Prisma

Limit für Space Missions?

Dauerhaft erhöhte Körpertemperatur schwächt Körper und Geist

cae | Wer sich längere Zeit im Weltraum aufhält, leidet nicht nur unter der Schwerelosigkeit. Auch die geringere Transpiration ist problematisch, denn auf die Dauer steigt dadurch die Körpertemperatur an, was wiederum einen Mechanismus der Entzündungshemmung aktiviert.

Zurzeit halten sich Astronauten maximal ein Jahr lang im Weltraum auf. Eine Mission zum Mars, die bereits konkret geplant wird, würde hingegen drei Jahre dauern. Zu mehreren möglichen Komplikationen während einer solchen Mission, die bisher diskutiert wurden (s. DAZ 2017, Nr. 24, S. 50), kommt die dauerhaft erhöhte Körpertemperatur hinzu. Der Physiologe und Weltraummediziner Hanns-Christian Gunga von der Charité – Universitätsmedizin Berlin, der selbst auf den Weltraumstationen SSI und Mir tätig gewesen ist, weist mit seinen Mitarbeitern in einer aktuellen Publikation explizit auf dieses Problem hin.

Foto: Science Photo Library / Nasa
Der Bewegungsmangel der Astronauten ist ein altbekanntes Problem. Nun stehen mögliche Komplikationen der erhöhten Körpertemperatur im Fokus.

Die Autoren haben bei Besatzungsmitgliedern der ISS wiederholt die Körpertemperatur gemessen. Dazu verwendeten sie ein neuartiges Messgerät, das an der Stirn mit verschiedenartigen Sensoren sowohl die Hauttemperatur als auch die Temperatur des arteriellen Blutes misst. Letztere ist identisch mit der Kernkörpertemperatur (core body temperature, CBT), die im Gehirn und den inneren Organen herrscht. Innerhalb von elf Wochen nach dem Eintritt in den Weltraum stieg die durchschnittliche CBT aller Probanden von 37 °C auf 38 °C an und verblieb anschließend bei dieser Marke; beim routinemäßigen Sport kletterte sie sogar auf 40 °C (42 °C über 1 h kann tödlich sein). Die Autoren erklären dieses Phänomen damit, dass Astronauten weniger Wärme an ihre Umgebung abgeben können, als dies auf der Erde üblich ist, sodass sich ein neues Gleichgewicht zwischen Wärmeproduktion und Wärmeabgabe bei 38 °C einstellt. Warum der Körper auf die geringere Wärmeabgabe nicht mit einer geringeren Wärmeproduktion reagiert, bleibt dabei unbeantwortet.

Die erhöhte CBT korreliert mit der ­höheren Konzentration des physiologischen Interleukin-1-Rezeptorantagonisten (IL-1RA), der die inflammatorischen Wirkungen von IL-1 hemmt und somit als antiinflammatorisches Zytokin fungiert; dieser bei Patienten mit rheumatoider Arthritis erwünschte Effekt schwächt bei gesunden Personen die Abwehr von Infektionen. Die Autoren vermuten darüber hinaus weitere Veränderungen aufgrund der erhöhten CBT, die z. B. bei einer Mission zum Mars die Körper- und Hirnfunktionen der Astronauten gravierend beeinträchtigen und sogar lebensbedrohlich sein könnten. |

Quelle

Stahn AC et al. Increased core body temperature in astronauts during long-duration space missions. Sci Rep 2017;7(1):16180

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