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Management

Brainstormen – aber richtig!

Neue Ideen für eine alte Methode

In vielen Apotheken gibt es mindestens ein ärgerliches Thema, das in der Teambesprechung regelmäßig auftaucht. Sofort wird nach einer Lösung gesucht, die dann umgesetzt wird, aber nach Monaten erscheint der unge­liebte Dauerbrenner wieder auf der Agenda. Offenbar hat die Lösung nicht funktioniert und entweder beginnt dann die heiße Diskussion von Neuem oder es herrscht entnervtes Schweigen. Woran liegt das? In den meisten Besprechungen wird mit der „Freien Diskussion“ oder dem „Brainstorming“ gearbeitet. Beide Methoden haben ihre Tücken und können zu festgefahrenen Situationen führen. Für neue Ideen gibt es andere Wege.

Die wohl gängigste Methode in Besprechungen ist die „Freie Diskussion“. Sie ist so üblich, dass wir sie gar nicht als „Methode“ wahrnehmen. Schließlich unterscheidet sie sich strukturell nicht von Gesprächen beim Abendessen oder in der Kaffeepause. Ein Thema steht zur Diskussion, eine Gruppe tauscht sich darüber aus und im besten Fall wird eine Lösung gefunden. Beliebt ist dieses Vorgehen sicher deswegen, weil es keinerlei Vorbereitung oder Material bedarf und der Einstieg niederschwellig ist. Allerdings hat es auch seine Tücken. Während des Austausches können sowohl Fragen gestellt als auch Vorschläge gemacht werden, was die Diskussion unter Umständen unübersichtlich werden lässt. Zu jeder Zeit kann Kritik geäußert werden, was dominanten Charakteren die Chance eröffnet, die Meinungs­bildung gegen die stille Mehrheit zu gewinnen.

Besonders bei festgefahrenen Situationen, vertrackteren Problemen oder länger andauernder Lösungslosigkeit kann für den Prozess ein anderes Vorgehen gewinnbringender sein.

Brainstorming statt Endlosdiskussion

Eine Alternative war lange Zeit das Brainstorming, das vom Ansatz her den Endlosdiskussionen beikommen sollte. Alex Osborn machte diese Methode populär. Er bat die Teilnehmer seiner Meetings, während einer kurzen Zeitspanne (5 bis 15 Minuten) ihre Ideen zur Lösung eines konkreten Problems abzugeben. Alle Ideen wurde zunächst gesammelt und weder bewertet noch diskutiert. Kritik, die die Ideenentwicklung blockieren könnte, wie: „Das hat noch nie funktioniert!“ oder „Das ist mir noch zu unausgereift!“ wurde dadurch auf ein Minimum reduziert. Durch die Trennung von Ideenfindung und Ideenbewertung gelang es ihm, neue Ideenkombinationen möglich zu machen, die dann noch in die Umsetzung zu bringen waren. So umfasst der gesamte Ideenentwicklungsprozess eigentlich drei Phasen.

Um im Prozess eine möglichst große Ideenvielfalt zu generieren, braucht es positive Rahmenbedingungen. Im ersten Moment erscheint das widersprüchlich. Wieso sollten gerade klare Strukturen das kreative, freie Arbeiten fördern? Feste Rahmenbedingungen unterstützen die Fokussierung auf das zu bearbeitende Thema und stellen sicher, dass die Gruppe sich nicht im kreativen Prozess verliert und am Ende keine Ergebnisse vorzuweisen hat.

Vorteilhaft sind klare Fragestellungen, ein vorgegebener Zeitrahmen und eine moderierende neutrale Person, die darauf achtet, dass alle Teilnehmer Gehör finden. Im Vorfeld sollten Regeln für die Zusammenarbeit festgelegt werden. Im Brainstorming üblich sind:

1. Quantität vor Qualität! Das Aussieben geschieht im zweiten Schritt.

2. Keine Kritik äußern.

3. Nicht direkt bewerten.

4. Ideen anderer ergänzen.

5. Querdenken erwünscht.

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Trotz korrekter Durchführung kann es eine starke Beeinflussung einzelner Beiträge durch die Gruppendynamik geben, was oftmals den Verlust innovativer Ansätze zur Folge hat. Als „längst über­holter, ineffektiver Ansatz“ verschwand das Brainstorming deswegen zunehmend aus den Besprechungsräumen, um jetzt in neuen Varianten wieder verstärkt zum Einsatz zu kommen.

Brainswarming: Landschaft aus Zetteln

Tony McCaffrey entwickelte das Brainswarming aus dem Wunsch heraus, alle Ideen des Brainstormings bergen zu können, um sie später gezielt miteinander zu verknüpfen. Beim Brainswarming schreiben die Teilnehmer zunächst ganz für sich ihre Ideen auf Haftnotizzettel, was zurückhaltenden Personen eine einfachere Möglichkeit zur Beteiligung gibt. Im nächsten Schritt werden diese gemeinsam auf einen Tisch oder eine Pinnwand geklebt. Bei diesem Vorgehen ist ein Moderator zwar hilfreich, aber nicht wie zuvor nötig. Durch die Sortierung ergibt sich sozusagen eine Ideen-Landschaft aus Notizzetteln, die im Weiteren ausgearbeitet wird. Die Visualisierung macht auch zeitversetztes und iteratives – also schrittweises bis zum zufriedenstellenden Ergebnis – Arbeiten möglich.

