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Gesundheitspolitik
Der Apotheken-Ökonom: Vortragsreihen – Aktionismus oder Erfolgsmodell?
Themen rund um Gesundheit, Prävention oder Krankheit generieren ein hohes Interesse bei Menschen. Es kann einen selbst treffen oder man ist schon betroffen, man kennt in seinem Umfeld jemanden, der mit dem Thema des Vortragsabends zu tun hat usw. Neben den Ärzten können Apotheker hier punkten, zumal sie oftmals einen anderen, erdverbundeneren Zugang zur Thematik einschlagen (können). Von daher ist es eine Überlegung wert, ob man relevante Themen aufgreift und gezielt Kundinnen und Kunden dazu einlädt. Am besten in Form eines regelmäßigen Events (der erste Dienstag im Monat o. ä.) in den Apothekenräumen. Die Themen können rechtzeitig vorher kommuniziert, ggf. ja in einem Jahres- oder Halbjahreskalender angekündigt werden. Die Apotheke vermittelt darüber Kompetenz und zeigt auf, dass man etwas zu sagen hat. Als Nebeneffekt könnte man das gesamte Team einbinden und alle Approbierten regelmäßig auftreten lassen. Auch externe Redner könnten dann eingebunden werden, wenn man diese gut kennt und auf dieser Grundlage Expertise auf die Apotheke übertragen wird.
Man darf von solchen Events keine Wunder erwarten und ggf. laufen diese Veranstaltungen eher unter dem Label „Kleinvieh macht auch Mist“ als unter der großen Nummer, aber Langmut spricht sich rum und gute Tipps hört jeder gern. Am besten bindet man einen solchen Vortrag in ein lockeres Zusammensein ein und rundet den Abend mit einem Nachspiel von 30 Minuten ab. Kleine Häppchen oder auch nur etwas zum Trinken wirken Wunder.
Menschen, die dann in die Apotheke kommen, tun dies losgelöst von einem unmittelbaren Bedarf, sondern präventiv oder nur aus Wissensdurst. Es geht auch an dieser Stelle nicht darum, unmittelbar Umsatz zu generieren, wiewohl dies nicht falsch ist. Gerade an einem solchen Abend könnten typische Geschenke aus einer Apotheke auf einem Verkaufstisch liegen oder aber auch die Schaufensterdekoration neu gestaltet sein und entsprechende Waren in der Offizin wahrnehmbar platziert werden.
Am Anfang ist es wichtig, dass die angekündigten Abende durchgeführt werden – ungeachtet der Teilnehmerzahl. Es ist auch nicht ehrenrührig, wenn man für die ersten Abende Menschen gezielt bittet, dabei zu sein, um die Apotheke nicht leer erscheinen zu lassen. Kalibrieren Sie die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die da sind, in Abhängigkeit von der Teilnehmerzahl. Wenn die Betreuungsquote so opulent ist, dass sich jeder Mitarbeiter um einen Besucher oder weniger kümmert, wird es unangenehm.
Soll man einen Eintrittspreis verlangen? Beides kann richtig sein, es zu tun und es zu lassen. Eine Eintrittsgebühr erhöht die Verbindlichkeit. Meldet man sich vorher an und kauft quasi ein Ticket, will man wohl unbedingt hin. Dies kann aber auch wie eine Barriere wirken. Im Kino zieht man auch erst die Karte unmittelbar vor Filmstart. Wird ein solcher Abend unentgeltlich angeboten, darf er nicht in die Beliebigkeit abdriften. Es ist eben nicht egal, ob ein angemeldeter Gast kommt oder nicht.
Ein solcher Abend darf zwischen einer und maximal zwei Stunden dauern. Der eigentliche Vortrag sollte nach knapp einer Stunde vorbei sein. Fängt man um 19:00 oder 18:30 Uhr an, sind die Besucher eventuell zur Tagesschau wieder zu Hause, so sie dies wollen. Tummelt man sich noch weiter in der Apotheke, ist spätestens um 21:00 Uhr Schluss. Neben saisonalen Arzneimittelthemen (Grippeimpfung, Reisezeit, Heuschnupfen, Erkältung) können Tipps für Weihnachtsgeschenke oder für einen gesunden Rücken angeboten werden. Themen dürfen sich auch wiederholen, dann erreicht man ggf. andere oder weitere Menschen.
Vielleicht kann man derlei Abende auch mit einer Art Sammelheft verbinden und stempelt jedem, der da war, im Heft den Besuch. Am Jahresende oder zu Jahresbeginn kann dann eine Vortragsparty gefeiert werden für alle, die mehr als viermal anwesend waren. Dies muss nicht strenger kontrolliert werden als nötig, weckt aber Begehrlichkeiten und lockt mit dem Sammlereffekt. Auf diese Weise gelingt es der Apotheke, Menschen zusätzlich in die Offizin zu bewegen. In Zeiten rückläufiger Frequenzen muss man Gelegenheiten schaffen, die für Kunden attraktiv sind. Infotainment, After-Work wohldosiert können solche guten Gelegenheiten sein. |
Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de
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