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Die Posse um die „Rosa Creme“

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Sicher erinnern Sie sich noch an den Hype um die „Rosa Creme“. Er liegt mittlerweile gut acht Jahre zurück und war durch einen ARD-Beitrag mit dem Titel „Heilung unerwünscht“ ausgelöst worden. Mit der Sendung wurde Psoriatikern und Neurodermitikern suggeriert, dass ihre Krankheit durch eine Vit-amin-B12-haltige Creme zu heilen wäre. Nur die böse Pharmaindustrie boykottiere aus Profitgier diesen Ansatz. Unzählige Patientinnen und Patienten verlangten daraufhin in ihren Apotheken nach der „Rosa Creme“, die kurz nach der Ausstrahlung unter dem Namen Regividerm® in den Handel gebracht worden war. Gleichzeitig entbrannten Diskussionen darüber, ob topisch appliziertes Vitamin B12 überhaupt wirken kann und wenn ja, wie. Wirkt es tatsächlich rein physikalisch, was eine Voraussetzung für die Registrierung als Medizinprodukt ist?

Die damals zuständige Aufsichtsbehörde, die Bezirksregierung Düsseldorf, bat 2010 das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) um Klärung der Frage. Die Zulassungsbehörde stufte daraufhin das nach einem Namensstreit in „Mavena B12® umbenannte Produkt als zulassungspflichtiges Arzneimittel ein. Der Hersteller legte Widerspruch ein, mit aufschiebender Wirkung. Erst am 28. Juni 2017 soll der Widerspruch vom BfArM zurückgewiesen worden sein. Die Einstufung als Arzneimittel ist laut BfArM bestandskräftig. Der Ball liegt seitdem wieder bei der zuständigen Aufsichtsbehörde. Das ist inzwischen das Regierungspräsidium Darmstadt, denn das Unternehmen hat nach Gründung der Mavena Deutschland GmbH seinen Sitz nach Neu-Isenburg/Frankfurt verlegt. Bislang hat die verbindliche Einstufung als Arzneimittel allerdings noch keine Folgen gehabt, denn die Präparate werden weiter als Medizinprodukte vertrieben.

Nun ist dem Chief Medical Officer der Mavena International AG, Dr. Teo Albarano, wohl eine Aussage in meinem DAZ-Editorial „Ein neues Spiel mit der Hoffnung“ in DAZ 2017, Nr. 27, S. 3 aufgestoßen. Dort habe ich festgehalten, dass die gleichermaßen vielversprechende wie umstrittene Hypothese zur antientzündlichen Wirksamkeit der Vit­amin-B12-Creme nie mit aussagekräftigen klinischen Studien untermauert worden ist. Albarano hat dies zum Anlass genommen, uns über zwei aktuelle klinische Studien zu informieren, die die Evidenz untermauern sollten. Selbstverständlich haben wir uns diese Studien angeschaut und möchten sie Ihnen nicht vorenthalten (s. S. 34). Wir haben sie auch Prof. Dr. Ulrich Mrowietz, dem Leiter des Psoriasis-Zentrums des Universitätsklinikums Schleswig Holstein in Kiel, zur Bewertung vorgelegt. Sein vernichtendes Fazit: Die Studienergebnisse sind nicht interpretierbar! So kritisiert Mrowietz unter anderem, dass als Vergleichstherapie nicht die Mavena-B12®-Grundlage, sondern ein Produkt einer anderen Firma verwendet worden ist.

Das will Albarano so nicht stehen lassen und argumentiert vor allem damit, dass es sich ja hier nicht um eine Studie zur Registrierung gehandelt habe, sondern um Postmarketing-Studien eines bereits registrierten Medizinproduktes. Bei der Notifikation hätte nachgewiesen werden müssen, dass Vitamin B12 als Funktionsstoff eine Wirksamkeit besitze (s. S. 35). Kein Wort zu dem Rechtsstreit. Die Katze beißt sich in den Schwanz. Ein Interesse daran, die Wirksamkeit mit einer ordentlich doppelblind durchgeführten randomisierten Studie mit der Mavena-B12®-Grundlage als Placebo zu belegen, besteht offenkundig nicht.

Wir reiben uns angesichts dieser Posse verwundert die Augen, warten auf die Aktivitäten des Regierungspräsidiums Darmstadt und können nur hoffen, dass das unwürdige Spiel mit der Hoffnung der Patienten bald zu einem würdigen Ende kommt.

Dr. Doris Uhl

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