G zusammengefasst werden. Vier BoNT sind sehr toxisch; von diesen werden die Serotypen A und B in geringen Konzentrationen bei bestimmten Muskelverspannungen und Spasmen (z. B. Schiefhals, Lidkrampf) therapeutisch angewendet. Die BoNT sind Proteine, die aus einer schweren und einer leichten Kette bestehen. Sie dringen durch Endozytose in Nervenzellen ein, worauf sich die Ketten trennen und die leichte Kette verschiedene Proteine zerstört, die für die Freisetzung von Acetylcholin und somit für die Nervenfunktion essenziell sind. So greifen die leichten Ketten der Serotypen B und F verschiedene Membranproteine der Acetylcholin-Vesikel (VAMP1, ‑2, ‑3) an, während die leichten Ketten der Serotypen A und E sich gegen das Zellmembranprotein SNAP-25 richten. Folglich kann Acetylcholin weder die Vesikel verlassen noch in den synaptischen Spalt gelangen und somit keine Muskelzellen aktivieren.
Der neue BoNT-Serotyp X wurde bei einem eher routinemäßigen Experiment unerwartet synthetisiert, identifiziert und anschließend erforscht. Das Genom des 1995 von einem japanischen Patienten isolierten C.-botulinum-Stamms 111, den man für einen Produzenten des Serotyps B hielt, wurde 2015 sequenziert. Schwedische Biochemiker um Pål Stenmark übertrugen das BoNT-kodierende Gen in E. coli, kultivierten das Bakterium und isolierten das von ihm synthetisierte BoNT/X. Die weitere Untersuchung ergab, dass BoNT/X – anders als alle anderen BoNT – die Proteine VAMP4, VAMP5 und Ykt6 angreift. Die Funktion von Ykt6 in Neuronen ist noch weitgehend unbekannt, aber in präklinischen Experimenten unterdrückte es das pathogene α-Synuclein, das u. a. bei Parkinson-Patienten auftritt.
Stenmark hofft, mithilfe von BoNT/X neue Erkenntnisse über intrazelluläre Transportmechanismen zu gewinnen und es schließlich auch therapeutisch für die kontrollierte Sekretion von Botenstoffen nutzen zu können. Um BoNT/X in vivo detektieren und notfalls inaktivieren zu können, sieht er seine nächste Aufgabe darin, Antikörper bzw. ein Antiserum gegen BoNT/X zu entwickeln. |
Quelle
Zhang S et al. Identification and characterization of a novel botulinum neurotoxin. Nature Comm 2017:art no 14130
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