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Management

Schleichendes Gift 

Professionelles Nörgeln im Team

„Alles ist schlecht, wir sind die Opfer, das wird doch nichts, mit uns kann man es ja machen“ – kommt Ihnen das bekannt vor? Manche Menschen sind vom Pessimismus regelrecht befallen und nörgeln den ganzen Tag. Leider ist diese Haltung ansteckend. Kennen Sie das Antidot?

Die Mitarbeiterin* hat an allem etwas auszusetzen, egal um wen oder was es geht. Die Kunden sind unfreundlich, die Chefin kümmert sich um nichts, die Approbierte ist zu langsam und die PTA schreibt die Protokolle zu umständlich. Die Nörglerin kennt kein Pardon, mal beschwert sie sich direkt bei der „Schuldigen“ und mal entlässt sie ihren Frust einfach nur in den Raum. Alle hören es und die Stimmung sinkt. Alles wird zäh, keine hat mehr Lust auf die Arbeit, und wenn doch einmal Motivation aufglimmt, kommt sofort eine neue negative Bemerkung. Nörgler sind Meister ihres Fachs, sie lieben es, in den schillerndsten Farben schwarzzumalen.

* Da die überwiegende Anzahl der Apothekenmitarbeiter weiblich ist, schreibe ich in der weiblichen Form. Männliche Kollegen dürfen sich gerne mit angesprochen fühlen.

Miese Laune kostet richtig Geld

Leider sind das Nörgeln und die entstehende Unlust hochinfektiös und greifen epidemieartig um sich. Die ewig Unzufriedenen blockieren erfolgreich Weiterentwicklungen und Verbesserungen aller Art, erhöhen den Stresspegel immens, bringen Kolleginnen dazu, schließlich aus Frust zu kündigen, und machen Neuen die Einarbeitung schwer. Kurz: Miese Laune kostet richtig Geld, viel Zeit und zehrt an den Nerven. Natürlich kann nicht jeder täglich gute ­Laune haben und optimistisch durch die Apotheke springen, ­gelegentliche Tiefs sind vollkommen normal. Zu viel wird es jedoch bei Dauerpessimismus und tatkräftiger Beeinflussung des ganzen Teams.

Die Hintergründe

Notorisches Nörgeln zeugt von fehlender Anpassungsfähigkeit an die Gegebenheiten. Egal wie sie sind, sie sind immer verkehrt. Häufig sind die Betreffenden in­folge von früheren Erlebnissen in einer Opferrolle gefangen und weder willig noch fähig, sich daraus zu befreien. Das Angenehme besteht darin, sich immer versorgen zu lassen und selbst keine Verantwortung zu übernehmen. Das Angebot ist dann jeweils verkehrt und der „Täter“ bekommt ein schlechtes Gewissen. In all dem liegt Macht, die ein Stück weit Stärke schenkt.

Nörgler sind Menschen, die nur zufrieden sind, wenn sie unzufrieden sind.

Prof. Querulix (Pseudonym)

Die Psychotherapeutin Angelika Rohwetter betont die Wichtigkeit des inneren Friedens und der Versöhnung. Das heißt: alte Wunden verheilen zu lassen, von Rache abzusehen, die eigenen Narben zu akzeptieren und Ansprüche auf Wiedergutmachung aufzugeben.

Es ist vollkommen normal, dass innerhalb des Teams oder seitens der Chefin mal eine ungeschickte Bemerkung fällt, sie wird bei Nörglern jedoch konserviert statt vergessen.

Wir haben immer einen Grund für unser Verhalten, Nörglerinnen sind nicht per se böswillig, sondern hängen manchmal ebenso fest im Gelernten wie zum Beispiel Perfektionisten.

Pessimisten fordern: Gleiches Unglück für Alle!

Ernst Ferstl

Natürlich möchte die Miesmacherin nicht, dass es nur ihr alleine schlecht geht; wenn es bei allen so ist, lässt es sich halbwegs aushalten. Jede von uns hat bestimmte Erwartungen an den Arbeitsplatz und andere Menschen. Es ist aber nicht so, dass die alle erfüllt werden müssen.

Frühzeitig reagieren statt Zugucken

Wichtig ist auch hier, wie immer bei schwierigen Lagen, das un­angenehme Verhalten nicht persönlich zu nehmen und die Person von ihrer Aktion zu trennen. Lassen Sie die Probleme beim andern, es sind seine, nicht Ihre.

Sprechen Sie Ihre Mitarbeiterin bzw. Kollegin darauf an, wenn Sie von ihrem ewigen Nörgeln genervt sind, und verdeutlichen Sie, was sie mit ihrem Verhalten bei Ihnen auslöst. Vorwürfe helfen gar nicht, besser ist es, wenn Sie erklären, dass Sie gut und unbehelligt arbeiten möchten und welches Verhalten Sie sich von ihr wünschen. Ob die Betreffende sich dann als fähig und willig dazu erweist, ist eine ganz andere Sache, aber so weiß sie erst einmal, was sie auslöst, dass sie sich unbeliebt macht und den eigenen Arbeitsplatz gefährdet. Die Arbeitsergebnisse des ganzen Teams verlieren an Qualität. Und welcher Kunde kommt schon gern in eine Apotheke, in der immer schlechtes Klima herrscht?