Methoden-Steckbrief
Methode
Teilnehmer
Dauer
Material
Einflussfaktoren
Brainstorming
5 – 8
5 – 15 Minuten
Flipchart
Gruppendynamik, starke Beeinflussbarkeit der ­Beiträge, geringer Schutz des Einzelnen
Brainswarming
3 – 10
30 Minuten bis zu mehrere Tage
Pinnwand oder Whiteboard, Haftnotizzettel
Gruppendynamik, ein­geschränkter Platz auf den Notizzetteln
Question Burst™
3 – 8
2 Minuten Problem­vorstellung, 4 Minuten Fragen sammeln
Flipchart
Gruppendynamik, ­ungewohntes Setting

Fragenschwall von vier Minuten

Eine weitere Variante bietet die Arbeit von Hal Gregersen mit seinem „Fragenschwall“ (Question Burst™). Um negativen Gruppendynamiken aus dem Weg zu gehen und vorschnellen Lösungen entgegenzuwirken, sammelt Gregersen in seinem „Brain­storming“ keine Antworten, sondern Fragen.

Der Hintergrundgedanke ist folgender: Wir sind es gewohnt, auf Fragen direkt eine Antwort zu liefern. Was die Grundannahme voraussetzt, dass die zu beantwortende Frage die beste ist, die gestellt werden kann. Zusätzlich wäre für eine gute Antwort ein umfassender Überblick über den Problemkontext wünschenswert, was selten der Fall ist. „Schnelle“ Antworten liefern meist nur Standardlösungen, die einen immer wieder ins Leere laufen lassen und damit Zeit verschwenden.

Gregersen lädt seine Teilnehmer dazu ein, in der ersten Phase des Ideenfindungsprozesses keine Antworten, sondern weiterführende Fragen zu liefern. Zuvor wird das Problem nur kurz (ca. zwei Minuten) erläutert, damit die Art der Fragen nicht durch lange Erklärungen eingeschränkt wird. Nur die wichtigsten Punkte sollten genannt werden sowie die Verbesserung, die sich durch die Lösung ergeben würde, und eine knappe Aussage dazu, warum das Problem noch nicht gelöst wurde.

Auch hier gibt es entscheidende Regeln:

1. Die Teilnehmer dürfen nur Fragen beisteuern (keine Lösungen, keine Antworten).

2. Es ist nicht gestattet, Fragen einzuleiten oder zu rechtfertigen.

3. Die Fragen dürfen nicht aggressiv gestellt werden oder dazu dienen, jemand anderen bloß­zustellen.

Das Vorgehen ist zunächst un­gewohnt und die Verführung ist groß, zu seiner eigenen Frage auch gleich die Antwort mitzuliefern. Deswegen fällt bei dieser Methode dem Moderator eine wesentliche Rolle zu. Der Zeitdruck – in vier Minuten sind 15 Fragen zu sammeln – unterstützt den Methodenverlauf zusätzlich und lässt kaum Zeit für erklärende Unterbrechungen.

In der nächsten Phase werden die Fragen herausgesucht, durch die sich eine nützliche Umdeutung ergibt und die neue Lösungsansätze aufzeigen. Interessant sind die Fragen, die vom üblichen Lösungsweg abweichen und eher unbequem daherkommen. Findet sich darauf eine gute Antwort, lohnt sich zumeist auch eine Umsetzung.

Um den Effekt der Sitzung festzuhalten, kann die Grundstimmung sowohl vor als auch nach der Sitzung in wenigen Worten verschriftlicht werden. Für die Lösungs- und Umsetzungsphase braucht es eine Menge Energie, vor allem sobald Unwägbarkeiten auftreten. Neue Ansätze, die sich aus dem „Fragenschwall“ ergeben, führen im besten Fall auch zu neuem Schwung, was die Methode besonders wertvoll macht.

Sollte die Teilnehmergruppe Startschwierigkeiten haben, kann es hilfreich sein, das Problem mit den Augen einer anderen Person zu sehen. Auch die Vorstellung der Fragetypen kann es einfacher machen, z. B. beschreibende Fragen (Was funktioniert? Was nicht?), spekulative Fragen (Was wäre wenn?) oder Wissensfragen.

Ausblick: Lösungs-Lust statt Problem-Frust

Die vorgestellten Methoden sind niederschwellig einsetzbar und machen aus Problem-Frust Lösungs-Lust. Fragen zu stellen, ist zwar ein typisch menschliches Verhalten, jedoch nichts, was uns leichtfällt. Auch wenn es heißt: „Wer nicht fragt bleibt dumm!“ geht die gesellschaftliche Konditionierung eher dahin, Antworten zu liefern. Schnell werden „Fragensteller“ als uninformiert, unselbstständig oder zu wenig taff abgetan. Vor allem von Führungskräften werden schnelle, saubere Lösungen er­wartet. Dabei wäre eine gekonnte Gegenfrage vielleicht das bessere Vorgehen, um die Kreativität des Gegenübers anzuzapfen. |

Anja Keck ist Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, Filialleiterin, Coach (DGfC) und Systemische Be­raterin, www.anjakeck.de

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