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Aus den Ländern
Schicksalsjahr für Deutschlands Apotheken
Jahreshauptversammlung der TGL Nordrhein
In ihrem Bericht betonte die TGL-Vorsitzende Dr. Heidrun Hoch, Schermbeck, sie halte es für den falschen Weg, sich angesichts des EuGH-Urteils zu schnell geschlagen zu geben.
Häufig als Lobbyisten verschrien, hätten sich die Apotheker in der Vergangenheit vielleicht zu sehr einschüchtern lassen. „Bleiben Sie selbstbewusst!“, appellierte Hoch an das Auditorium der rund 100 teilnehmenden Apothekenleiter. Mehr denn je müsse die Apothekerschaft jetzt über Zusammenhänge und Fakten informieren. „Sprechen Sie mit Politikern und Entscheidungsträgern, mit Menschen, die Multiplikatoren sind!“, forderte Hoch. Alle sollten sich daran beteiligen, die emotionalisierte und auf viel Unkenntnis basierende Debatte wieder auf die Sachebene zurückzuführen.
Skonti-Prozess vielleicht noch wichtiger
Als weiteren Punkt, der die Apotheken durchaus bedrohe, führte Hoch den Skonti-Prozess vor dem Bundesgerichtshof (BGH) an. Für viele dürfte diese letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung bedeutender sein als der Spruch aus Luxemburg, meinte die TGL-Vorsitzende.
Im Hinblick auf die Arbeit der TGL in diesem Jahr bezeichnete sie zwei Herausforderungen als vorrangig: eine stärkere Öffentlichkeitsarbeit und die Gewinnung neuer Mitglie-der.
Die neuen Tarifabschlüsse, die außerdem ins Haus stehen, würden wieder mit dem entsprechenden Augenmaß verhandelt, sagte Hoch zu.
EuGH-Urteil: wie ein „Donnerschlag“
DAZ-Herausgeber Peter Ditzel beschrieb in einer spannenden Tour d´horizon, wie es zu dem EuGH-Urteil über die Rx-Boni kam und wie das Ganze ausgehen könnte. Die Schlussanträge von Generalanwalt Maciej Szpunar hätten zwar bereits Anfang Juni 2016 für eine gewisse Unruhe im deutschen Apothekenmarkt gesorgt, rekapitulierte er, aber ABDA-Präsident Friedemann Schmidt habe es nicht für sinnvoll gehalten, sich schon zu diesem Zeitpunkt in alternativen Szenarien zum „worst case“ zu ergehen. Auch auf dem Deutschen Apothekertag Mitte Oktober sei das Thema bewusst ausgeklammert worden. So sei dann das EuGH-Urteil am 19. Oktober 2016 wie ein „Donnerschlag“ gekommen – für den ABDA-Präsidenten eine maximale Provokation für die Apothekerschaft und eine Geringschätzung der pharmazeutischen Arbeit.
Unterstützung durch den Gesundheitsminister
Die ABDA habe sich jedoch in der Folge einiges an Kritik gefallen lassen müssen. Was die Standesführung vorgetragen habe, sei sichtlich wenig überzeugend für das Gericht gewesen, wurde ihr vorgehalten, manche hielten es für „saft- und kraftlos“. Schon kurz nach dem Urteil sei ein Rx-Versandhandelsverbot dann für die ABDA ganz oben auf die Agenda gerückt, und das Begehren habe bei der Politik Gehör gefunden. Mitte Dezember habe der Minister seinen ersten Referentenentwurf zum Rx-Versandverbot vorgelegt, und das BMG mache sich seither weiter für sein Vorhaben stark. Ansonsten sei sich die Politik allerdings uneins.
Notifizierungsverfahren als weitere Hürde
Und selbst wenn die Fraktionen für ein Verbot stimmten, gebe es weitere Hürden, gab Ditzel zu bedenken, nämlich das Notifizierungsverfahren bei der EU. In dieses Verfahren gehe das Gesetz laut BMG-Sprecher im Stadium des Kabinettsentwurfs, was theoretisch im ersten Quartal 2017 möglich sei. Drei Monate lang passiere dann erstmal nichts, weil das Vorhaben von den Mitgliedstaaten geprüft werde. „Wenn alles optimal läuft und kein Widerspruch kommt, kann es bis zum Sommer 2017 abgeschlossen sein“, stellte Ditzel fest. Sperren sich die Mitgliedstaaten oder die Kommission, so müsse weiter diskutiert werden, und dann sei man schon am Ende der Legislaturperiode angelangt, womit alles noch unkalkulierbarer werde.
