Gesundheitspolitik

Holländische Rx-Werbung verboten

Niederländischer Supermarkt geht mit Arzneimittelwerbung in Deutschland zu weit

BERLIN (ks) | „Februar ist Medikamentenmonat – sparen Sie bis zu 60%“ – mit dieser Aussage warb im Februar 2018 ein holländischer Supermarkt in einer Ibbenbürener Lokalzeitung. Wer den in der Anzeige abgedruckten QR-Code einlas, konnte das Angebot des Supermarkts im Web aufrufen und stieß dabei auch auf ein Arzneimittel, das in Deutschland verschreibungspflichtig ist. Das Oberlandes­gericht (OLG) Hamm entschied nun: Das verstößt gegen das Heilmittelwerberecht. (OLG Hamm, Urteil vom 18.06.2019, I-4 U 18/19, nicht rechtskräftig)

Das Unternehmen, das ins Visier der Wettbewerbszentrale geraten ist, betreibt in den Niederlanden einen Supermarkt mit angeschlossenem Restaurant, Fischmarkt, Tankstelle und Drogerie. Auch Arzneimittel vertreibt man dort, solche, die in den Niederlanden nicht der Rezeptpflicht unterliegen. Als Apotheke ist das Unternehmen nicht zugelassen, weder in den Niederlanden, noch in Deutschland.

Die Werbung für den „Medikamentenmonat“ mit Rabatten bis zu 60 Prozent wirbt zwar nicht unmittelbar für Rx-Arzneien. Doch wer über den abgedruckten QR-Code ins Internet-Arzneimittel­angebot des Unternehmens stieß, fand dort auch das in Deutschland verschreibungspflichtige Schmerzmittel Voltaren Emulgel. In den Niederlanden gibt es das ohne Rezept. Die Wettbewerbszentrale sah hierin einen Verstoß gegen das Verbot, bei Verbrauchern für rezeptpflichtige Arzneimittel zu werben (§ 10 HWG). Schon im Herbst zuvor hatte der Supermarkt gegenüber der Wettbewerbszen­trale eine Unterlassungserklärung abgegeben, in der er sich verpflichtet hatte, die Werbung für verschiedene rezeptpflichtige Arzneimittel zu unterlassen – auch für Voltaren Emulgel. Nun mahnte die Zentrale erneut ab – doch das Unternehmen lehnte eine weitere Unterlassungserklärung ab. So kam es zur Klage.

Landgericht sah keinen HWG-Verstoß

Das Landgericht Dortmund wies diese in erster Instanz noch zurück. § 10 HWG war nach seiner Auffassung nicht einschlägig, weil der Verbraucher nicht aufgrund der Zeitungsanzeige auf ein konkretes Produkt aufmerksam gemacht werde, sondern erst nach einer Art Recherche innerhalb des Internetauftritts zu dem verschreibungspflichtigen Medikament geführt werde. Dieser Auffassung erteilte das OLG Hamm eine Absage. Es bejahte zunächst eine dem Heilmittelwerberecht unterliegende Absatzwerbung, da gerade der konkrete Absatz der angebotenen Produkte im Vordergrund stehe. Bloße Imagewerbung ist vom Heilmittelwerbegesetz nämlich nicht erfasst.

Begriff der Arzneimittel­werbung ist weit auszulegen

Die Regelung des § 10 Abs. 1 HWG und der mit ihr verfolgte Zweck – die Gefahr der Selbstmedikation ohne ärztliche Aufsicht zu minimieren – erfordere einen sehr weiten Begriff der Werbung für Arzneimittel. Die Werbeanzeige setze für den Verbraucher den Anreiz, sich mit dem Angebot des beklagten Unternehmens (und dem rezeptpflichtigen Arzneimittel) näher zu beschäftigen. Damit werde die Gefahr schwerwiegender gesundheitlicher Folgen, vor denen es den Verbraucher zu schützen gelte, begründet. Nach Auffassung des OLG Hamm ist es unerheblich, dass der Verbraucher erst mittels eines QR-Codes zu den Angeboten gelangt. Es steht nach Auffassung der Richter dem Werbeverbot des § 10 HWG auch nicht entgegen, dass die in der Anzeige genannte Produktgruppe „Schmerz­mittel“ auch nichtverschreibungspflichtige Medikamente enthielt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision zum BGH ist möglich. |

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