Gesundheitspolitik

Lunapharm: Warten auf die Taskforce

Berliner FDP-Politiker sieht Gesundheitsminister Spahn gefordert

BERLIN (ks) | Europa will es so: Waren –auch Arzneimittel – ­sollen ungehindert im Binnenmarkt gehandelt werden können. Im Fall des griechisch-deutschen Arzneimittelskandals zeigt sich allerdings, dass dies auch von kriminell ambitionierten Händlern ausgenutzt wird. Die brandenburgische Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) steht weiterhin unter Aufklärungsdruck. Ein Vertreter des Berliner Abgeordnetenhauses sieht nun den Bundes­gesundheitsminister gefordert.

Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit hat vergangene Woche bestätigt, dass allein in Berlin und Brandenburg 220 Patienten über drei verschiedene Apotheken in Berlin zurückgerufene Arzneimittel von Lunapharm erhalten haben. Diese haben 14 Berliner und vier Brandenburger Arztpraxen sowie eine Reha-Klinik in Brandenburg mit mutmaßlich gestohlenen Arzneimitteln beliefert. Die Zahl der Apotheken hat sich erst nach und nach ergeben. „Der letzte Stand muss das nicht sein“, erklärte daher ein Sprecher der Senatsverwaltung gegenüber der AZ.

Doch die Medikamente gingen natürlich auch ins übrige Bundesgebiet. Laut der Nachrichtenagentur dpa waren vergangene Woche in Schleswig-Holstein mindestens zwei Patienten betroffen. In Bayern sollen mehr als 330 Arzneimittelpackungen an Apotheken ausge­liefert worden sein. Von einem „sehr geringen Umfang“ an Lieferungen mit den Medikamenten war in Rheinland-Pfalz die Rede. In Mecklenburg-Vorpommern erhielt eine Apotheke über einen bayerischen Großhändler die Medikamente. Und in Hessen bekamen drei Apotheken Lieferungen – insgesamt 15 Packungen.

Spahn soll Runden Tisch einberufen

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin, Sebastian Czaja, sieht nun auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der Pflicht: „Mehr als 220 Menschen in Berlin und Brandenburg wurden mit den wirkungslosen Krebsmedikamenten behandelt – die Dunkelziffer könnte noch weitaus höher liegen.“ Obwohl das gesamte Bundesgebiet betroffen sein könnte, höre man vom Minister bisher überhaupt nichts. „Herr Spahn muss jetzt ­einen Runden Tisch mit allen Gesundheitsministern der Länder einberufen und die Sorgen der betroffenen Patienten ausräumen“, fordert Czaja. Die Aufklärung dieses Skandals müsse von oberster Stelle geleitet werden. „Alles andere ist unterlassene Hilfeleistung.“

Wirkungslose Arzneimittel?

Ob die Medikamente wirklich wirkungslos waren, wie Czaja behauptet, ist allerdings nicht gewiss. Bei einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses des Potsdamer Landtags am vergangenen Donnerstag erklärte der Chef der vom Brandenburger Gesundheitsministerium eingesetzten Taskforce, der Pharmazeut Ulrich Hagemann, es sei seiner Meinung nach wahrscheinlich, dass die Medikamente in guter Qualität an die Patienten gegangen seien. Es sei auch nicht richtig, dass immer eine Kühlkette eingehalten werden müsse. Dennoch: Bei den gestohlenen Arzneimitteln wurde der gewöhnliche Vertriebsweg nicht eingehalten – und schon deshalb gelten sie als Fälschungen.

Ministerin Golze und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) setzen nun voll auf die Taskforce, der auch die Chefs der Arzneimittelkommissionen der Apotheker und Ärzte angehören, Martin Schulz und Wolf-Dieter Ludwig. Sie soll bis Ende des Monats einen Bericht vorlegen. |

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