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Management
Vom Wissensvermittler zum Problemlöser
Zusatzverkauf: Wie Sie die Hürde überwinden / Auch in schwierigen Zeiten die Kunden proaktiv ansprechen
Immer schon fachlich versiert. Immer schon am Wohle ihres Gegenübers interessiert. Und doch. Ihre Empfehlungen fielen nicht häufig auf fruchtbaren Boden und oft bekam sie ein „Ach wissen Sie, ich denke nochmal drüber nach“ oder „So was brauche ich nicht“ und alternativ schlicht ein „Nein“ als Reaktion auf ihre beratenden und verkäuferischen Hinweise. Was natürlich zur Folge hatte, dass, trotz hinlänglicher Frustrationstoleranz, die Tipps immer rarer, zurückhaltender und zaghafter wurden. Eine nach unten gerichtete „Zusatzverkaufs-Spirale“. Wie schade. Denn das intrinsische „Ich helfe“, „Ich unterstütze“, „Ich vermittele meinen Wissensschatz“ und „Ich möchte, dass mein Kunde zufrieden ist“ war damals mehr als deutlich spürbar.
Und wie ist die momentane Apothekensituation gerade grundsätzlich? In Schichten arbeiten, teilweise am Rande der Belastungsgrenze. Schutz der eigenen Gesundheit. Wohl der Kollegen und Kolleginnen. Rechte und Pflichten als Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Menschlich sein. Und bleiben. Den Humor nicht verlieren. Gegenseitiger Respekt. Wohlwollen. Wir alle tun unser Bestes. Mit den besten uns zur Verfügung stehenden Mitteln. Und sind im alltäglichen Geschehen in unserer Apotheke immer noch die Profis. Diejenigen, die die fachliche Expertise haben. Dafür dürfen und müssen wir uns in diesen Tagen ganz besonders erst einmal selbst anerkennen. Und wertschätzen. (Das können wir meines Erachtens auch nicht häufig genug tun. Virtuelles High five an dieser Stelle!)
Und zu dieser Expertise gehört der Zusatzverkauf. Durch den Zusatzverkauf, beziehungsweise das Angebot eines solchen, wird unser Beratungsauftrag erst komplett. Denn auch wenn vieles an Wissen mittlerweile in Sekundenschnelle abrufbar ist – die Bewertung der gelesenen, teils Pseudo-Fakten, bereitet dem so basisinformierten Laien doch immer wieder (teils unbewusste) Schwierigkeiten. Und nicht nur die Bewertung. Auch die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen liegen nicht direkt auf der Hand. Da dürfen wir uns dann durchaus erlauben, zusätzlich informierend, fragend, beratend, verkaufend, unterstützend tätig zu werden.
Für mich stellen sich hiermit zwei Fragen. Erstens: Wie kann es dann sein, dass wir (wie eingangs beschrieben) eben doch gelegentlich sehr zurückhaltend sind mit unserem Expertenwissen? Und zweitens: Wie schaffen wir es, dies Wissen zu vermitteln, ohne den „Klugschieter-“ oder gar den „Anhauen-Umhauen-Abhauen“–Eindruck zu erwecken?
Bleiben wir direkt bei der Beantwortung der Frage Nummer zwei. WISSEN zu vermitteln und Wissen zu VERMITTELN ist meines Erachtens nicht das Gleiche. Gehen wir her und dozieren unser Wissen (am besten noch unter Verwendung fachspezifischer Ausdrücke), so kann seitens unserer Kunden sehr schnell der Eindruck entstehen, dass es hier verstärkt um das Fach-Wissen und nicht um ihn, den Menschen geht, der gerade vor uns steht. Mehr das Symptom, den arzneimittelwissenschaftlichen Kontext berücksichtigend. Unemotional. Liegt der Schwerpunkt dagegen auf der Vermittlung, der Weitergabe, dem Wissenstransfer getragen durch eine personenbezogene, individuelle und empathische Ausdrucksform, so spüren nicht nur wir einen signifikanten Unterschied.
