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Gesundheitspolitik
BGH: Zuwendungsverbot ist eindeutig geregelt
Entscheidungsgründe des Bundesgerichtshofs zu Apotheken-Gutscheinen liegen vor
BERLIN (ks) | Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am 6. Juni entschieden: 1-Euro- und Brötchen-Gutscheine, die Apotheken bei einer Rezepteinlösung an Kunden ausgeben, sind unzulässige Zuwendungen im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes. Auch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das EU-ausländischen Versendern den Weg für Rezeptboni frei machte, bleibt es für deutsche Apotheken beim strikten Zugabeverbot. Auf die finanzielle Geringwertigkeit der Werbegabe und eine „Spürbarkeitsschwelle“ dürfe man nicht abstellen, so der BGH – anderenfalls werde die eindeutige Regelung im Heilmittelwerbegesetz unterlaufen. Diese zunächst per Pressemitteilung verbreitete Entscheidung führte dazu, dass viele Apotheken und Juristen erklärten, nun sei Schluss mit jedem Geschenk aus der Apotheke. Wer vorsichtiger war, verwies darauf, dass die schriftlichen Gründe abzuwarten seien. Jetzt liegen diese vor. Und sie enthalten auch einen Hinweis, wie es um Taschentücher und Traubenzucker bestellt ist.
In ihren Entscheidungsgründen legen die Richter ausführlich dar, dass ein Verstoß gegen das heilmittelwerberechtliche Zugabeverbot (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG) in Verbindung mit der Arzneimittelpreisverordnung vorliegt. Und daran ändere auch das EuGH-Urteil von 2016 nichts, die Inländerdiskriminierung sei hinzunehmen und in die Berufsfreiheit werde nicht unverhältnismäßig eingegriffen. Die für deutsche Apotheken weiterhin geltende Preisbindung könne allenfalls dann verfassungswidrig werden, wenn ihr Zweck (die gleichmäßige Arzneimittelversorgung) nicht mehr erreicht werden kann, weil die EU-Versender ihre Tätigkeit zu sehr ausgeweitet haben und der Konkurrenzdruck den hiesigen Apotheken nicht mehr zumutbar ist. Doch dass eine solche Situation bereits eingetreten ist, behauptete auch im Verfahren niemand.
Gespannt war man auf die Urteilsgründe auch deshalb, weil man sich darin Ausführungen erhoffte, ob wirklich gar keine Kleinigkeit mehr über den HV-Tisch gehen darf, wenn ein Kunde mit Rezept kommt. Nicht einmal mehr ein Päckchen Papiertaschentücher?
Tatsächlich spricht das Urteil zu den Brötchen-Gutscheinen das Thema an. Es geht darum, ob dieser Gutschein wirklich gegen die Preisbestimmungen verstößt – oder vielleicht doch nur – wie etwa die Überlassung eines Traubenzuckers oder einer Packung Taschentücher – als „Ausdruck von Kundenfreundlichkeit“ aufgefasst wird. Das Berufungsgericht fand: Es handelt sich beim Gutschein um eine Sachgabe mit einem für den Kunden wirtschaftlichen Wert – und damit werde die Preisbindung unterlaufen. Bloße Kundenfreundlichkeit sei das nicht mehr. Wie der BGH dann ausführt, meinten im Verfahren beide Seiten, allgemein der Kundenbindung dienende Aufmerksamkeiten wie Traubenzucker oder Taschentücher sollten vom Wertreklameverbot bei preisgebundenen Arzneimitteln ausgenommen sein. Dafür, so meint der BGH, biete § 7 HWG aber keine Grundlage mehr. Es bestünden „keine Anhaltspunkte“, dass der Gesetzgeber bei der Ergänzung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG im Jahr 2013 „abhängig von der Motivation des Werbenden bestimmte Werbegaben vom Verbot hat ausnehmen wollen“. Die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung werde nicht geringer, wenn dem Kunden statt eines zu einem späteren Zeitpunkt einlösbaren Wert-Gutscheins unmittelbar dessen Wert als Sachleistung zukomme. Im Brötchen-Gutschein-Fall also das Brötchen selbst. Und so kommt der BGH zu dem Schluss: Die Gewährung von geringwertigen Werbegaben ist jedenfalls dann, wenn allein preisgebundene Arzneimittel erworben werden, nicht mehr zulässig, es sei denn es liegt eine der sonst in § 7 HWG normierten Ausnahmen vor. Diese betreffen nicht nur Kundenzeitschriften, sondern in Nr. 3 auch „handelsübliches Zubehör“ – und das kann tatsächlich die Lücke für Taschentücher und Traubenzucker sein: beispielsweise bei einer Erkältung wären mitgegebene Taschentücher unabhängig von einer Preisbindung zulässig.
Der BGH prüft sogar den Brötchen-Gutschein als mögliches handelsübliches Zubehör – kommt aber wenig überraschend zu dem Ergebnis, dass es keines ist. |
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