Gesundheitspolitik

Kommentar: Kuschelkurs trotz Kontaktverbot

 Armin Edalat

Dass Gesundheitsminister Jens Spahn in seinem Video-Format „Zusammen gegen Corona“ am vergangenen Donnerstag aus­gerechnet auf Gabriele Regina Overwiening stieß, hatte schon im Vorfeld für Irritationen gesorgt. Kam die Kammerpräsidentin aus Westfalen-Lippe nur in die engere Auswahl, weil sie eine Alternative zur seit ­Jahren bestehenden ABDA-Triga der Herren Schmidt, Kiefer und ­Becker darstellt? Oder sieht Spahn in ihr schon die nächste ­ABDA-Präsidentin, weil bis ­Ende des Jahres niemand mehr sonst Ambitionen ankündigen wird? Vielleicht zählte auch der gemeinsame Lokalpatriotismus: Die Anruferin aus Paderborn, so Spahn, sei nicht aus NRW, sondern aus Ostwestfalen. In dem Moment werden sicher nicht wenige Zuschauer ihren Weltatlas aufgeschlagen haben, um zu überprüfen, ob es plötzlich 17 Bundesländer gibt und ob Städte wie Bielefeld oder Paderborn tatsächlich existieren. Verpassen konnten sie ab dem Zeitpunkt nichts. Denn unbeantwortet blieben wichtige ­Fragen: Dürfen die Apotheken auch nach der Krise Desinfektionsmittel unbürokratisch herstellen? Können Patienten auch weiterhin bei Lieferengpässen abseits der Rabattverträge unkompliziert versorgt werden? Wird es auch zukünftig Vergütungen für wichtige Leistungen wie Botendienste geben? Spahn ließ sich nicht festlegen, sondern als „Krisenminister“ feiern. Doch die Apotheker als „stille Truppe“, wie sie der Moderator ankündigte, sollten besser nicht zu leise werden im ­Kuschelkurs mit dem Minister, der durch seine Reform an einem der Grundpfeiler des Apothekenwesens – der Gleichpreisigkeit bei Rx-Arzneimitteln – ­gerade kräftig rüttelt.

Dr. Armin Edalat, Chefredaktion der AZ

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