Gesundheitspolitik

Die nächsten Zyto-Klagen

Betroffene wollen Schmerzensgeld

BERLIN (hfd/az) | Nachdem das Landgericht Essen den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. Anfang Juli wegen Unterdosierung von Krebsmitteln und Kassenbetrugs in erster Instanz zu zwölf Jahren Haft verurteilt hat, dürften demnächst Zivilklagen starten. Mehrere Anwälte bereiten diese derzeit vor.

Unter anderem die Medizinrechtlerin Sabrina Diehl, die zahlreiche Betroffene oder Angehörige vertritt, will eine Art Beweislastumkehr erreichen: Nicht die Patienten sollten dem Apotheker nachweisen, dass Therapien im Einzelfall nicht in Ordnung gewesen sind – sondern der Apotheker soll nachweisen müssen, dass alle Krebsmittel korrekt hergestellt waren.

Noch warten die Anwälte auf die schriftliche Urteilsbegründung des Landgerichts Essen. Nach Informationen von DAZ.online hat die Staatsanwaltschaft Essen nicht nur Diehl, sondern auch anderen Stellen die Akteneinsicht verwehrt. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft möchte hierzu nicht Stellung nehmen. „Wenn das so ist, dann hätte das sicherlich datenschutzrechtliche Begründungen“, sagt sie.

Ein Schmerzensgeld könne dafür sorgen, dass Peter S. die „Früchte seiner Tat“ nicht einbehalten könne, erklärte Anwalt Ali-Mubeib Mohammed gegenüber dem WDR. Er hatte im Strafprozess mehrere Krebspatienten als Nebenkläger vertreten. Er will aber zunächst eine gütliche Einigung versuchen, bevor es zu Gericht geht. Auch fordern Betroffene einen staatlichen Opferfonds – Mohammed zieht hier einen Vergleich zum Contergan-Skandal.

Er verweist darauf, dass der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung von einem „Behördenversagen“ sprach – daher will er das Gesundheitsamt der Stadt Bottrop, den Kreis Recklinghausen sowie möglicherweise das Land Nordrhein-Westfalen wegen Mängeln in der Apothekenaufsicht in Regress nehmen.

Ein Sprecher der Stadt Bottrop erklärte dazu, derzeit werde „sehr viel konstruiert“: Der Richter habe nur allgemein von Behördenver­sagen gesprochen. Dass es speziell um das Gesundheitsamt von Bottrop gehe, wüsste er nicht.

Der Sprecher verwies darauf, dass es seit 2009 drei angekündigte Kontrollen gegeben habe. Es sei natürlich das gute Recht von Betroffenen, sich anwaltlich beraten und ihre Interessen vertreten zu lassen. „Das ändert aber nichts daran, dass wir natürlich den gesetzlichen Vorgaben vollkommen nachgekommen sind, die damals gegolten haben – jedenfalls aus unserer Sicht.“ Klar sei jedoch auch, dass die gesetzlichen Vor­gaben nicht ausreichend gewesen seien, um „solche Fälle“ auszuschließen. „Natürlich sind wir der Auffassung, dass sich da etwas tun soll“, sagt der Stadtsprecher. |

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