Benennen Sie Beispiele, damit die Dauernörglerin versteht, worum es geht. Bitten Sie sie, dass sie immer, wenn sie etwas bemängelt, auch dazusagt, wie es besser wäre und wie man das umsetzen könnte. Der Gedanke dahinter: Wenn man keinerlei Idee hat, wie man etwas lösen kann, ist das Lamentieren vollkommen sinnlos.

Erkennen Sie gute Leistungen der betreffenden Person an, übertragen Sie ihr öfter mal die Umsetzung der Verbesserungen, die sie eingeklagt hat. So haben alle etwas davon.

Dem Geschimpfe kein Gehör schenken

Weitere Tipps gibt die Diplom-Psychologin Karen Zoller: „Wer dem Geschimpfe einfach kein Gehör schenkt, wird Nörgler auf diese Weise meist wieder los.“ Als Strategie bietet sich auch an, den versteckten Wunsch hinter den Nörgeleien zu erkennen. Welches Bedürfnis wird damit ausgedrückt? Mit passenden Gegenfragen kann der Fokus auf das gelenkt werden, was der Nörgler benötigt, statt auf das, was ihn stört. Auch Humor kann helfen: „Willst du jetzt einfach jammern oder kann ich etwas tun?”

Haben Sie Mut zur Konfrontation und lassen Sie sich nicht mit herunterziehen. Bleiben Sie souverän und freundlich. Möglicherweise hilft es, sich in die Person hineinzuversetzen, können Sie ihre Unzufriedenheit nachvollziehen?

Tipps für den Umgang mit Nörglern

  • Nehmen Sie nichts persönlich.
  • Sprechen Sie die Nörglerin auf ihr Verhalten an.
  • Verdeutlichen Sie, was Sie daran stört und wie Sie es lieber hätten.
  • Fordern Sie die Betreffende zu Ideen und deren Umsetzung auf: Was wäre besser als das Beanstandete?
  • Wenn etwas nicht zu verbessern ist, braucht sie es auch nicht zu bemängeln.

Wer schwierige Mitmenschen besser versteht, bekommt mehr Handlungsansätze. Nach Zoller gewinnt man etwas Abstand und kann überlegter handeln. Wir reflektieren, was wir selbst zu der Situation beitragen, und überlegen, wie wir auf unser Gegenüber zugehen können und wann wir zur Konfrontation bereit sind. Zu guter Letzt finden wir durch ein besseres Verstehen mehr Klarheit, ob eine Auseinandersetzung überhaupt sinnvoll ist oder wir lieber auf Abstand gehen sollten. Sie wissen: Es gibt immer zwei Richtungen bei Konflikten und schwierigen Situationen. Wir können den anderen bewegen oder uns selbst. Mal ist das eine, mal das andere die einfachere oder gewinnbringende Lösung.

Klare Worte von der Chefin

Als Chefin sollten Sie auch die Teambesprechungen nutzen, um die Dinge beim Namen zu nennen. Bei „sinnvollem Nörgeln“, also bei Mängeln, die Sie auch als solche empfinden, bedanken Sie sich dafür, dass die Mitarbeiterin diese beobachtet und sich Gedanken dazu gemacht hat. Fordern Sie sie auch auf, ganz klar und konkret zu benennen, was sie oder das Team verbessern kann. Eventuell kann die Betreffende direkt selbst die Umsetzung ihrer eigenen Ideen anpacken, spielen Sie hier den Ball zurück.

Fragen an die Nörglerin

Im Einzelgespräch können Sie mit Fragen und Tipps versuchen, die Nörglerin von ihrem Verhalten abzubringen, beispielsweise mit folgenden Formulierungen: Ist es Ihnen bewusst, dass Sie meist schlechter Laune sind? Was sind die Gründe dafür? Sie verursachen schlechte Stimmung im Team, was haben Sie davon? Haben Sie eventuell irgendwann gelernt, dass man nur Zuwendung bekommt, wenn man „unangenehm auffällt“? Oder haben Sie sich an ganz anderer Stelle über etwas geärgert und lassen es nun am Team aus? Einige Möglichkeiten von vielen, vielleicht passt davon schon eine für Sie, suchen Sie Wege, um aus dem ewigen Loch zu klettern!

Falls es auf Dauer nicht besser wird, werden Sie deutlicher und zeigen Sie die Konsequenzen auf: Was bewirkt das Dauernörgeln im Team? Als Chefin werden Sie es nicht länger zulassen, dass eine Person den Betrieb durch Fehlverhalten über lange Zeit schädigt. Wenn Sie Ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, sondern davon ausgehen, dass die Mitarbeiterinnen Schwierigkeiten immer und ausschließlich unter sich regeln sollen, vergeuden Sie das Potenzial des Teams und verspielen dessen Vertrauen in Sie. Die Gruppe wird zunehmend damit beschäftigt sein, sich darüber auszutauschen, wie das Problem zu lösen ist, anstatt sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Und das nicht über Tage, sondern über Wochen und Monate. |

Ute Jürgens ist Kommunikationstrainerin mit Spezialisierung auf die Heilberufler,
Dipl. Erwachsenenpädagogin und PTA, www.kommed-coaching.de


Literatur

Angelika Rohwetter

Versöhnung – Warum es keinen inneren Frieden ohne Versöhnung gibt.

Fachbuch Klett-Cotta

ISBN: 978-3-608-96149-2





Karen Zoller

Schwierige Mitmenschen – So gehen Sie souverän mit ihnen um.

Rowohlt Verlag

ISBN: 978-3-499-63178-8





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