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Management
Projekte können scheitern, Menschen nicht
Vom Umgang mit Misserfolgen
Es geht im Folgenden nicht um Fehler, Rückschritte oder Missgeschicke. Nein – der Apothekenleiter ist so richtig hingefallen oder gar hingeknallt, es geht ans „Eingemachte“: Er ist krachend mit einem Vorhaben gescheitert. Entscheidend ist die Einstellung, die er zu dem vielleicht existenziellen Misserfolg hat: Nicht er selbst ist gescheitert, sondern „nur“ sein Projekt. Damit er diese Haltung einnehmen kann, sind sieben Schritte notwendig.
Schritt 1: Das Scheitern einkalkulieren
Wer auch in unsicheren Zeiten größere Projekte anpackt, sich beispielsweise als Apotheker selbstständig macht, sollte von vornherein das Scheitern, Niederschläge und Rückschlage als mögliche Entwicklungen einkalkulieren. „Gescheit scheitern“ heißt ein zurzeit aktuelles Buch (von Felix Maria Arnet). „Das Scheitern einkalkulieren“ – das ist natürlich leichter gesagt als getan, zumal sich Menschen, die fallen, immer auch hämische, fast schon schadenfreudige Bemerkungen anhören müssen. Wer sich aber frühzeitig mit dem Thema und den eventuellen Konsequenzen des Misserfolgs beschäftigt, ist mental auf die Möglichkeit des Scheiterns vorbereitet und kann relativ rasch den Blick wieder in die Zukunft und nach vorne richten.
Schritt 2: Sich die Vorteile vergegenwärtigen
Zuweilen wirken erfolgreiche Menschen, bei denen bisher alles gut und glatt gelaufen ist, seltsam eindimensional. Etwas Entscheidendes scheint zu fehlen. Ob es der Geruch des Scheiterns ist? Wahrscheinlich gehört es zu einer geerdeten und gestandenen Persönlichkeit dazu, Misserfolge erlebt zu haben. Wer daniederlag und es geschafft hat, im Angesicht aller Widrigkeiten wieder aufzustehen, wirkt auf andere Menschen glaubwürdiger und überzeugender, weil er auch die Kehrseite der Medaille kennt und das andere Gesicht des Erfolgs gesehen hat.
Das heißt nun nicht, sich über das Scheitern zu freuen oder den Misserfolg geradezu herbeizusehnen. Es ist jedoch zielführend, sich (immer wieder) den Nutzen und die Vorteile des potenziellen Zickzackwegs vor Augen zu führen, auf den jeder geraten kann, der etwas wagt.
Allerdings: Gemeint ist kein plattes positives Denken mit der rosaroten Wahrnehmungsbrille auf der Nase, sondern die realistische Einschätzung möglicher Entwicklungen, auch solcher, die einem nicht gelegen kommen.
Schritt 3: Die Stärken stärken
Wer Ziele erreichen will, überlegt sich, welches Instrumentarium ihn dabei unterstützen könnte. Eine ähnlich konstruktive Haltung ist beim Umgang mit Misserfolgen wünschenswert. Darum sollte der Apothekenleiter prüfen, welche Stärken ihm zur Verfügung stehen, um Misserfolgen und Rückschlägen als möglichen Begleiterscheinungen auf dem Weg zur erfolgreichen Apothekenführung angemessen zu begegnen.
Stärkenmanagement lautet das Stichwort: Beim Stärkenmanagement reflektiert man, welche Kompetenzen, Talente, Begabungen und vor allem Persönlichkeitseigenschaften dabei helfen könnten, mit einem Misserfolg produktiv umzugehen. Ziel ist es, eine individuelle Kompetenzliste für das Scheitern aufzustellen und diese Fähigkeiten gezielt zu trainieren. Ein Praxistipp: Man erstellt eine Liste mit Stärken und notiert dabei, in welchen der bisherigen kritischen Lebenssituationen eine Stärke weitergeholfen hat; man beschreibt möglichst exakt, wie man dabei vorgegangen ist.
Schritt 4: Mit Verbündeten zusammenarbeiten
Es ist zielführend, wenn es auch in einer schwierigen Situation Menschen gibt, bei denen man tatkräftige Unterstützung und vor allem emotionalen Trost einholen kann. Wer hält in der Misserfolgssituation zu mir? Bedingungsloses Vertrauen, gepaart mit dem Willen zur konkreten Hilfestellung, ist wohl eher im Verwandten-, Bekannten- und Freundeskreis zu erwarten. Es ist darum klug, wenn man sich vorab überlegt, mit welchen Verbündeten man im Krisenfall hundertprozentig rechnen kann.
Schritt 5: Ziele überprüfen, loslassen und neu formulieren
Wenn der Misserfolg da ist, muss nicht die gesamte Strategie falsch gewesen sein. Trotzdem gehört sie auf den Prüfstand. Zumindest jedoch ist eine Überprüfung und Revidierung der Ziele notwendig. Vielen Menschen fällt es schwer, von ihrer ursprünglichen Zielsetzung abzusehen und sie aufzugeben. Wem es gelingt, jetzt, nach dem Misserfolg, loszulassen, fühlt sich oft wie befreit – und dann auch bereit, auf der Grundlage seiner Stärken und Kompetenzen neue Ziele zu formulieren.
Schritt 6: Plan B und C bereithalten
Das Denken in Alternativen ist eine Möglichkeit, eine adäquate Antwort auf Niederschläge zu finden. Der Apothekenleiter sollte sich die Einstellung aneignen, stets über einen Plan B verfügen zu müssen. Es geht nicht nur um die Beantwortung der Frage, was geschehen kann, falls z. B. die Apothekengründung insgesamt scheitert, sondern auch: „Was passiert, wenn die neue Mitarbeiterin nicht das hält, was das Bewerbungsgespräch versprochen hat? Wie reagiere ich, wenn die neuen Marketingaktivitäten nicht zum gewünschten Erfolg führen? Welche Optionen habe ich, wenn die Kundschaft verstärkt Internetapotheken nutzt?“ Der Apothekenleiter sollte möglichst viele potenzielle Problembereiche definieren und dazu Alternativpläne erarbeiten.
Schritt 7: Selbstwertgefühl stärken
Die wohl größte Herausforderung für Menschen, die gescheitert sind, besteht in der Kränkung ihres Selbstwertgefühls. Sie zweifeln an sich selbst und stellen ihr gesamtes Lebenskonzept infrage. Hilfreich ist es, wenn man sich verdeutlicht, dass man nicht als Mensch oder Person gescheitert ist, sondern lediglich ein Projekt, ein Vorhaben, eine Zielsetzung an die Wand gefahren wurde. Das ist schmerzhaft, sagt jedoch nichts über die Qualitäten als Mensch aus. Um es auf den Punkt zu bringen: Projekte können scheitern, Menschen nicht.
Der Apothekenleiter muss versuchen, das gescheiterte Projekt und seine Person zu trennen. Das gelingt besser, wenn er sich seiner Stärken und Kompetenzen bewusst ist, diese nutzt, Verbündete hat und über ausgeprägte Widerstandskräfte verfügt.
Fazit: Aus Misserfolgen lernen
Hier soll nicht der Misserfolg schöngeredet oder -geschrieben werden. Wahrscheinlich können die meisten Menschen darauf verzichten, diese Erfahrung zu erleben. Wenn es aber passiert, ist entscheidend, die Situation zu akzeptieren und die entsprechenden Konsequenzen daraus zu ziehen: Also zu prüfen, wie es dazu kommen konnte und was in die Wege geleitet werden muss, um etwaige Fehler in Zukunft zu vermeiden. |
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