Gesundheitspolitik

Brüssel sendet „keine negativen Signale“

Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz soll wie geplant ins parlamentarische Verfahren starten

BERLIN (bro/ks) | Die ersten Gespräche zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission über das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken verliefen offenbar besser als erwartet. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte zugesagt, sein Vorhaben mit der Kommission abzustimmen, nachdem das Bundesjustizministerium die geplante Verschiebung der Rx-Preisbindung für EU-Versender vom Arzneimittel- ins Sozialrecht für juristisch angreifbar hielt. Nach Informationen von DAZ.online reisten in der vorvergangenen Woche zwei Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums (BMG)nach Brüssel. Während das BMG nicht mehr verlauten ließ, als dass die Bundesregierung „in einem konstruktiven Austausch mit der EU-Kommission“ stehe, war aus Kreisen der Unionsfraktion zu hören, dass es trotz des laufenden Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik zunächst „keine negativen Signale“ aus Brüssel gegeben habe. Man wolle nun wie geplant in die parlamentarische Beratung einsteigen.

Die BMG-Vertreter, darunter offenbar auch Arzneimittelabteilungsleiter Thomas Müller, sollen der Kommission gegenüber zwei Kern­argumente vorgebracht haben: Erstens ging es dem Vernehmen nach – wie schon in der Begründung des Gesetzentwurfs aufgeführt – um das Solidaritätsprinzip, auf dem das gesamte SGB V aufbaut und das eine der wichtigen Säulen der GKV-Versorgung ist.

Die Gesundheitsexperten der Unionsfraktion messen der Abstimmung mit Brüssel gerade wegen dieses Argumentes eine große Bedeutung bei: Schließlich wäre es ein kritisches Zeichen, wenn Europa signalisierte, dass selbst Regelungen im Sozialrecht unionsrechtlich angegriffen werden könnten. Fraglich wäre dann, ob nicht auch andere Strukturen und Vorschriften in anderen Versorgungsbereichen juristisch hinterfragt werden könnten. Zweitens hört man, dass das BMG auch den Vergleich mit dem Rx-Versandverbot ins Spiel gebracht haben soll. Im Vergleich zum kompletten Rx-Versandverbot sei das Rx-Boni-Verbot im SGB V das „mildere Mittel“, schließlich könnten die EU-Versender ihr Geschäft so weiterhin betreiben, mit einem Verbot sei eine Weiterführung der Rx-Belieferung gar nicht mehr möglich, so das Argument. Unklar ist es ­allerdings, wie und wann die Gespräche mit der EU weitergehen.

Weiter geht es im Bundesrat

In der Unionsfraktion geht man aber davon aus, dass das Gesetz­gebungsverfahren wie geplant beginnen kann. Zunächst steht am 20. September aber die erste Beratung im Plenum des Bundesrates an. Hier wird spannend sein, wie sich das Plenum zu den Empfehlungen des Bundesrats-Gesundheitsausschusses verhält. Dieser hatte sich Anfang September für ein Rx-Versandverbot neben der Rx-Preisbindung im Sozialrecht ausgesprochen. Die erste Lesung im Bundestag ist dann Mitte Oktober geplant, kurz darauf die öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags.

Klar ist: Selbst wenn die Kommission den deutschen Gesetzgeber beim Rx-Boni-Verbot im Sozialrecht nicht stoppt: Diejenigen, die bezweifeln, dass dies europarechtskonform ist, werden die ­Klage nicht scheuen. |

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