Nächste Runde vor dem OLG Düsseldorf
Anfang 2017 ist für den DAZ-Herausgeber noch alles unklar. Die Gegner seien zahlreich, und selbst in der eigenen Fraktion habe der Bundesgesundheitsminister nur bedingt Rückendeckung. Überdies erinnerte er an die weitere Runde vor Gericht, die im April beim Oberlandesgericht Düsseldorf ansteht. Dann werde der Fall der Wettbewerbszentrale gegen die Deutsche Parkinson Vereinigung neu verhandelt, und zwar vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils, das das OLG selbst erbeten hatte.
Wie auch immer das Ganze ausgehen wird, das Jahr 2017 wird für Ditzel ein „Schicksalsjahr“. „Es könnte, überspitzt formuliert, sogar die Weichenstellung für die Zukunft des Apothekerberufs per se sein“, meinte er, „entweder weiter auf dem Weg des Apothekerberufs als Heilberuf oder hin zum Kaufmannsberuf“.
Gute Kommunikation bestimmt den Erfolg
Als weiteren Gastredner hatte die TGL Nordrhein den Apotheker und Kommunikationstrainer Emanuel Winklhofer, Zeitlarn, eingeladen. Für ihn leistet die kommunikative Kompetenz des Apothekenleiters und des Apothekenteams einen entscheidenden Beitrag zum Gesamterfolg des Unternehmens: „Die Mitarbeiter am point of sale müssen gut sein.“ Er rät deswegen dazu, sich immer wieder mit der Thematik von Führung, Motivation und Verbesserung der Softskills in der Kommunikation zu beschäftigen.
„Qualifiziertes Lob“ ist nicht so einfach
Das „Ölkännchen im Betrieb“ ist laut Winklhofer das Lob. Leider gebe es noch immer viele Führungskräfte, die nach dem Grundsatz arbeiten: „Nicht geschimpft ist gelobt genug“. Dem hielt er ein Zitat von Goethe entgegen: „Wer die Menschen behandelt, wie sie sind, macht sie schlechter. Wer sie aber behandelt, wie sie sein könnten, macht sie besser“.
So ganz einfach sei das „qualifizierte Lob“ aber nicht. Hierzu gehöre zunächst eine ehrliche Einstellung, jemanden loben zu wollen. „Lob kommt nur an, wenn es authentisch und ehrlich ist“, betonte Winklhofer. Außerdem sollten die Sprache und die Körpersprache das Lob unterstützen, und es sollte möglichst ein positiver Punkt herausgegriffen werden, der gelobt wird. Für besonders wichtig hält er überdies eine Begründung, warum das gelobte Verhalten für den Lobenden so wichtig war.
Feedback auf Augenhöhe
Als zweites positives Führungsinstrument beschrieb Winklhofer das Feedback, das sich nicht nur auf bestimmte Anlässe wie z. B. Mitarbeiter-Jahresgespräche beschränken, sondern sich als Chance der gegenseitigen Weiterentwicklung im Alltag etablieren sollte. Hier mahnte er allerdings zur richtigen Dosierung, zu Takt und Behutsamkeit. Es gehe beim Feedback darum, die Wahrnehmung zurückzumelden und einen Veränderungswunsch mitzuteilen, was er mit den Kürzeln „W-W-W: Wahrnehmung – Wirkung – Wunsch“ umschrieb.
Ganz wichtig ist außerdem: Beim Feedback sollten die Gesprächspartner gleichrangig sein. Auch sollte sich das Feedback nicht auf die Person, sondern nur auf Verhalten und Ergebnis beziehen. Schließlich sollte ohne moralischen Druck an die Eigenverantwortung des Mitarbeiters appelliert werden. |
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