Gesundheitspolitik

SpiFa: Keine exklusive Rezeptweiterleitung in die Niederlande

DocMorris und Fachärzte kooperieren bei Pilotprojekt zum elektronischen Rezept

TRAUNSTEIN (cha) | In der vergangenen Woche schlug die Nachricht wie eine Bombe ein: DocMorris und der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa), der als Dachverband 31 Mitgliedsverbände und über 160.000 der in Deutschland tätigen Fachärzte in Klinik und Praxis repräsentiert, verkündeten gemeinsam, dass sie zukünftig „bei der Umsetzung von innovativen Lösungen in den Bereichen Arz­neimitteltherapiesicherheit und E-Rezept“ kooperieren werden. Im Zentrum der Zusammenarbeit steht ein Pilotprojekt zur Einführung des elektronischen Rezepts. Dabei handele es sich, so SpiFa-Haupt­geschäftsführer Lars Lindemann gegenüber der Ärzte Zeitung, „keineswegs um ein geschlossenes System“ , vielmehr solle das Projekt „für alle Apotheken, kanal­unabhängig offen“ sein. „Völlig unbegründet“ seien Befürchtungen, DocMorris wolle an ortsansässigen Apotheken vorbei eine exklusive Rezeptweiterleitung in die Niederlande vorbereiten. Auch gehe es „in keinster Weise darum, die freie Apothekenwahl einzuschränken“.

Von der Kooperation mit DocMorris erwartet sich SpiFa-Hauptgeschäftsführer Lars Lindemann laut der Pressemeldung innovative Ansätze in Sachen Arzneimittelinformation und -distribution. Wörtlich heißt es: „Ärzte und Apotheker werden vor Ort besser zusammenarbeiten können. Das nützt nicht nur ihnen, sondern auch den Patienten.“

Foto: Andreas Schoelzel / www.spifa.de
Lars Lindemann: Keine Antworten auf kritische Fragen.

Lindemann verweigert Auskunft an kritische Medien

Wie das genau aussehen soll, wird nicht näher erläutert. DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer fragte bei Lindemann nach. Doch der wollte sich nicht äußern und begründete seine Ablehnung mit der offenbar zu kritischen Berichterstattung von DAZ.online. Wörtlich schreibt Lindemann in seiner Mail: „Mit Blick auf den Inhalt und auch die offen zutage tretende Zielsetzung Ihrer bereits erfolgten Berichterstattung habe ich hier entschieden, dass Ihre an uns gerichteten Fragen derzeit unbeantwortet bleiben.“

Auskunftfreudiger zeigte Lindemann sich gegenüber der Ärzte Zeitung. Dort äußerte er, dass man – entgegen dem von Standesvertretern häufig verbreiteten Eindruck grundsätzlicher Gegnerschaft zwischen DocMorris und hiesigen Vor-Ort-Apothekern – längst mannigfaltige Kontakte pflege. Etliche würden aller Voraussicht nach bei dem Pilotversuch mitmachen, „wir sind schon in Gesprächen“.

Man wolle jetzt zunächst, so Linde­mann weiter, insbesondere aus ärztlicher Perspektive technische Fragen zum E-Rezept oder einem digitalen Medikationsmanagement ausloten sowie Projektinhalte entwickeln und mit potenziellen Partnern auf Kassenseite besprechen. Geplant sei, dass der Modellversuch voraussichtlich „Anfang 2020“ an den Start gehen könne.

Doch tatsächlich hat Lindemann wohl keine allzu große Affinität zu den Vor-Ort-Apotheken. Während seiner Zeit als FDP-Abgeordneter im Bundestag äußerte er in der „Welt“ anlässlich der geplanten Erhöhung des Apothekenhonorars, dass man „eine Strukturbereinigung“ auf dem Apothekenmarkt brauche. „Es muss nicht an jeder Straßenecke eine Apotheke geben“, so Lindemann. „Es gibt mehr Apotheken als Tankstellen in Deutschland und mir ist kein Deutscher bekannt der nicht wüsste, wie er rasch an Benzin käme.“

Im Mai 2013 und damit noch vor dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag wurde Lindemann Hauptgeschäftsführer beim SpiFa. 2017 scheiterte der Versuch, eines der unabhängigen Mitglieder beim G-BA zu werden. Einige Abgeordnete im Gesundheitsausschuss hegten wohl Zweifel an seiner Unabhängigkeit. |

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