- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 26/2018
- Verteidigung verlangt ...
Gesundheitspolitik
Verteidigung verlangt Verfahrenseinstellung
Kritik an Ermittlungen im „Datenklau“-Prozess
Der im Januar gestartete Prozess wegen mutmaßlichen Ausspähens von Daten aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) zieht sich in die Länge. Seit April liegen den Verfahrensbeteiligten zahlreiche E-Mails vor, die im Zusammenhang mit dem Verfahren geschrieben, aber nicht in der offiziellen Ermittlungsakte zu finden waren. Die Verteidigung hatte beantragt, sie hinzuziehen – sie sieht ihr Akteneinsichtsrecht verletzt. Damit Zeit ist, die nachgereichten Dokumente zu sichten, wollten die Anwälte zudem eine Aussetzung des Verfahrens. Nun gehen H.‘s Verteidger aber noch weiter. Sie beantragten vergangenen Donnerstag die Einstellung des Verfahrens durch Prozessurteil – also eine Entscheidung, die sich gar nicht mehr mit der Sache befasst. Sie sind nach erster Durchsicht der nachgereichten Mails überzeugt, dass in diesem Verfahren intransparent, parteiisch und rechtswidrig ermittelt wurde. Die Ermittlungsbehörden hätten wichtige Informationen aus der offiziellen Akte ferngehalten – und zwar „systematisch“ und „vorsätzlich“. Anwalt Nikolai Venn sprach von „Geheimoperationen der Polizei“.
Zweifel an Motiven der Hauptbelastungszeugin
H.‘s Anwälte führten dann umfangreich die aus ihrer Sicht „eklatantesten Verletzungen des Gebots auf Aktenwahrheit und -vollständigkeit“ auf. Viele dieser Beispiele rankten sich um die Hauptbelastungszeugin, H.‘s Ex-Frau Katja S. Sie hatte über ihren neuen Ehemann dafür gesorgt, dass das BMG den Hinweis bekam, bei ihm würden Daten gestohlen. Die Glaubwürdigkeit der Ex-Frau ziehen H. und seine Verteidiger schon seit Anbeginn in Zweifel. Sie meinen, ihr sei es schlicht darum gegangen, sich im Sorgerechtsstreit um den gemeinsamen Sohn einen Vorteil zu verschaffen. Den E-Mails meinen sie nun entnehmen zu können, dass der leitende Ermittler sich mit der Zeugin „solidarisiert“ habe. So habe Katja S. beispielsweise den Ermittler in einer Mail aufgefordert, etwaiges bei H. gefundenes kinderpornografisches Material dem Jugendamt zu übermitteln. Der leitende Ermittler entsprach dem Wunsch zwar nicht, habe aber „Rechtsrat“ gegeben.
Auch seien Ergebnisse diverser anderer Ermittlungsverfahren nicht offiziell dokumentiert worden. Darunter das gegen Verantwortliche der ABDA wegen Untreue (geführt gegen „Unbekannt“), das am Montag vor einer Woche erstmals zur Sprache kam. Dieses sei ebenfalls von Katja S. angestoßen worden. Doch die Ermittler kamen zum Ergebnis, es habe nur „vage Hinweise“ gegeben, sodass das Verfahren letztlich eingestellt wurde.
Bellartz‘ Anwalt hatte bereits am vorherigen Verhandlungstag umfangreich aus den Mails des Polizisten zitiert und sah sich durch den Vortrag seiner Kollegen in der Einschätzung bestätigt, dass in dem Verfahren relevante Informationen zurückgehalten wurden. Wegner hielt den Ermittlungsbehörden vor, selbst Straf- und Strafverfahrensrecht verletzt zu haben.
Die Staatsanwaltschaft gab zunächst keine Erklärung ab. Ebenso wenig entschied das Gericht über den noch offenen Aussetzungsantrag. Es ordnete vielmehr das Selbstleseverfahren für weitere Akten an.
Am 10. Juli wird der Prozess fortgesetzt. |
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.