Gesundheitspolitik

Bundestag beschließt VOASG

Opposition schießt gegen Boni-Verbot im SGB V / SPD erwartet letztes Wort vom EuGH

ks | Es ist so weit: Der Bundestag hat am vergangenen Donnerstagabend mit den Stimmen der Regierungsfraktionen das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) beschlossen. Tags zuvor hatte der Gesundheitsausschuss des Bundestages seine Beschlussempfehlungen und seinen Bericht zum Gesetzentwurf verabschiedet. Mitsamt sechs Änderungsanträgen, die vor allem überholte Regelungen streichen, aber auch neue einbringen – Stichwort Botendienste und Transportanforderungen für EU-Versender. Bei der Debatte im Bundestag bestand bei den Abgeordneten aller Fraktionen in einem Punkt Einigkeit: Die Vor-Ort-Apotheken sind ein wesentlicher und unverzichtbarer Baustein unserer Gesundheitsversorgung und sie hätten gerade in der Pandemie gezeigt, dass man sich auf sie verlassen kann. Doch die neue Regelung im Sozialgesetzbuch V, die EU-Versender an die deutschen Rx-Festpreise binden soll, überzeugt nicht jeden – die Opposition nicht und auch die SPD hält sie für einen Wackelkandidaten.

Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, ging in der Plenardebatte nochmals auf das Rx-Versandverbot ein, das sich die Apotheker sowie viele ihrer Kollegen und auch sie selbst gewünscht hätten. „Aber wir müssen uns auf das beschränken was europarechtlich möglich ist“, erklärte sie. Und das sei der nun gewählte Weg der Gleichpreisigkeit. Zwar könnten Privatversicherte theoretisch weiterhin Rx-Boni von EU-Versendern erhalten. Aber da ihre privaten Versicherer nur den tatsächlich verauslagten Preis zahlten, hätten sie selbst keine monetären Vorteile davon. Der ABDA sei sie „dankbar“, dass sie in der Anhörung zugestimmt habe, dass es keine tragfähigere Lösung zur Einbindung der PKV-Versicherten gegeben hätte.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, erklärte hingegen, dass das VOASG wohl nur einen „einstweiligen Schlussstrich“ unter die seit vier Jahren geführten Diskussionen rund um das Versandhandelsverbot und die Gleichpreisigkeit setzen wird. Was die jetzt beschlossene Lösung betrifft, habe die EU-Kommission kein klares Signal gegeben, aber auch nicht deutlich „nein“ gesagt. Dittmar geht davon aus, dass auch hier der EuGH das letzte Wort haben wird. Die SPD-Abgeordnete erklärte weiterhin, warum der zunächst vorgesehene Änderungsantrag zur Par­enteralia-Versorgung herausgefallen ist: Auch auf Nachfrage hätten keine strukturellen Versorgungsprobleme nachgewiesen werden können. Sollte in Zukunft doch ein Versorgungsengpass auftreten, würden die dann nötigen Änderungen auf den Weg gebracht.

Pilsinger: kontrollieren und sanktionieren

Foto: Deutscher Bundestag/Achim Melde

Stephan Pilsinger, CSU:Verstöße der EU-Versender gegen Transportbedingungen sanktionieren.

Der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger hob auf den zuletzt noch eingebrachten Änderungsantrag ab, der sicherstellen soll, dass sich auch EU-Versender künftig an die deutschen Versandregeln halten – insbesondere an die Temperaturanforderungen. Es müsse Schluss damit sein, dass sich EU-Versender diesen Vorgaben bisher ent­ziehen konnten. Nun müssten sie nachweisen, dass sie diese Transportbedingungen einhalten. Pilsinger forderte, dass die neuen Regelungen künftig auch durchgesetzt und kontrolliert, sowie Verstöße sanktioniert werden.

Diese Regelung begrüßt sogar die FDP-Fraktion – ebenso wie die verstetigte Botendienstvergütung. Ansonsten ließ deren gesundheitspolitische Sprecherin Christine Aschenberg-Dugnus kein gutes Haar am VOASG: Die Gleichpreisigkeit im Sozialgesetzbuch V zu verankern, sei ein durchschaubarer Trick, der allein dazu diene, die EuGH-Rechtsprechung zu umgehen. Sehenden Auges steuere man damit auf Vertragsverletzungsverfahren zu. So sieht es auch Kordula Schulz-Asche von den Grünen: „Ich bin mir sicher, dass sich der EuGH nicht so leicht hinter die Fichte führen lässt.“

Harald Weinberg von der Linksfraktion, die ihrerseits einen Antrag für ein Rx-Versandverbot eingebracht hatte, verwies auf die vielen Fürsprecher dieses Weges, in den Ländern und auch der Union. Wirklich gleich lange Spieße zwischen Apotheken und EU-Versendern ließen sich nur so, nicht aber durch das sozialrechtliche Boni-Verbot erreichen, da hier Selbstzahler und Privatversicherte außen vor blieben. Das VOASG ist für ihn daher eine „Mogelpackung“. Woher der Sinneswandel in der Regierungskoalition kommt – schließlich stand das Rx-Versandverbot sogar im Koalitionsvertrag –, kann sich Weinberg durchaus denken. Er erinnerte an Parteiveranstaltungen, die von DocMorris finanziert wurden. Und er verwies auch auf die Masken mit DocMorris-­Logo, mit dem die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz kürzlich bei der Jungen Union auftraten – „ein Schelm, wer Böses dabei denkt“. |

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