Kongresse

Von Digitalisierung und Smart learning

Bericht vom FIP-Kongress Seoul

Während der Großteil der deutschen Apotheker vor allem auf die Geschehnisse auf dem Deutschen Apothekertag und die hiesigen politischen Wahlkämpfe blickte, trafen sich vom 10. bis zum 14. September mehr als 2600 Apotheker aus knapp 100 Ländern in Seoul, um auf dem 77. World Congress of Pharmacy and Pharmaceutical Sciences der International Pharmaceutical Federation (FIP) die Zukunft der Pharmazie im globalen Kontext zu diskutieren und zu gestalten. Neben den Vorträgen stand der intensive persönliche Austausch mit Kollegen aus aller Welt im Mittelpunkt. Fazit: Die Apothekerwelt befindet sich in einem globalen Umbruch – doch die Zukunft muss keinesfalls schwarzgemalt werden.

Thematisch war man nah an den hiesigen Themen: In Zeiten von Digitalisierung, Big Data und immer weiter entwickelten Technologien müsse die menschliche, persönliche Seite im Kontakt mit Patienten in Zukunft in den Mittelpunkt gestellt werden, davon war man auch in der südkorea­nischen Hauptstadt überzeugt. In Vorträgen und Workshops wurden die Veränderungen durch die „Industrialisierung 4.0“ und ihre Auswirkungen auf Ausbildung und Praxis diskutiert. Deutschland nimmt bei der Nutzung neuer Technologien im Apothekenalltag dabei einen Platz auf den hinteren Rängen ein: In Australien, den USA oder im asiatischen Raum hat die Digitalisierung längst Einzug in den pharmazeutischen Alltag gefunden. Dort sind vielerorts Gesundheits-Apps mittlerweile Standard, bei denen Patienten mit ihrem Smartphone Daten erheben und anschließend in der Apotheke auswerten und besprechen können. Apotheken haben in Gebieten mit Ärzte­mangel virtuelle Beratungs­räume etabliert, in denen der Patient per Video mit einem Arzt kommuniziert. Die Diagnostik und anschließende Arzneimittelabgabe erfolgt unmittelbar über die Apotheke.

Foto: K. Neumann
Im Konferenz-Zentrum in Seoul trafen sich die Pharmazeuten aus fast 100 Ländern.

Die Zukunft liegt in der Kommunikation

Durch die Verfügbarkeit beinahe aller Informationen zu Arzneimitteln im Internet seien Patienten heute meist sehr gut informiert. Die Generation der sogenannten „Silver Surfer“ benötigt altersbedingt verstärkt Arzneimittel – und sucht im Netz nach passenden Informationen. Für die richtige Einordnung dieser Informationen fehle aber meist die Fachkompetenz, so der allgemeine Konsens. Hier seien innovative Kommunikationskonzepte gefordert, um den Patienten die Skepsis vor Nebenwirkungen zu nehmen und sie zur regelmäßigen und korrekten Einnahme ihrer Medikation zu führen. Wichtig dabei: „Gehen Sie wirklich auf die Bedürfnisse Ihres Patienten ein und hinterfragen Sie Ihre Strategie“, betonte John Shaske aus Kanada. „Nicht alle Menschen hören gern zu oder lesen die Packungsbeilage. Man kann heutzutage über audiovisuelle Medien wie online-Videos oder Apps, die von der Apotheke bereitgestellt werden können, einen messbaren Effekt auf die Adhärenz der Patienten beobachten.“ Sogar über online-Spiele sei es für die passenden Patienten möglich, die Medikamenteneinnahme insbesondere bei chronischen Krankheiten zu verbessern. Ein spielerischer Ansatz kann für effektives Lernen besser funktionieren als klassische Anreize. „Gaming“ und der Einsatz moderner Technologien zur Kommunikation lassen sich auch für die Aus- und Weiterbildung nutzen, davon sind Studierende und Ver­treter der Universitäten überzeugt. Dabei geht es nicht nur darum, ­Wissen zu vermitteln und anzuwenden, sondern auch darum, den Wert des Apothekers im Gesundheitswesen nachhaltig zu ­vermitteln.

Foto: K. Neumann
Blick über den Tellerrand Es fand ein reger Austausch von Ideen und Themen unter Teilnehmern aus aller Welt statt - hier finnische, deutsche, bulgarische und spanische Kollegen.

Werbevideo für das Pharmaziestudium

Peter Vlasses vom Accreditation Council for Pharmacy Education präsentierte hierzu ein Beispiel der amerikanischen University of Houston, in der Pharmazie­studierende im Rahmen eines Wettbewerbs ein „Werbevideo“ für das Pharmaziestudium erstellen sollten. Das Gewinnervideo – erstellt mithilfe einer Smartphone-Kamera – wird nun von der Hochschule ebenso verwendet wie von Apothekerverbänden in den USA. Geben Sie den Webcode F6WU9 in das Suchfeld bei DAZ.online ein und Sie gelangen direkt zu dem Video.

Studierende stehen für die Gestaltung der Zukunft bereit

Die Veränderungen durch neue Technologien seien vor allem ein Gewinn für den Apotheker, davon war die Mehrzahl der Teilnehmer des FIP-Kongresses überzeugt. „Wenn wir uns diesen Möglichkeiten verschließen, laufen wir Gefahr, dass die Zukunft im Gesundheitswesen ohne uns stattfindet“, glaubt auch Christian Roth, Pharmazeut im Praktikum und Präsident des internationalen Verbands der Pharmaziestudierenden, IPSF. „Wir Studierende sind bereit, unseren Teil zu leisten.“

Im nächsten Jahr kommt der FIP-Kongress zurück nach Europa: Anfang September 2018 werden sich die Apotheker im schottischen Glasgow treffen. |

Kerstin Neumann

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