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Management
Workaholic
Wenn die Arbeit zur Sucht wird
Betroffene gestehen sich nicht ein, dass ihre persönlichen Kapazitäten begrenzt sind. Auf Dauer geht die Fähigkeit, abschalten zu können, verloren. Deshalb sind gerade besonders Fleißige und Ehrgeizige mit einem hohen Perfektionsanspruch gefährdet, dass sie irgendwann erschöpft, leer und ausgebrannt sind (Burn-out). Es sind oft dynamische Menschen, die einen gewissen Idealismus mit ihrer Berufstätigkeit verknüpfen und sich überdurchschnittlich engagieren, vielleicht, weil sie es von Kindheit an gewohnt sind. Das Leben besteht dann vorwiegend aus Arbeit, der Job kann zur Droge werden.
Entstehung der Arbeitssucht
Wird die Arbeit durch Anerkennung von Kunden honoriert, lohnt sich der Einsatz, Erfolg führt zum „Weiter so“. Das Wachstum der Apotheke spornt an und fördert die Arbeitssucht (Workaholic), die als solche nicht sofort erkannt wird. Typische Risikofaktoren sind Perfektionismus, mehr als 100 Prozent Einsatz und ein dauerhaft hohes Arbeitstempo. Wer sein Arbeitstempo erhöht und gleichzeitig Perfektion anstrebt, hat eine Doppelbelastung zu ertragen. Man wird zum Tempoholiker und Perfektionisten – höchste Zeit, die Notbremse zu ziehen.
Mangelnde Delegation und das Gefühl, man müsse alles selbst erledigen, erhöhen die Arbeitszeit auf weit über 50 Stunden in der Woche. Dauerhaft ist ein solches Pensum kaum zu schaffen. Wer ständig im Hamsterrad ist, dem geht die Leistungsfähigkeit allmählich verloren. Je später dies erkannt wird, desto schwieriger ist es, diesem Sog zu entkommen, oft ist dann professionelle Hilfe notwendig. Umso wichtiger ist es daher, frühzeitig die Gefahr zu erkennen und aktiv gegenzusteuern.
Häufig kommt es zu einem unbemerkten Anstieg des Anspruchsniveaus, entweder durch steigende Erwartungen der Kunden oder durch die Maximierung der eigenen Ziele. Wer viel Erfolg hat, will den Erfolg fortsetzen. Höchstleistungen können meist noch über einige Zeit mit Mühe aufrechterhalten werden. Wenn große Anforderungen länger anhalten, nimmt die Belastbarkeit rapide ab und es kommt zu einem deutlichen Leistungsabfall. Die Grenze zwischen Fleiß und Arbeitssucht ist fließend, der Arbeitssüchtige ist in der Endphase leer und ausgebrannt, seinen Einsatz begründet er mit dem Argument, es gäbe keinen anderen Weg.
Warum muss man sich ausschließlich über Leistung und Erfolg definieren? Um das zwanghafte Arbeiten zu limitieren, muss im Terminbuch auch die Freizeit eingetragen werden. Zudem muss das Streben nach Anerkennung und Erfolg begrenzt werden, denn diese Bedürfnisse sind Treiber in die Arbeit.
Erfolge müssen auch ohne absolute Spitzenleistungen möglich sein. Wer den Anfang der Spirale erkennt, kann rechtzeitig Gegenmaßnahmen treffen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit verhindert Burn-out. Es genügt, die eigenen Ressourcen mit Augenmaß zu beurteilen und auf die Grenze der Überforderung zu achten. Je früher erste Symptome von Burn-out erkannt werden, desto leichter lässt sich noch gegensteuern.
Weniger Stress zulassen heißt, sich um Gelassenheit bemühen. In der Freizeit muss der Kopf frei sein für bewusste Entspannung. Das Harmonieprinzip „Anspannung-Entspannung“ ist eine gute Präventivmaßnahme. Vieles im Leben besteht in einer Dualität: Tag und Nacht, Theorie und Praxis, Winter und Sommer, Arbeit und Freizeit („Work-Life-Balance“). Jedes dieser Paare bildet ein Gleichgewicht, keiner der Pole kann auf Dauer ohne den anderen sein. Gerät das Gleichgewicht aus dem Lot, ist der Absturz nicht mehr weit.
Kurzzeitig können zusätzliche Leistungsreserven mobilisiert werden, die Gefahr besteht aber, dass dies zum Dauerzustand wird und ein Rückweg in die Normalität schwer erreichbar ist. Besonders jüngere Apotheker überschätzen ihre Möglichkeiten und verdrängen die ersten Signale der Erschöpfung.
