Die Seite 3

Tue Digitales und rede darüber

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Nun sind sie seit mehr als einer Woche online: Die beiden ersten ­digitalen Rezeptsammelstellen in Deutschland.

Die Einwohner von Neidlingen in Baden-Württemberg und Heus­weiler-Kutzhof im Saarland können ihre Rezepte vom Arzt zukünftig als Scan zur Apotheke schicken. Zuvor gab es in den 2000-Seelen-Dörfern bereits die analogen Rezeptsammelstellen in Form von Briefkästen. Und doch stießen die Pilotprojekte auf ein überwältigendes Medieninteresse. Zu den Eröffnungsterminen reisten nicht nur die Vertreter der Lokal- und Fachpresse an, auch bundesweit wurde über die „digitalen Apotheken auf dem Land“ berichtet.

Ob sich die Terminals im Praxis­betrieb bewähren und von der Landbevölkerung so angenommen werden, wie sich das die Verbände, Kammern und Hersteller wünschen, bleibt abzuwarten. Sicherlich wird man hier und da optimieren und weiterentwickeln müssen. Fest steht aber jetzt schon: Die Apothekerschaft hat mit dieser Initiative ein starkes (digitales) Zeichen gesetzt – und dafür war es höchste Zeit.

Auffallend ist, dass es bei dem positiven Medienecho gar nicht um die Lobhudelei einer innovativen Technik oder neuartigen Versorgungsform ging. Zugegeben, ein Papierrezept digital zu übertragen, ist mit Faxgeräten oder dem eigenen Smartphone genauso möglich. Auch Rezeptbriefkästen sind nichts Neues und in abgelegenen Orten wie Neidlingen oder Heusweiler-Kutzhof seit Langem bekannt. Was dagegen zählt und von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird: ­Gesundheitsangebote werden auf Basis der bewährten Strukturen verbessert. Eine Kooperation zwischen Heilberuflern, Kommunen und Firmen ermöglicht die Versorgung auf dem Land. Menschen fühlen sich nicht mehr im Stich gelassen und die Arbeitsplätze vor Ort können erhalten bleiben. Im Vordergrund stehen keine wirtschaft­lichen Einzelinteressen, sondern das Wohl der Gemeinschaft.

Die Apothekerinnen und Apotheker sollten viel häufiger und entschiedener diese Debatten und Veränderungen mitgestalten und ­aktiv vorantreiben. Im Hinblick auf die Digitalisierung im Gesundheitswesen und die Weiterentwicklung des Berufsstandes ist es ein wichtiges – aktuell vielleicht sogar das entscheidende – Zeichen ­gegenüber der Gesellschaft, Politik und Konkurrenz durch Arznei­mittelversender, dass Vorschläge und konkrete Lösungen aus den eigenen Reihen kommen.

Überall da, wo menschliche Nähe und fachliche Expertise gefragt sind, die Patienten jedoch aufgrund von personellen Engpässen oder Versorgungslücken nicht erreicht werden können, lässt sich durch Digitalisierung und Automatisierung aushelfen. Es bleibt zu hoffen, dass die digitalen Rezeptsammelstellen dabei nur den Anfang und nicht bereits den Höhepunkt darstellen. Denn sich als Berufsstand dieser Entwicklung zu verschließen, kann nur vorübergehend ein ­politisches Statement sein. Langfristig punktet man mit Innovationskraft und Engagement.

Armin Edalat


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