Gesundheitspolitik

Rabattverträge ja, Exklusivität nein

Unionsfraktion: Arzneimittel sollen zukünftig zum Teil in der EU produziert werden

bro | Seit Beginn der Corona-Krise hat die Diskussion rund um die Arzneimittellieferengpässe, die sich auch davor schon zugespitzt hatte, noch weiter an Fahrt aufgenommen. Ein Kritikpunkt: die Abhängigkeit von anderen, zumeist asiatischen Ländern. Dr. Georg Nüßlein, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Unionsfraktion, fordert nun, dass exklusive Arzneimittel-Rabattverträge verboten werden sollten und ein Teil der Rabattarzneimittel künftig in der EU produziert werden müsse.

Nicht nur Produktionsausfälle und Lieferschwierigkeiten in Ländern wie China oder Indien führten in Anbetracht der Corona-Pandemie schon Anfang des Jahres zur Kritik am Rabattvertragssystem hierzulande. Auch die Kontaktsperren in manchen Bundesländern und das allgemeine Infektionsrisiko warfen immer wieder die Frage auf: Warum sollen Menschen mehrfach in die Apotheke kommen, nur weil diese das jeweilige Rabattarzneimittel gerade nicht vorrätig hat? In Nordrhein-West­falen und Hamburg wurden daher schnell erste Vereinbarungen mit Krankenkassen geschlossen, in denen die Rabattverträge eingeschränkt wurden. Es folgten wei­tere Kassen und schließlich eine vorübergehende Änderung des gesamten Rahmenvertrages zwischen den Apothekern und Kassen auf Bundesebene.

Engpässe durch Exklusivverträge

In einer Pressemitteilung hat sich in der vergangenen Woche die Unionsfraktion im Bundestag zu diesem Thema geäußert. Der für alle Gesundheitsthemen zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dr. Georg Nüßlein (CSU) erklärt in der Mitteilung, eine ­„Facette“ der Krise sei, dass Medikamente knapp werden. Und weiter: „Dies liegt daran, dass ein ­beträchtlicher Teil an Wirkstoffen und lebenswichtigen Arzneimitteln wie etwa Antibiotika in Asien produziert werden. Dort sind die Produktionsbedingungen vielfach schlecht und die Umweltverschmutzung hoch. Ideale Bedingungen für die Entstehung multiresistenter Keime.“

Die aktuelle Praxis, einen Rabattvertrag für ein Arzneimittel ausschließlich mit einem Hersteller zu schließen, so Nüßlein, münde in Lieferengpässen, wenn dieser eine Her­steller nicht liefern kann. Der CSU-Politiker fordert deshalb: ­„Rabattverträge sollten daher mit mindestens zwei Herstellern geschlossen werden. Außerdem muss in Zukunft mindestens ein Hersteller, der lückenlos eine europäische Lieferkette nachweisen kann, einen Zuschlag für einen Rabattvertrag erhalten.“

Erst vor Kurzem war das Thema im Bundestag besprochen worden. Mitte Februar hatte das Parlament das GKV-Faire-Kassenwettbewerbgesetz (GKV-FKG) beschlossen, das auch mehrere Passagen enthält, mit denen die Lieferbarkeit von Arzneimitteln verbessert werden soll. Konkret dürfen Apotheker in Engpass-Situationen jetzt auch vergleichbare, nicht rabattierte Arzneimittel abgeben. Ist das verfügbare vergleichbare Arzneimittel teurer als der Festbetrag, trägt nicht der Versicherte die Mehrkosten, sondern die Krankenkasse. Damit ist in der Apotheke in diesem Fall auch der Preisanker kein Thema mehr. Allerdings bleibt der Vorbehalt rahmenvertraglicher Detailregelungen.

An den Exklusivverträgen wurde nicht gerüttelt, obwohl die Union in einem Positionspapier weitgehende Änderungen forderte. Doch die SPD sowie Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU) stellten sich quer und sehen Rabattverträge nicht als Ursache für Lieferengpässe. |

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