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Gesundheitspolitik
Zwischen Preisfreigabe und Rx-Versandverbot
Spahn: Neues Gutachten in Auftrag gegeben / Kippels: Rx-Versandverbot falls kein Boniverbot
cha | Das neue Jahr hat in Sachen Apothekenreform mit einem Paukenschlag begonnen. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bereits im November 2019 das IGES Institut in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) damit beauftragt, ein ökonomisches Gutachten zum Apothekenmarkt zu erstellen. Dieses soll sich laut einer Mitteilung des BMG „mit den möglichen Auswirkungen einer partiellen oder vollständigen Aufgabe der Preisbindung bzw. der Gewährung von Boni bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln“ befassen. Stellt sich die Frage, welche Zielsetzung das Ministerium mit dem Gutachten verfolgt. Soll damit, wie das BMG behauptet, wirklich die Preisbindung verteidigt – oder eher eine Freigabe begründet werden? Der CDU-Gesundheitspolitiker Dr. Georg Kippels hat jedenfalls klargestellt, dass Boni in seiner Fraktion nicht kompromissfähig seien. Er werde sich mit der AG Gesundheit ggf. für eine Rückkehr zum Rx-Versandverbot einsetzen.
Bekanntlich geht beim Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken, mit dem Bundesgesundheitsminister Spahn das Rx-Boni-Verbot für EU-Versender im Sozialrecht festschreiben will, derzeit nichts voran. Die Regierung wartet immer noch auf die Stellungnahme der EU-Kommission, und erst wenn diese ein positives Votum abgegeben hat, soll das Gesetzgebungsverfahren fortgeführt werden.
Doch beim BMG ist man offenbar schon einen Schritt weiter. Wie erst jetzt bekannt wurde, wird derzeit im Auftrag des Ministeriums beim IGES-Institut und dem DIW ein Gutachten darüber erstellt, wie sich eine Freigabe der Rx-Preisbindung auf den Apothekenmarkt auswirken würde. Bei den Apothekern dürften dabei alle Alarmglocken schrillen. Denn schließlich ist noch in allzu (un-)guter Erinnerung, dass Minister Spahn Ende 2018 den EU-Versendern das Gewähren von Rx-Boni in Höhe von 2,50 Euro erlauben wollte. Erst auf den erbitterten Widerstand sowohl der Apotheker als auch aus Kreisen der Union hin gab Spahn diese Pläne auf und schlug dann vor, die Rx-Boni zumindest für den GKV-Bereich im Sozialrecht zu verbieten.
BMG: Gutachten soll Vor-Ort-Apothekengesetz stützen
Vor diesem Hintergrund liegt die Befürchtung nahe, dass Spahn sich mit dem Gutachten Rückendeckung holen will, um bei einer ablehnenden Stellungnahme der EU-Kommission doch noch den EU-Versendern begrenzte Rx-Boni zu erlauben. Doch das Ministerium sieht das ganz anders. Gegenüber DAZ.online betonte Pressesprecher Hanno Kautz, dass das Gutachten der Verteidigung der Rx-Preisbindung dienen solle. „Das beauftragte Gutachten zur Bedeutung der Preisbindung für den Apothekenmarkt und für das gesamte Gesundheitswesen in Deutschland unterstützt die Gesetzesinitiative von BM Spahn mit empirischen Daten“, so Kautz wörtlich.
Auch bei der ABDA gibt man sich ob dieser jüngsten Entwicklung recht gelassen. Zwar sei die Standesvertretung nicht involviert gewesen, erklärte ein Sprecher gegenüber DAZ.online. „Aber das BMG hatte ja schon im Herbst signalisiert, die mit dem Kabinettsbeschluss zum Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz eingeschlagene politische Linie bei Bedarf auch durch weitere Daten bzw. Untersuchungen stützen zu wollen. Insofern ist die Vergabe eines Gutachtens nur konsequent“, so der ABDA-Sprecher.
Beruhigend dürfte zudem sein, dass es bei den Unions-Gesundheitspolitikern offenbar wenig Begeisterung für Rx-Boni gibt. Ganz klar äußerte sich dazu der CDU-Bundestagsabgeordnete und Mitglied des Ausschusses für Gesundheit Dr. Georg Kippels beim Neujahrsempfang des Apothekerverbandes Köln e. V.: Falls die EU-Kommission das von Spahn geplante Rx-Boni-Verbot ablehne, werde er sich mit der AG Gesundheit der Unionsfraktion für die Einführung des Rx-Versandverbotes einsetzen. Kippels wörtlich: „Wenn es keine Einsicht in der EU gäbe, werden wir versuchen, eine Mehrheit in der Fraktion dafür zu sichern.“ Darüber hinaus wies er laut Pressemeldung darauf hin, dass Boni in der Unionsfraktion nicht kompromissfähig seien. |
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