Gesundheitspolitik

„Keine ökonomistische Klugscheißerei“

ABDA-Präsident Schmidt fordert verlässliche Rahmenbedingungen für Apotheker

MÜNCHEN (cha) | Mit Standing Ovations belohnt wurde ABDA-Präsident Friedemann Schmidt beim Deutschen Apothekertag für seinen kämpferischen Lagebericht. Deutliche Kritik übte er darin am Fetisch des weltweiten Waren- und Kapitalverkehrs im Gesundheitswesen, an der ungleichen Behandlung von Versendern und Vor-Ort-Apotheken sowie am GKV-Spitzenverband.
Foto: DAZ/Alex Schelbert
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt Veränderungen dürfen nicht zum Totalverlust werden

In seinem Lagebericht fand ABDA-Präsident Friedemann Schmidt klare Worte zur Lage der deutschen Apotheken – die insbesondere auch an den bereits im Publikum sitzenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gerichtet waren. Grundsätzlich kritisierte Schmidt die Verschiebung des Wertefokus in unserem Gesundheitswesen: Der Wettbewerb um Kosten und Preise habe den Wettbewerb um Sicherheit, Qualität und Patientennähe abgelöst. Der weltweit unbeschränkte Waren- und Kapitalverkehr sei auch im Gesundheitswesen zu einem politischen Fetisch geworden, und wer frage, welchem Ziel diese zweifellos wichtigen Freiheiten dienen sollten, werde von den Fetischisten als „rückwärtsgewandter Protektionist“ verurteilt. Dabei ließen sich die Apotheker als ein Berufsstand, den es seit fast 1000 Jahren gebe, von der Aussicht auf Veränderungen nicht erschrecken. Doch sie bräuchten die Gewissheit, „dass die Veränderung nicht zum Totalverlust wird“.

Deutliche Worte fand Schmidt in Richtung der ausländischen Versender: Wer sich an der deutschen Arzneimittelversorgung beteiligen wolle, müsse nicht nur die verbindlichen Preisvorschriften des deutschen Arzneimittelrechts einhalten, sondern auch den gleichen Sicherheits- und Qualitätsanforderungen wie deutsche Apotheken unterworfen werden. Hier gebe es bei den Apothekern ein starkes „Gefühl der Ungleichbehandlung und damit der Ungerechtigkeit“. Mit jedem Tag, der vergehe, „verlieren wir Kraft, Kapital und Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik“. Wenn nicht bald etwas geschehe, „landen wir auf der Intensivstation“.

Scharfe Kritik äußerte Schmidt am GKV-Spitzenverband. Auf dem Höhepunkt der Valsartan-Krise, als die Menschen sich in den Apotheken massenhaft über die doppelte Zuzahlung beklagten, hätte der GKV-Spitzenverband sagen sollen: „Fürchtet euch nicht, wir machen das für euch, wir werden uns das Geld für die doppelten Zuzahlungen von denen holen, die den Schlamassel angerichtet haben!“ Stattdessen habe er ein apothekenpolitisches Papier in die Welt gesetzt, nach dem viele Apotheken dichtmachen müssten. Der GKV-Spitzenverband fordere, dass die Politik endlich den Mut haben müsse zu notwendigen Strukturveränderungen. Vielleicht, so Schmidt, „sollte die Politik tatsächlich den Mut haben, damit bei diesem Verband anzufangen“.

Grundsätzlich erklärte Schmidt, dass die Apotheker bereit seien, die großen Veränderungen gemeinsam anzugehen. Für eine gute und sichere Arzneimittelversorgung brauchte es aber „keine ökonomistische Klugscheißerei“, sondern klare und verlässliche Rahmenbedingungen. |

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