Wirtschaft

„Es ist sinnvoll, die Kräfte zu bündeln“

Pharmaverbände BAH und BPI planen Fusion

BERLIN (diz) | Die Vorstände des Bundesverbands der Arznei­mittel-Hersteller (BAH) und des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) diskutieren intensiv eine engere Zusammenarbeit. Ziel ist eine Verschmelzung der beiden ­Verbände. Wir sprachen mit Dr. Hubertus Cranz, Haupt­geschäftsführer des BAH, was den Ausschlag für diese Gespräche gegeben hat, was man sich davon verspricht und wann es so weit ist.

Sollte aus BAH und BPI ein neuer Verband entstehen, wovon die Vorstände ausgehen, würde dieser Verband mehr als 90 Prozent der in Deutschland tätigen pharmazeutischen Unternehmen vertreten.

Foto: BAH

Dr. Hubertus Cranz, BAH Die Fusion soll die Schlagkraft der beiden Verbände BAH und BPI erhöhen.


AZ: Herr Cranz, was steht im Hintergrund der Fusion von BAH und BPI?
Cranz: Ganz klar, Ziel ist eine Erhöhung der Schlagkraft dieser Verbände der Pharmaindustrie, die sich derzeit mit vielen Her­aus­forderungen konfrontiert sehen, Herausforderungen, die mit Sicherheit nicht weniger werden. Unsere Firmen möchten, dass wir als Verband breit in die politische Diskussion eintreten und mit starker Stimme sprechen.

AZ: Soll die Fusion auch als Abgrenzung zu anderen Verbänden verstanden werden?
Cranz: Nein, ganz und gar nicht. Die Fusion richtet sich überhaupt nicht gegen andere Verbände – wir sind in einem sehr kooperativen Austausch mit dem VfA, ebenso mit ProGenerika, auch hinsichtlich der politischen Aktivitäten. Natürlich hat jeder Verband bestimmte Ausrichtungen und Prioritäten, aber insgesamt, und das ist meine Wahrnehmung, läuft es sehr gut zwischen den Verbänden. Dieser Austausch ist uns auch weiterhin sehr wichtig.

AZ: Ist für die mögliche Fusion auch ausschlaggebend, dass Pharmaverbände wie BAH und BPI in etwa dieselben Pharmafirmen adressieren? Haben nicht bereits zahlreiche Firmen eine Mitgliedschaft bei BAH und BPI?
Cranz: Absolut, das war bei beiden Verbänden ein wichtiges Element gewesen bei den Überlegungen zu fusionieren. Der BAH hat sich doch im Lauf der Zeit auch im Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel stark weiter­entwickelt und hat heute sehr viel Kompetenz in diesem Bereich angesammelt. Das überlappt sich dann natürlich mit Aktivitäten des BPI. Vor diesem Hintergrund sind in der Tat viele Aktivitäten der beiden Verbände sehr ähnlich gewesen, beide haben gleiche Ziele verfolgt und sind in die gleiche Richtung gegangen mit politisch kaum wahrnehmbaren Unterschieden. Daher macht es schon Sinn, dass man die Kräfte bündelt.

AZ: Die Kräfte zu bündeln, ist aus Sicht der Mitgliedsunternehmen sicher nicht nur politisch, sondern auch ganz praktisch sinnvoll, wenn man beispielsweise an die Mitgliedsbeiträge denkt oder an den Zeitaufwand …
Cranz: Richtig, Mitgliedsbeiträge für zwei Verbände ist das eine. Was man generell aber oft unterschätzt, ist die zeitliche Komponente, die eine Mitgliedschaft in zwei Ver­bänden erfordert. Die Firmenmit­arbeiter, die in der Verbands­arbeit tätig sind, müssen Zeit für beide Verbände aufbringen für Meetings, Reisen und politische Aufgaben. Da war bei den Fusionsüberlegungen ein ganz wichtiger Aspekt.

AZ: Welcher Verband war denn die treibende Kraft hinter der Fusion?
Cranz: Das lässt sich nicht einem Verband zuordnen, es waren die Vorstände auf beiden Seiten, die Gespräche über einen möglichen Zusammenschluss aufnahmen. Man hat sich auf beiden Seiten gefunden in der Überlegung, dass man stärker ist, wenn man gemeinsam marschiert.

AZ: Wo liegt der Mehrwert, wo liegen die Vorteile nach der Fusion?
Cranz: Politisch deckt der neue Verband das gesamte Spektrum an Fragen ab, angefangen bei patentgeschützten Produkten, auch Orphan Drugs, bis hin zu anderen verschreibungspflichtigen und den nicht-verschreibungspflichtigen Produkten. Darüber hinaus sind Medizinprodukte ein außerordentlich wichtiger Bereich geworden – sowohl stoffliche Medizinprodukte als auch die digitalen Anwendungen, die medizinischen Apps.

AZ: Wo könnten Schwierigkeiten auftauchen, worauf wird man achten müssen bei dieser Fusion?
Cranz: Beide Vorstände sehen die kommende Zusammenarbeit äußerst positiv. Worauf man sicher achten muss, ist die Verzahnung der beiden Standorte der Verbände, Bonn und Berlin, wobei der BAH mit zwei Standorten ja schon einige Erfahrungen gesammelt hat. Aber es bleibt eine Heraus­forderung, die Mitarbeiter beider Verbände optimal miteinander zu verbinden. Dank elektronischer Möglichkeiten, die wir heute haben, ist dies leichter als noch vor ein paar Jahren. Da schaue ich recht positiv in die Zukunft. Dennoch, neben Berlin ist der Standort Bonn für uns als Traditionsstandort, der erhalten bleiben soll, nach wie vor sehr wichtig, zumal auch sehr viele Unternehmen in Nordrhein-Westfalen oder in der Nähe angesiedelt sind. Darüber hinaus werden wir darauf achten, auch regional gut aufgestellt zu sein, sowohl im Süden, in Baden-Württemberg, Bayern, als auch im Norden.

AZ: Wo wird der neue Verband dann seinen Hauptsitz haben?
Cranz: Rechtlich gesehen wird der Sitz in Bonn sein. Wie gesagt, wir werden aber darauf achten, dass beide Büros, Bonn und Berlin, gut verzahnt sind.

AZ: Wird der Verband einen neuen Namen erhalten?
Cranz: Es gibt dazu schon gewisse Vorstellungen, aber das wird letztlich eine Entscheidung der Mit­glieder sein. Mit Sicherheit wird es ein neuer Name werden.

AZ: Und wann könnte der neue Verband an den Start gehen?
Cranz: Wir gehen davon aus, dass dies etwa Mitte des Jahres sein wird. Voraussetzungen für den neuen Verband ist, dass die Mitglieder- bzw. die Delegiertenversammlung von BAH und BPI darüber abstimmen und ihr Plazet geben. Erst dann ist auch die Verschmelzung formal vollzogen.

AZ: Vielen Dank, Herr Cranz, für dieses Gespräch. |

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