Gesundheitspolitik

Techniker Krankenkasse verärgert Ärzte

Hartmannbund-Chef Reinhardt: „Begriff Kassen-Arzt erhält neue Bedeutung“

TRAUNSTEIN (cha) | Mit einem auf künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Symptomcheck mit der App „Ada“ erfreut die TK neuerdings ihre Digital-affinen Versicherten. Weniger erfreut zeigen sich die Ärzte: Sie stören sich zwar nicht grundsätzlich an der App, sondern an dem Angebot, direkt nach dem Symptomcheck mit einem Arzt des TK-Ärztezentrums zu sprechen.

„Mit dem digitalen Symptomcheck und anschließendem Arzt-Chat geben wir bereits heute einen Ausblick darauf, wie Versorgung in der Zukunft aussehen kann“, so TK-Chef Dr. Jens Baas in einer Pressemeldung. Dazu kooperiert die TK mit dem Berliner Unternehmen „Ada Health“, das die gleichnamige KI-Technologie „Ada“ entwickelt hat. TK-Versicherte können dort ihre Beschwerden eingeben, erhalten eine persönliche Analyse und werden auf Wunsch über passende digitale Versorgungsangebote der TK informiert. Geplant ist, den Symptomcheck von „Ada“ ab Anfang 2019 direkt in die neue „TK-Doc“-App zu integrieren; über diese App können die TK-Versicherten dann auf den Symptomcheck zugreifen und anschließend direkt mit einem Arzt des TK-Ärzte-Zen­trums sprechen. Das soll aber nicht den Besuch beim Arzt ersetzen – darauf weist die TK auf ihrer Website ausdrücklich hin: „Die Diagnosestellung und eine Behandlung finden selbstverständlich nach wie vor ausschließlich in Praxen und Kliniken statt.“

Rolle der Player könnte sich rasant ändern

Das scheint bei den Ärzten auf erhebliche Zweifel zu stoßen. So äußerte der Hartmannbund-Vorsitzende Dr. Klaus Reinhardt gegenüber der Ärzte Zeitung: „Diese Form von Einmischung einer Krankenkasse in das individuelle Arzt-Patienten-Verhältnis ist für uns eine klare Grenzüberschreitung.“ Reinhardt findet, dass Ada eine spannende Entwicklung sei. Doch ihm geht es „um den Charakter des Konstrukts mit der Techniker Krankenkasse“. Dabei müsse man sehr genau hinschauen, „ob die praktische Anwendung einer Innovation dem einseitigen – mög­licherweise rein ökonomisch intendierten – Interesse folgt, die Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen schlicht zu reduzieren“. Oder ob sie am Ende tatsächlich Teil einer sinnvollen Steuerung von Patienten sei, um „überflüssige Arztbesuche zu vermeiden oder Versorgung zielgerichtet zu optimieren“. Man dürfe nicht übersehen, dass sich unter den diskutierten Voraussetzungen die Rolle der Player im Gesundheitswesen in rasanter Geschwindigkeit und kaum noch kontrollierbar verändere. ­Damit erhalte der Begriff Kassen-Arzt eine ganz neue Bedeutung.

Deutliche Kritik äußerte auch der Vorsitzende des NAV-Virchow-Bundes Dr. Dirk Heinrich in der Ärzte Zeitung: „Wichtig ist jedoch, dass am Ende immer ein Vertragsarzt steht. Das erwarte ich auch vom neuen Angebot der TK.“ Falls nicht, bedeute dies faktisch die Kündigung der Kollektivverträge und die Übernahme des Sicherstellungs­auftrags durch die Krankenkassen.

Kommt bald das E-Rezept vom TK-Ärztezentrum?

Doch welche Konsequenzen könnte dies alles für die Apotheker haben? Nach der Zulassung der ausschließlichen ärztlichen Fernbehandlung in immer mehr Bundesländern und der bevorstehenden Einführung des E-Rezepts ist gut vorstellbar, dass die Ärzte des TK-Ärztezentrums demnächst Rezepte für die TK-Versicherten ausstellen. Die AZ hat bei der TK nachgefragt, welche Pläne diesbezüglich bestehen. Doch bei der TK will man sich „zu dem Thema derzeit nicht äußern“. |

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