Gesundheitspolitik

Comeback für das Rx-Versandverbot?

CSU-Abgeordnete wollen Vor-Ort-Apotheken stärken / Maag denkt auch an nationale Lösung

cha | Seit dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 sind die Vor-Ort-Apotheken schutzlos der Konkurrenz der EU-Versender ausgesetzt, die mit massiven Werbeaufwendungen und absurden Rabatten die Kunden zum Einlösen ihrer Rezepte animieren. Doch Gesundheits­minister Jens Spahn weigert sich beharrlich, das im Koalitionsvertrag vereinbarte Rx-Versandverbot umzusetzen, und will stattdessen mit dem Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) die Rx-Boni im Sozialrecht verbieten. Aber nun könnte es zu einem Comeback des Rx-Versandverbots kommen: Die CSU-Abgeordneten Emmi Zeulner und Wolfgang Stefinger haben einen neuen Vorstoß gestartet. Anders als Spahn, der stets behauptet, dass das Rx-Versandverbot europarechtlich nicht haltbar sei, sehen die beiden Abgeordneten gute Chancen, dass ein entsprechendes Gesetz vor dem EuGH bestehen könnte. Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion Karin Maag hält das Rx-Versandverbot für einen möglichen Weg, um das Problem der Rx-Boni zeitnah zu lösen.

Wenn es um ihre Existenzsicherung geht, können die Apotheker auf die CSU bauen. Schon kurz nach dem EuGH-Urteil vom 16. Oktober 2016 startete die Bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml eine Bundesratsinitiative zur Einführung des Rx-Versandverbots. Seither ist die CSU nicht von dieser Forderung abgerückt, weiß sie doch, wie wichtig die flächendeckende Apothekenversorgung gerade im ländlichen Raum ist. Nun haben zwei CSU-Bundestagsabgeordnete das Rx-Versandverbot erneut ins Gespräch gebracht. Emmi Zeulner und Wolfgang Stefinger fordern im Münchner Merkur: Wenn die Arzneimittel-Preise nicht mit milderen Mitteln angeglichen werden könnten, müsse der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medi­kamenten verboten werden.

Foto: imago images / Thiel

Emmi Zeulner Was nützt der Mama mit krankem Kind am Wochenende die Online-Apotheke?

Zwar sei, so Zeulner, der Internet-Handel gerade in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und Infek­tionsangst sehr gefragt, doch: „Bei allen Vorteilen einer digitalen und vernetzten Welt bringt es der Mama mit dem kranken Kind am Wochenende nichts, dass irgendwo eine Online-Apotheke sitzt, die mit Rabatten lockt.“ Da brauche man gerade auch auf dem Land die Apotheke vor Ort. Zeulner erinnert zudem an die Verdienste der Vor-Ort-Apotheken in der Corona-Krise: Sie hätten „in kürzester Zeit Desinfektionsmittel hergestellt (...) und zu jeder Zeit die Versorgung der Patienten sichergestellt“.

Zeulner und Stefinger ist bewusst, dass das Rx-Versandverbot vor dem Europäischen Gerichtshof landen könnte. Doch sie fordern, es notfalls darauf ankommen zu lassen, und sind zuversichtlich, dass ein entsprechendes Gesetz durchaus vor Gericht standhalten könnte. Schließlich gebe es juristische Gutachten, u. a. vom ehemaligen Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio, die dafür gute Chancen sähen.

Maag will eine Lösung noch in dieser Legislaturperiode

Aber nicht nur bei der CSU, auch bei der CDU gibt es Unterstützer des Rx-Versandverbots. So forderte erst kürzlich der Gesundheits­experte Georg Kippels dessen Einführung für den Fall, dass die EU-Kommission das geplante Rx-Boni-Verbot kippen wolle. Ähnlich sieht es die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion Karin Maag. Auf Nachfrage von DAZ.online stellte sie klar, dass sie und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die zeitnah anstehenden Gespräche mit dem Binnenmarktkommissar Thierry Breton abwarten wollten. Auch sollten die Ergebnisse des vom BMG beim IGES Institut beauftragten Gutachtens zur Rx-Preisbindung in die Diskussionen einfließen.

Grenzenlos ist die Geduld der CDU-Gesundheitsexpertin jedoch wohl nicht. Maag wörtlich: „Erhalten wir aus Brüssel allerdings kein zeitnahes Signal, werde ich mich dafür einsetzen, dass wir auf nationaler Ebene und noch in dieser Legislaturperiode gesetz­geberisch tätig werden. Dann gäbe es für mich zwei Wege: entweder das vom BMG favorisierte Rx-Boni-Verbot oder das Rx-Versandhandelsverbot.“

ABDA setzt weiterhin auf Spahns Rx-Boni-Verbot

Bei der ABDA-Spitze setzt man dagegen immer noch auf das von Spahn geplante Rx-Boni-Verbot. So stellte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt bei der Pressekonferenz zum „Tag der Apotheke“ auf Nachfrage von DAZ.online klar, dass die ABDA das VOASG „vorbehaltlos und weiter mit aller Kraft“ unterstütze. Zu den Äußerungen der Unions­politiker sagte er: „Dass das Rx-Versandverbot als Alternative dargestellt wird, ist auch richtig. Es ist auch die einzig denkbare Alternative. Allerdings ist weiterhin offen, ob es realisierbar ist.“ |

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1 Kommentar

Unerträglich

von Dirk Krüger am 09.06.2020 um 8:46 Uhr

Dass unser "oberster Apotheker" Friedemann Schmidt das von Spahn verfolgte RX-Boniverbot im SGB V dem Rx-Versandverbot als einzig möglichem Instrument zur Preisbindung auch der privat verordneten Rx-Arzneimittel den Vorzug gibt und letzters nur als "zweite Wahl" darstellt, ist unerträglich. Die Unionsfraktion im Bundestag ist da viel weiter - und erfährt von unserer "Berufsvertretung" keine Unterstützung - unfassbar ! Schmidt fügt dem Berufsstand erheblichen irreparablen Schaden zu. Er gefährdet die Existenz der deutschen Apotheken und damit die flächendeckende, zeitnahe und kompetente Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und pharmazeutischen Dienstleistungen durch den Heilberufler Apotheker mit seinen zu Recht gesetzlich vorgegebenen Pflichten.
Schmidt muss weg - sofort !!!

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