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Was sollen Heilpraktiker dürfen?
Bundeseinheitliche Vorgaben für Erlaubniserteilung, Ausbildung und Aufsicht gefordert
Im Sommer 2016 verstarben mehrere Krebspatienten, nachdem ein Heilpraktiker sie im nordrhein-westfälischen Ort Brüggen-Bracht mit dem nicht-zugelassenen Präparat 3-Bromopyruvat behandelt hatte. Seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Mann. Umstritten ist, inwiefern er derweil weiter tätig sein darf. Da noch keine Anklage erhoben wurde, sieht der hierfür zuständige Kreis Wesel keine Rechtsgrundlage, ihm die Heilpraktikererlaubnis zu entziehen.
Der Kreis Viersen, in dem das „alternative Krebszentrum“ des Heilpraktikers lag, hatte dem Mann dagegen nur wenige Tage nach Bekanntwerden der Todesfälle verboten, weiterhin im Kreisgebiet tätig zu sein. Der Heilpraktiker zog zum Verwaltungsgericht Düsseldorf – und erhielt dort kürzlich Recht (Az. 7 L 2292/17): Nach Ansicht der Richter ist der Kreis nicht befugt, ihm die Tätigkeit zu untersagen, während er gleichzeitig noch seine allgemeine Heilpraktikererlaubnis besitzt. Das Gesundheitsamt sei außerdem nur dann berechtigt und verpflichtet, selbst die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn eine Gefahr vorliegt, erklärte das Gericht. Derzeit könne aber nicht festgestellt werden, dass eine konkrete Gefahr vorliege.
Vom Kreis Viersen waren „erhebliche Zweifel an der beruflichen Zuverlässigkeit“ vorgebracht worden. So bestünde der dringende Verdacht, dass der Heilpraktiker mit Infusionen mindestens zwei Patienten gesundheitlich geschädigt habe, die später zu Tode kamen. Außerdem bestünden erhebliche Gesundheitsgefährdungen für die von ihm behandelten Patienten, auch da dem Heilpraktiker unterlassene Hilfeleistungen vorgeworfen werden. Darüber hinaus ist von unzureichender Kennzeichnung von Infusionsbeuteln, fehlenden Angaben zum Anbruchszeitpunkt von kurz haltbaren Arzneimitteln sowie Pfusch bei Behandlungsprotokolle die Rede. Doch solange keine definitiven Zusammenhänge nachgewiesen sind, liegt nach Einschätzung der Richter nur ein „Besorgnispotenzial“ vor, das lediglich „Gefahrerforschungseingriffe“ rechtfertigt – und noch keine endgültigen Abwehrmaßnahmen.
Kritik von Kreis und Ministerium
Der Kreis Viersen hat Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eingelegt. Derweil darf der Heilpraktiker weiter tätig sein, er muss dies jedoch beim Kreis anzeigen – was einem Kreis-Sprecher zufolge bislang nicht geschah.
Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium ist mit der aktuellen Lage ebenfalls deutlich unzufrieden. „Als Reaktion auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf hat die Bezirksregierung Düsseldorf die Stadt Krefeld erneut um Prüfung eines Widerrufs der Heilpraktikererlaubnis des Herrn R. gebeten“, erklärte ein Sprecher. Das Ministerium stehe „im engen Austausch“ mit der aufsichtführenden Bezirksregierung, welche den Kreis anweisen könnte, die Berufserlaubnis des Heilpraktikers zu widerrufen.
Wie schon im August fordert das Ministerium weiterhin, dass „bundeseinheitliche Vorgaben für die Erlaubniserteilung, die Ausbildungsinhalte und die Aufsicht über die Heilpraktiker“ erstellt werden sollen. „Das muss auch im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung verankert werden“, erklärte ein Sprecher gegenüber DAZ.online. „Sollte es wider Erwarten nicht zu neuen bundesgesetzlichen Vorgaben kommen, wird die Landesregierung eigene landesrechtliche Maßnahmen ergreifen.“
Bund: Erst mal abwarten
Unklar ist jedoch, ob der Bund tatsächlich aktiv werden wird: „Ich rate uns dazu, durchaus erst einmal das, was wir in erster Linie von Presseverlautbarungen der Staatsanwaltschaft kennen, genau auszuwerten“, hatte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe im September 2016 gesagt. Auf Nachfrage erklärte eine Ministeriumssprecherin, dass derzeit einheitliche Standards für Heilpraktikerprüfungen erstellt werden – weiteren Handlungsbedarf in Sachen Aufsicht sieht das Ministerium aktuell offenbar nicht. |
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