Beispiel Asthmapatient
Ein Beispiel in COVID-19-Zeiten: Ihr Kunde überreicht Ihnen ein Rezept mit Asthmaspray und Sie erlauben sich, proaktiv die Hürde zu nehmen, und stellen die Frage, wie gut er denn (laut Arzt) eingestellt ist. Sie bekommen ein „super“ zurück und können so, weiter proaktiv agierend, darauf hinweisen, dass es eine gute Gelegenheit sei, diese Zeit zu nutzen und mögliche Mangelzustände auf Nahrungsergänzungs-/und Mikronährstoffebene auszugleichen. Daher ist es durchaus seriös zu fragen: „Wie wäre es, wenn Sie ab heute Ihr Immunsystem mit der Einnahme von XY unterstützen?“ Diese hypnotische Formulierung „Wie wäre es, wenn ...“ ermöglicht es dem so Gefragten, in sich auf die Suche nach der Antwort zu gehen. „Ja, wie wäre es, wenn ich ...“ – so ist der Gedankengang. Innerlich. Und die aufgefundene Antwort kommt dann von ganz innen. „Ach, das ist ja interessant, das habe ich schon zu Hause“, „Stimmt, könnte ich nehmen“, „Ne, fände ich nicht so gut“. Wie auch immer die Antwort lautet, Sie wissen dann, wo die Reise hingeht.
Kleine Anmerkung am Rande. Diese Fragetechnik ist eine für unsere Apothekenwelt sehr ungewöhnliche. Enthält sie doch einen Konjunktiv („wäre“) in Kombination mit einer Frage an den Kunden. Wo uns doch oftmals in Kommunikationstrainings nahegelegt wird, niemals Konjunktive zu verwenden. Und wir darüber hinaus gewohnt sind, aus unserer fachlich geschulten Beratersicht Empfehlungen zur Arzneimitteleinnahme zu geben und nicht danach zu fragen. Ja. Indikativ immer in der Empfehlung. Hier allerdings sind wir in der Überleitung zur Empfehlung. In einer anderen Phase der umfassenden Beratung. In der Phase, die Leitlinie und Therapieergänzung/Zusatzverkauf verbindet. Hier gelten andere Spielregeln. Abgesehen davon, dass jeder von uns sowieso Formulierungen verwendet, die sich authentisch und stimmig anfühlen (müssen und dürfen), ist eine ganz bewusste Trennung der Phasen einerseits extrem hilfreich und eine der entsprechenden Philosophie des Verkaufs angepasste Technik andererseits äußerst erfolgreich. Den Konjunktiv setzen Sie in diesem Falle bewusst als Stilmittel ein. Um die innere Suche nach einer aufschlussreichen Antwort möglich zu machen. Die Antwort so vom Kunden zu bekommen ist einer der besten Beweise, dass Sie gerade verkäuferisch ganz stark unterwegs sind. Sie ermitteln so das Bedürfnis und wechseln damit perspektivisch die Seite, werden vom Wissensvermittler zum Problemlöser. Vom Besserwisser sind wir hier meiner Meinung nach meilenweit entfernt.
Angst vor dem Aufschwatzen
Widmen wir uns nun Frage Nummer eins und den Geschehnissen, die dem Strahlen der Kollegin vorangegangen sind. Irgendetwas hielt sie davon ab, in die Überleitung zur Phase des Zusatzverkaufes, der Therapieergänzung zu kommen. In ihrem Falle war es das Gefühl, dem Kunden etwas aufzuschwatzen. Ihm etwas Überflüssiges anzubieten. Und das völlig losgelöst und unabhängig von vorhandenen Techniken. (So mächtig kann das Unterbewusste sein, dass es uns schlicht und ergreifend ausbremst in dem, was wir tun wollen.) Allein die Tatsache, dies anzusprechen, bedeutete schon Veränderung. Der Kollegin wurde so bewusst, dass sie damit eine Entscheidung (ihre eigene) vorab trifft. Damit greift sie der Entscheidung des Kunden vor. Und macht diese nicht mehr möglich. Damit, so erkannte sie, sabotiert sie zeitgleich ihr eigenes Streben nach bestmöglicher umfassender Beratung. Eine anschließende Überlegung, inwieweit sie ein Problem mit dem Preis des angebotenen Präparats hat, brachte dann den Durchbruch. Mental gestärkt, das Herz am rechten Fleck und guten Mutes war sie in der Lage, die vormals scheinbar unüberwindbare Hürde der Überleitung zu nehmen. Und siehe da, im ersten Anlauf bekam sie so ein schönes Feedback. Davon mehr bitte.
Dieses uns gelegentlich abhaltende „Irgendetwas“ in uns zu erforschen und aufzulösen, bewusst kombiniert mit zuträglichen Techniken, macht eine andere Begegnungsebene mit unserem Kunden möglich. Wir sind in der Lage, unser Fachwissen auf bester Herzfrequenz zu transportieren. Und das kommt an – und als Anerkennung und Dankbarkeit zurück. Das ist purer Energiegewinn! Fühlt sich großartig an. Der trägt uns durch diese besondere Zeit. Setzt Zeichen. Zusatz-Zeichen im Verkaufen mit Herz für ein gesundes Miteinander.
In diesem Sinne, fühlen Sie sich getragen, wertgeschätzt und bleiben Sie gesund!
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