Wann zählen Sie zu den Arbeitssüchtigen?
1. Wenn Sie dauerhaft zu viel arbeiten, wenn Sie häufig am Limit sind.
2. Wenn Sie in Ihrer wenigen Freizeit nicht mehr abschalten können.
3. Wenn Sie wegen der Arbeit Privates häufig vernachlässigen.
4. Wenn Sie sich nicht mehr richtig entspannen können.
5. Wenn Ihnen die privaten Beziehungen weniger bedeuten als Ihre Arbeit.
Die vier Stufen der Arbeitssucht:
1. Einleitungsphase
Die Gedanken des Workaholikers kreisen mehr und mehr um die Arbeit. Es bleibt nicht mehr viel Zeit für Familie und Freunde. Der Kreislauf beginnt: mehr Arbeit, mehr Erfolg, mehr Anerkennung. Stress und Arbeitstempo nehmen zu, sie werden zunächst akzeptiert, weil Auswirkungen nicht spürbar sind.
2. Kritische Phase
Der Workaholiker sucht nach Ausreden für sein Zuviel-Arbeiten. Er wird unduldsamer und gereizt. Alle Lebensbereiche ordnen sich dem Betrieb unter. Die 50-bis-60-Stunden-Woche wird zur Regel. Er fühlt sich unabkömmlich, ohne ihn läuft nichts. Er erhöht seine Arbeitsziele und die Ansprüche an sich selbst. Erfolge motivieren ihn, weiterzumachen und sich noch zu steigern.
3. Chronische Phase
Ausschließlich der Arbeitserfolg zählt, er gibt dem Workaholiker die notwendige Energie. Er hält seinen Einsatz für normal, nutzt Delegation zu wenig und macht alles selbst. Permanente Höchstleistung ist der Normalzustand. Erste gesundheitliche Probleme kündigen sich an.
4. Endphase
Ein deutlicher Knick der Leistungsfähigkeit ist die Folge. Fehler passieren immer öfter, die Merkfähigkeit sinkt rapide. Nervosität, Hektik und Intoleranz nehmen zu. Als Arbeitssüchtiger ist man gefangen in seinem Eifer, findet selbst keinen Ausweg aus dieser Situation. Was mit Workaholic begonnen hat, endet mit Burn-out.
Selbsttest – wie gefährdet sind Sie? | ||
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Ja |
Nein |
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Sind Sie nach der Arbeit immer fix und fertig? |
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Sind Sie sehr ehrgeizig? |
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Arbeiten Sie hastig? |
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Arbeiten Sie mehr als früher? |
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Möchten Sie stets besser als andere sein? |
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Ignorieren Sie das Bedürfnis nach Pausen, Ruhe, Erholung? |
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Fällt es Ihnen schwer, nicht zu arbeiten? |
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Haben Sie Probleme abzuschalten? |
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Sind Sie oft nervös und gereizt? |
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Ergebnis: Je mehr „Ja“, desto gefährdeter sind Sie. |
Die Lösung
Zuerst muss das eigene Anspruchsniveau gesenkt werden. Arbeitsziele und Termine sind realistisch zu definieren. Man muss sich die langfristigen Folgen und die negativen Konsequenzen der Überarbeitung überlegen. Im schlimmsten Fall führt Überarbeitung zu womöglich gravierenden Fehlern, und sie macht krank bis hin zum Ausfall. Betroffene müssen ihrem Ehrgeiz Grenzen setzen. Wer sich immer nur nach den besten Apotheken richtet, setzt sich unter Druck. Doch muss man sich immer nach den Besten richten? Sind Spitzenleistungen normal? Geht es um die Weltmeisterschaft?
Wer achtsam mit sich umgeht, erkennt das Anfangsstadium vom Workaholic und kann die weitere Entwicklung bremsen. Betroffene sollten sich die Arbeitssucht eingestehen.
Dazu kommt: Wer vieles selbst erledigt, ist nicht nur schnell überlastet, sondern macht auch die eigenen Mitarbeiter unselbstständig. Delegieren setzt voraus, dass man Vertrauen hat, Mitarbeiter weiter qualifiziert und ihnen Verantwortung überträgt. Davon profitiert am Ende nicht nur der überlastete Apothekenleiter, sondern das ganze Team und vor allem auch die Apotheke. |
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