Gesundheitspolitik

Kommentar: Warnschuss an die Politik

Christine Ahlheim

Erst Valsartan, dann Lunapharm – ein Arzneimittel­skandal jagt den nächsten. Ein wesentlicher Grund für dieses Versagen ist der zunehmende Spardruck in der Arzneimittelversorgung. Dieser wurde nicht zuletzt von den zahlreichen Gesundheitsökonomen befeuert, die schon seit Langem den Akteuren im Gesundheitswesen ineffizientes Arbeiten vorwerfen und große Einsparpotenziale durch Wettbewerb bzw. Deregulierung versprechen. Schlimm ist, dass sie damit nicht nur bei den Kassen offene Türen einrennen konnten, sondern dass ihnen auch die Politik vertraut und ihre Vorschläge teilweise umgesetzt hat.

Als Folge ist Deutschland als reiches Industrieland bei etlichen Arzneimitteln davon abhängig, dass die Wirkstoffe in ausreichender Menge und Qualität in den Schwellenländern Indien und China produziert werden. Zudem besteht stets die Gefahr, dass bei Importen Fälschungen in die legale Lieferkette geraten. Dass ein solches System massive Kontrollen erfordert, die von den Behörden offenbar kaum zu leisten und außerdem teuer sind, haben die Ökonomen wohl übersehen.

Aber womöglich kommen diese Skandale gerade zum richtigen Zeitpunkt, um ein Warnschuss an die Politik zu sein. Die Pa­rallelen zum Apothekenwesen sind offensichtlich: Werden die öffentlichen Apotheken nicht bald vor der unfairen Konkurrenz der ausländischen Versender geschützt, dann wird auch hier ein bewährtes System wegen vermeintlicher Einsparungen an die Wand gefahren. Bei seinen bisherigen Reformprojekten hat Jens Spahn Realitätssinn bewiesen – hoffentlich setzt sich das auch beim Blick auf das Apothekenwesen fort.

Christine Ahlheim, Chefredakteurin der AZ

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.