Arzneimittel und Therapie

Hormonmix statt Skalpell

Pharmakotherapie verringert Körpergewicht und verbessert Glucose-Toleranz

Wenn bei Patienten mit extremem Übergewicht alle anderen Therapieoptionen versagen, bleibt die Möglichkeit einer Magenbypass-Operation. Bei Patienten mit Diabetes verbessert der chirurgische Eingriff zudem die Stoffwechsellage. Britische Wissenschaftler fanden nun heraus, dass ein ähnlicher Effekt durch die Gabe bestimmter Peptidhormone erreicht werden kann.

Bei einem Roux-en-Y-Magenbypass (RYGB) wird das Magenvolumen verkleinert und der Dünndarm verkürzt. Dadurch kann weniger Nahrung aufgenommen werden, die dazu noch schlechter verdaut wird. Neuere Erkenntnisse belegen, dass nach der baria­trischen Operation zudem die postprandiale Ausschüttung bestimmter Peptidhormone im Darm erhöht ist: Die Hormone Glucagon-like-peptide 1 (GLP-1), Oxyntomodulin (OXM) und Peptid YY (PYY) sind an der Insulin-Sekretion beteiligt und regulieren das Sättigungsgefühl. Der Eingriff hat sich als effiziente Maßnahme gegen Adipositas und Diabetes mellitus Typ 2 erwiesen. Innerhalb von fünf Jahren werden Diabetes-Remissions­raten von bis zu 29% erreicht.

Wissenschaftler des Imperial College London untersuchten in einer einfachblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie bei fünfzehn übergewichtigen Patienten mit gestörter Glucose-Toleranz oder Diabetes den Effekt der drei Hormone GLP-1, OXM und PYY. Diese wurden mittels Infusionspumpe über vier Wochen verabreicht. Elf weitere Patienten wurden über den gleichen Zeitraum mit Kochsalzlösung behandelt. Zum Vergleich wurden außerdem 21 Patienten untersucht, die sich einer laparoskopischen Magenbypass-Operation unterzogen hatten, und 22 Patienten, die einer kalorienarmen Diät von 800 kcal am Tag folgten.

Die mittlere Gewichtsreduktion war in der RYBG-Gruppe mit 10,3 kg (8,8%) am höchsten, gefolgt von der Diätgruppe mit 8,3 kg (7,6%). Patienten der Hormongruppe nahmen im Mittel 4,4 kg (4%) ab, während Teilnehmer der Kochsalzgruppe nur 2,5 kg (2,0%) an Gewicht verloren. Als Maß für den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel bestimmten die Wissenschaftler die Fructosamin-Konzentration im Blut: Eine signifikante Reduktion wurde in allen Gruppen – außer der Kochsalzgruppe – beobachtet. Zudem waren bei den Patienten, die mit den Hormonen behandelt wurden, geringere Schwankungen der Glucose-Spiegel zu verzeichnen. Solch ein Effekt wurde in der RYGB-Gruppe nicht beobachtet. Vier Patienten erlitten nach der Operation jedoch Hypogklykämien mit Blutzuckerwerten von < 4 mmol/l, eine Nebenwirkung, die in der Hormongruppe nicht auftrat.

Eine Infusion der Hormone GLP-1, OXM und PYY kann zumindest einige der Effekte einer Magenbypass-Operation erzielen und zur Verbesserung der Stoffwechselsituation bei Patienten mit (Prä-)Diabetes beitragen. Die geringe Teilnehmerzahl und kurze Dauer der Studie limitieren jedoch ihre Aussagekraft, sodass weitere Untersuchungen erforderlich sind. |

Literatur

Behary P et al. Combined GLP-1, Oxyntomodulin, and Peptide YY Improves Body Weight and Glycemia in Obesity and Prediabetes/Type 2 Diabetes; A Randomized, Single-Blinded, Placebo-Controlled Study. Diabetes Care 2019;42(8):1446–1453

Ulrich Schreiber, MSc

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.