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Kongresse
Onkologische Fortbildung mit Tradition
NZW 2018 in Hamburg-Harburg
In seinen Grußworten unterstrich Klaus Meier, Soltau, Präsident der DGOP, die wichtigste Aufgabe der Onkologischen Pharmazie, die in der bestmöglichen Versorgung des Krebspatienten besteht. Hierzu sind alle Apotheker gefordert:
- der onkologisch geschulte Pharmazeut bei der Zubereitung von Zytostatika und der Umsetzung supportiver Maßnahmen,
- der Krankenhausapotheker bei der Überprüfung der Medikation sowie
- der Offizinapotheker bei der Abgabe oraler Zytostatika, die eine umfassende Beratung erfordert.
Das Rüstzeug hierfür muss in ständiger Fort- und Weiterbildung sowie im Kontext einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit erworben und erweitert werden.
Dieser Forderung schloss sich auch Kai-Peter Siemsen in einem Grußwort der Apothekerkammer Hamburg an. Voraussetzungen für eine fundierte Arbeit seien allerdings eine finanziell gesicherte Grundversorgung und eine tragbare Preisgestaltung. Die aktuellen Entwicklungen geben indes Anlass zur Sorge; es sei „erschreckend, wie sich Krankenkassen und Politik derzeit den schlanken Fuß machen“, so Siemsen.
Drei Tage onkologische Fortbildung
- rund 35 Haupt- und Kurzvorträge
- zahlreiche Workshops
- interaktive Industrieausstellung
- mehrere Satellitensymposien
- PTA-Tagung
- berufspolitisches Forum zu den ethischen Aspekten der Patientenversorgung
- Veranstaltungen der DGOP-Oralia-Initiative
- ESOP Short Lecture Session: Überblick zu europäischen Projekten
- NZW-Kolleg: Einblicke in die State-of-Art-Behandlung wichtiger Tumorentitäten
Leben bis zuletzt
Der Palliativmediziner Prof. Dr. Sven Gottschling, Homburg (Saar), forderte, bei der Betreuung schwerkranker Patienten einige weit verbreitete falsche Vorstellungen zu korrigieren.
- Erstens: Tod und Sterben sind leidvoll, und auch Ärzte sind weitgehend machtlos. Diese Aussage trifft nicht zu. 95% aller Schmerzen können durch entsprechende Therapien erträglich gemacht werden. Symptomkontrolle und – falls erforderlich – eine palliative Sedierung sind möglich.
- Zweite falsche Vorstellung: Morphin bekommt man zum Sterben und man fällt dann in einen Dämmerzustand. Falsch, eine adäquate Schmerztherapie muss frühzeitig begonnen werden, und auch sehr hohe Dosen führen zu keiner Bewusstseinseinschränkung.
- Drittens: Ärzte sind „Lebenszeitvergeber“. Dies ist nicht möglich. Konkrete Zeitangaben zur vermeintlich verbleibenden Lebenszeit dürfen und können nicht gemacht werden. Dies schließt allerdings eine offene Kommunikation über gute und schlechte Prognosen nicht aus.
- Vierte falsche Vorstellung: Ernährung und Flüssigkeitsgabe sind lebenserhaltend. Dies trifft nicht unbedingt zu. Nahrung in den letzten Lebenstagen belastet den Patienten, und eine Flüssigkeitszufuhr über die Vene löscht den Durst nicht. Dieser kommt durch Mundtrockenheit zustande und kann durch Besprühen der Mundschleimhaut mit einem für den Patienten angenehmen Getränk und ausführliche Mundpflege gelindert werden.
Ein weiterer Fehler ist das selektive Verschweigen einer schlechten Prognose. Der Betroffene und seine Familie sollten dieselben Informationen erhalten, auch Kinder sollten nicht von einem Sterbenden abgeschirmt werden.
NZW-Kolleg
Die Vorträge des NZW-Kollegs gaben einen Überblick zu den häufigsten Tumorentitäten und Neuerungen bei deren Behandlung. Beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom konnte durch den Einsatz neuer antiandrogener Wirkstoffe in Kombination mit einer Chemotherapie das Gesamtüberleben deutlich verlängert werden, die Sequenz der einzelnen Therapieschritte ist allerdings noch unklar. Neuigkeiten beim Mammakarzinom betreffen den Einsatz von Kühlhauben zur Verringerung der Chemotherapie-induzierten Alopezie sowie den möglichen Erhalt der Gebärfähigkeit junger Brustkrebspatientinnen durch Kryokonservierung von Ovargewebe.
Neues gibt es auch zur adjuvanten Therapie des Kolonkarzinoms: Bei Patienten im Stadium III mit niedrigem Risiko ist eine dreimonatige adjuvante Oxaliplatin-Therapie einer sechsmonatigen Gabe nicht unterlegen; neben einer kürzeren Therapiedauer profitiert der Patient zudem von einer geringeren Toxizität.
Beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC) ermöglichen molekularpathologische Merkmale eine stratifizierte Behandlung der Patienten, die bei bestimmten Subgruppen zu einem verlängerten Überleben führen kann. Doch trotz aller Euphorie bleibt das fortgeschrittene NSCLC eine unheilbare Erkrankung, an deren Verlauf im Endstadium sich nichts geändert hat. Zudem profitiert nur ein Teil der Patienten von einer stratifizierten Therapie, und die Zeitspanne, in der ein Betroffener einen Nutzen erfährt, ist begrenzt. Es gilt, den Zeitpunkt zu finden, ab dem eine Therapie mehr schadet als nutzt.
„Sich wahrnehmbar machen als Heilberufler“
Das berufspolitische Forum befasste sich dieses Mal mit ethischen Aspekten der Patientenversorgung. Unter der Moderation von RA Dr. Ulrich Grau, Berlin, diskutierten die Patientenvertreterin Anita Waldmann, die Patientin Evelyn Kraßmann, der Arzt und Bioethiker Prof. Dr. Giovanni Maio, Freiburg, und Klaus Meier, Soltau, über gesellschaftliche und politische Auswirkungen der jüngsten Vorfälle auf die Wahrnehmung und Stellung des Apothekers.
Zyto-Ausschreibungen und der Bottroper Zyto-Skandal haben zu einer starken Verunsicherung der Öffentlichkeit geführt, deren Folgen derzeit noch nicht absehbar sind. Der Verdacht, dass singuläre kriminelle Tätigkeiten instrumentalisiert werden, um politische Interessen durchzusetzen, ist nach Ansicht der Diskutanten nicht auszuschließen.
Prof. Maio meinte, die Apothekerschaft sollte den Zyto-Skandal zum Anlass nehmen, ihre Rolle im Gesundheitssystem zu reflektieren. Der Apotheker sei ein Heilberufler mit einer Gemeinwohlverpflichtung. Er dürfe sich daher nicht darauf beschränken, Arzneimittel zu beschaffen und abzugeben, sondern die Abgabe müsse mit einer qualifizierten Beratung einhergehen. Laut Maio verhält sich der Apotheker zu defensiv. Er müsse seine berufliche Kompetenz stärker wahrnehmbar machen, damit die Öffentlichkeit ihn mehr als Heilberufler betrachtet. Seine Beratungsleistung sollte angemessen entlohnt werden.
Auch Klaus Meier, der den Apotheker als Partner von Patient und Arzt sieht, hob die Beratungspflicht des Apothekers hervor und sprach sich für eine angemessene Entlohnung aus. |
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