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Deutscher Apothekertag 2017
Zum Rx-Versandverbot gibt es keine Alternative
Viel Einigkeit bei der politischen Diskussion mit CDU und Linke
Der Bundestagswahlkampf ist in seiner heißen Phase. Einige Politiker nehmen dies zum Anlass, sich der Diskussion mit Apothekern zu stellen, für andere ist es ein Grund, die Teilnahme abzusagen. Zur politischen Diskussion anlässlich der Eröffnung des Deutschen Apothekertags waren mit Vogler und Michalk nur zwei Politikerinnen gekommen. Eingeladen hatte die ABDA auch Vertreter von SPD und Grünen – also sämtlicher im Bundestag vertretenen Parteien. Doch von ihnen erhielt sie keine Zusage.
Angesichts der Tatsache, dass sowohl Vogler als auch Michalk mit den Apothekern einer Meinung sind, dass ein Rx-Versandverbot kommen muss, verlief die vom WDR-Radiomoderator Ralf Erdenberger geleitete Diskussion weitgehend einmütig. Vogler beklagte allerdings, dass es eine „Schande“ sei, dass seit dem Urteil des EuGH bereits fast ein Jahr vergangen ist und noch immer nichts passiert sei. Die Koalitionspartner hätten sich lediglich gegenseitig blockiert. Die Linke habe hingegen bereits zwei Anträge zur Thematik in den Bundestag eingebracht. Michalk entgegnete, ihre Fraktion sei „jeden Tag bereit“ gewesen, den Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministers auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen. Doch die SPD wollte nicht. Michalk, die selbst nicht mehr für den nächsten Bundestag kandidiert, sicherte aber zu: „Sofort nach der Wahl wird dieses Gesetz wieder eingebracht – es gibt keine Alternative.“
Bequemer als über die öffentliche Apotheke geht es nicht
Das sehen Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, und Cynthia Milz, Mitglied des geschäftsführenden ABDA-Vorstandes, nicht anders. Kiefer unterstrich, dass die Kollegenschaft das Nichtstun der Politik wahrnehme und dies die Stimmung im Berufsstand deutlich drücke. Die Untätigkeit sei ein „fatales Signal“ für die Apotheker, die versorgen wollten. Milz betonte die besondere Bedeutung der Apotheken vor Ort gerade für ältere und kranke Menschen, oft auch Demenzkranke. Sie kämen zuweilen zwei Mal am Tag in die Apotheke, nur um jemanden zu haben, der sich kümmert. Für sie sei es besonders schlimm, wenn ihre Apotheke zumachen müsse. Milz ist überzeugt: „Wenn der Gesetzentwurf für das Rx-Versandverbot nicht durchgeht, bleiben die Schwachen und Unbeholfenen auf der Strecke.“ Das Argument der Versandhandelsbefürworter, es gebe Versorgungslücken in ländlichen Regionen, die nur Versandapotheken schließen könnten, hält Kiefer für „perfide“ und Milz für „scheinheilig“. Es gebe keine Patienten in Deutschland, die ihr Arzneimittel ohne den Versandhandel nicht bekommen, betonte Kiefer. „Bequemer als über die öffentliche Apotheke geht es nicht.“ Milz verwies auf vielfältige Serviceangebote, insbesondere den Botendienst.
Dissens bei Zuzahlung
Auch wenn Vogler erneut erklärte, die Linke hätte Gröhes Vorhaben in Sachen Rx-Versandverbot unterstützt, bemühte sie sich auf der anderen Seite auch, die Unterschiede zwischen ihren Parteien aufzuzeigen. So betonte Vogler, dass die Linke die Patienten beim Arzneimittelbezug durchaus finanziell entlasten möchte – und zwar durch eine Abschaffung der Zuzahlung. Das lehnt die Union jedoch rundweg ab. Das Instrument der Zuzahlung zusammen mit der Überforderungsklausel habe sich bewährt, erklärte Michalk. Es fördere Mitverantwortung und Disziplin bei der Einnahme der Medikamente.
Prävention und Chroniker-Betreuung
Ebenfalls diskutiert wurde über die Möglichkeit der Apotheker, sich mehr in die Prävention einzubringen. Ein Thema, das vor allem Milz am Herzen liegt – schließlich ist sie bereits seit 2010 Sprecherin des WIPIG, des Wissenschaftliches Instituts zur Prävention im Gesundheitswesen. Sie betonte, dass das WIPIG bereits mehrfach belegt habe, dass Prävention durch Apotheker wirkt – Stichworte sind etwa die Aktionen Herzensangelegenheit 50+ oder das Präventionsprogramm Glycemia. Die Politik lässt Apotheker bislang aber außen vor, wenn es um die Vorbeugung von Erkrankungen geht. Michalk erklärte, bei ihr im Wahlkreis funktioniere Prävention bereits bestens, indem alle Akteure – auch Apotheken – eingebunden werden. Vogler stimmte den Apothekern insoweit zu, als dass Präventionsgesetz der Großen Koalition sehr arztzentriert sei. Prävention sei eine gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe, die in allen Politikbereichen berücksichtigt werden müsse. Den Apothekerforderungen stehe sie nicht ablehnend gegenüber, aber konkreter wollte die Abgeordnete der Linksfraktion nicht werden. Sie hätte eher noch ganz andere Ideen für Apotheker. So kann sich Vogler etwa gut vorstellen, dass Ärzte chronisch Kranken künftig ein Chroniker-Rezept ausstellen. Und zwar nur einmal im Jahr. In der Zwischenzeit könne die Apotheke die Betreuung übernehmen. Die Ärzte mögen derzeit möglicherweise nicht viel von der Idee halten – aber vielleicht sehe das in fünf Jahren anders aus. Kiefer bekräftigte jedenfalls, dass sich im ARMIN-Projekt in Thüringen und Sachsen zeige, dass Ärzte und Apotheker durchaus gut zusammenarbeiten können. Es gehe dabei nicht um die Substitution oder auch nur Delegation ärztlicher Aufgaben, sondern um eine Ausweitung einer apothekerlichen Dienstleistung.
Honorar bleibt in der Diskussion
Allen Diskussionsteilnehmern lag zudem eines am Herzen: Dass nach der Wahl ernsthaft über die künftige Honorierung der Apotheker gesprochen wird. Kiefer stellte klar, dass zum Grundhonorar mehr Gestaltungsmöglichkeiten kommen müssten – insbesondere müssten pharmazeutische Dienstleistungen vergütet werden können, etwa solche im Zusammenhang mit dem Medikationsplan. Michalk betonte, dass sie derartige Vorschläge von den Apothekern erwarte. Wenn dann auch das vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Gutachten vorliege, werde man über alles diskutieren. Klar sei: „Wir werden es verbessern“, so die aus dem Bundestag scheidende CDU-Politikerin. Vogler betonte, dass es aus ihrer Sicht nicht richtig ist, dass das Apothekenhonorar ausschließlich an die Arzneimittelabgabe gebunden ist. Der Apotheker müsse auch mal „nein“ sagen können, ohne einen wirtschaftlichen Schaden zu erleiden. |
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