Prisma

Als hätte man einen Kugelfisch verschluckt …

Hydrogelbälle als neuartige Darreichungsform

rr | Klein, aber oho: Kugelfische wirken aufgrund ihrer Größe zunächst harmlos. Doch bei Gefahr können sie sich aufblasen, um ihre Angreifer in die Flucht zu schlagen. Dieses Prinzip inspirierte zur Entwicklung einer Pille, die im Magen innerhalb von Minuten auf Ballongröße heranwächst.
Foto: MIT/Xinyue Liu, Shaoting Lin
Innerhalb von Minuten quillt die Tablette von ursprünglich ca. 1,5 cm auf einen Durchmesser von ca. 6 cm.

Die „Kugelfischpille“ wurde am Massachusetts Institute of Technology entwickelt: Als Material für den Kern wählten die Forscher Natriumpolyacrylat-Homopolymere, die unter Wasseraufnahme Gele zu bilden vermögen und z. B. als Absorbens in Windeln verwendet werden. Umhüllt wird das Ganze von einer dehnbaren Membran aus Polyvinylalkohol mit kleinen Poren, durch die Flüssigkeit eindringen kann. Die im Durchmesser 1 bis 1,5 cm große trockene Pille passiert nach dem Schlucken problemlos die Speiseröhre und quillt im Magen innerhalb von fünf bis zehn Minuten auf das 100-Fache ihrer ursprünglichen Größe (siehe Foto). Der so entstandene Hydrogelball kann dort länger als einen Monat wechselnden pH-Werten und kräftiger Peristaltik trotzen. Verschiedene Einsatzmöglichkeiten sind denkbar: So könnte man die Pille mit Sensoren oder Minikameras ausstatten, um die Magenfunktion zu überwachen, oder sie mit Arzneistoffen be­laden, die gezielt und kontinuierlich freigesetzt werden. Auch sind die ­gallertigen Ballons zur Behandlung von Übergewicht interessant, da sie zu einem schnellen Sättigungsgefühl führen.

Um bei der „Kugelfischpille“ die „Luft“ rauszulassen, wird Calciumchlorid – deutlich höher konzentriert als in Milch – eingenommen. Die Kationen binden an die Carboxylgruppen der Polyacrylsäure und zerstören das Gelgerüst innerhalb weniger Minuten. Der geschrumpfte Ballon kann wieder über den Gastrointestinaltrakt ausgeschieden werden. |

Quelle

Liu X et al. Ingestible hydrogel device. Nat Commun 2019;10(1):493

Pressemitteilung der Massachusetts Institute of Technology (MIT) vom 30. Januar 2019, http://news.mit.edu/2019/ingestible-expanding-pill-monitors-stomach-0130

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