Arzneimittel und Therapie

Wildwuchs bei Kontraindikationen

Angaben in den Fachinformationen wirkstoffgleicher Psychopharmaka variieren

cst | Immer wieder führen Diskrepanzen zwischen den Fachinformationen wirkstoffgleicher Präparate zu Verwirrung. Erst kürzlich haben Lutz Muth und Professor Gerd Glaeske (s. DAZ 2019, Nr. 42, S. 27) das Problem am Fall einer Patientin mit Amisulprid-Verordnung näher erläutert. So ist in einigen Produktinformationen des Neuroleptikums der Hinweis auf die gelegentliche unerwünschte Arzneimittelwirkung „Osteoporose, Osteopenie“ zu finden – in anderen hingegen nicht. Und das kann Schwierigkeiten bereiten, wenn es um die Erstattung von Knochendichtemessungen geht.

Nun hat ein Forschungsteam des Universitätsklinikums Ulm in einer aktuellen Publikation die Fachinformationen von 941 Präparaten zu insgesamt 116 in Deutschland zugelassenen Psychopharmaka und Antiepileptika unter die Lupe genommen. Mit erschreckendem Ergebnis: „Bei 43 von diesen 78 Wirkstoffen (55,1%) fanden sich innerhalb der zugehörigen Fachinformationen wirkstoffgleicher Handelspräparate Unterschiede in der Anzahl der aufgeführten Kontraindikationen“, erklärt Erstautor Prof. Maximilian Gahr, Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III. Spitzenreiter waren Hypnotika und Sedativa (77,8 %), gefolgt von Anxiolytika (75,0 %) und Mitteln zur Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen (66,7 %). |

Literatur

Muth L, Glaeske G. Verwirrende Packungsbeilagen: Fehlende Informationen führen zu Verunsicherung. DAZ 2019, Nr. 42, S. 26

Gleicher Wirkstoff, andere Fachinformationen. Presseinformation des Universitätsklinikums Ulm vom 21. Oktober 2019. www.uniklinik-ulm.de

Gahr M et al. Unterschiedliche Anzahl von Kontraindikationen zwischen Fachinformationen wirkstoffgleicher Arzneimittel – eine Analyse von Daten aus Fachinformationen von neuropsychiatrischen Arzneimitteln. Fortschr Neurol Psychiatr 2019;87: 1–18

Gahr M et al. Wirkstoffgleiche Arzneimittel/Generika: Fachinformationen weisen erhebliche Unterschiede auf. Dtsch Arztebl 2019;116(17):A-840/B-692/C-680

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