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Management
Flexible Arbeitszeiten
Was ist in der Apotheke möglich?
Studien zeigen, dass sich nicht nur Frauen, sondern auch immer mehr Männer flexiblere Arbeitszeiten wünschen, um Arbeits- und Privatleben besser vereinbaren zu können. Bei Befragungen von Auszubildenden und Hochschulabsolventen ist eine flexible Arbeitszeitgestaltung bei der Berufswahl für viele sogar wichtiger als das Gehalt oder die Karrieremöglichkeiten. Ohne flexible Arbeitszeitmodelle werden besonders kleinere Unternehmen wie Apotheken im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte langfristig nicht bestehen können.
Der typische Achtstundentag mit festgelegten Arbeitszeiten gehört zu den Errungenschaften der frühen Arbeiterbewegung. Doch was damals revolutionär klang, ist inzwischen nicht mehr zeitgemäß. Die Welt hat sich in den vergangenen 200 Jahren ziemlich verändert. Dazu gehören der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft und die Digitalisierung. Auch wenn die langen Öffnungszeiten von Apotheken auf den ersten Blick feste Arbeitszeiten erfordern, gibt es selbst für kleinere Betriebe verschiedene, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Arbeitszeitmodelle.
Gutes Personalmanagement beginnt bei der richtigen Einsatzplanung. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten kommt Arbeitnehmern wie Arbeitgebern zugute und trägt nicht nur dazu bei, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wesentlich zu verbessern. Über 80 Prozent der Angestellten, die freier über ihre Arbeitszeiten verfügen und auch mal ein paar Tage oder Stunden freinehmen können, sind laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz zufriedener und leistungsfähiger.
Besonders bei einer in Apotheken üblichen Teilzeitstelle gibt es diverse Möglichkeiten, die festgelegte Stundenzahl zu verteilen. Neben der klassischen Halbtagsarbeit kann es für manche sinnvoller sein, einige ganze Wochentage in Vollzeit zu arbeiten. Darüber hinaus bietet eine Zeiterfassung durch Arbeitszeitkonten eine unkomplizierte Möglichkeit, die Wochenstunden individuell zu verteilen: Trotz vertraglich reduzierter Arbeitszeit kann dann bei Bedarf z. B. im Urlaubs- oder Krankheitsfall eines Kollegen auch Vollzeit gearbeitet werden. Die geleisteten „Überstunden“ werden auf einem Zeitkonto angespart und können beispielsweise für eine geplante Auszeit oder für zusätzliche freie Tage genutzt werden. Insbesondere für Fach- und Führungskräfte bietet sich zudem das Jobsharing an, bei dem sich zwei Beschäftigte zeitlich und/oder inhaltlich eine Vollzeitstelle teilen. Klingt zu kompliziert? Ist es aber gar nicht. Voraussetzungen für den Erfolg flexibler Arbeitszeitmodelle sind eine vertrauensvolle Abstimmung sowie ein zuverlässiger und stetiger Informationsaustausch im Team.
Kreativität ist gefragt
Laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens IFH in Köln arbeiten 60 Prozent aller Mitarbeiter in deutschen Apotheken in Teilzeit – Approbierte, PTA und PKA. Für den laufenden Betrieb kann das schnell zur Herausforderung werden: So herrscht in der Apotheke meist zur Mittagszeit und am späteren Nachmittag Hochbetrieb. Zu dieser Zeit müssen Eltern schulpflichtiger Kinder aber häufig schon zu Hause sein. Mit dem richtigen Personalmanagement kann man die Arbeitszeiten der Mitarbeiter jedoch individuell jonglieren und so für mehr Zufriedenheit, Motivation und Leistungsbereitschaft aller Beschäftigten sorgen. Für eine gute Einsatzplanung sollte immer das gesamte Team mit eingebunden werden, damit individuelle Bedürfnisse beachtet werden können. Anstatt beispielsweise Beschäftigte mit Kindern jeden Tag von 8 bis 12 Uhr einzuteilen, lohnt es sich, genauer nachzufragen, ob nicht manchmal noch die Mittagspause der Kollegen abgedeckt werden kann oder sogar eine Spätschicht pro Woche möglich wäre.
Mit dem richtigen Personalmanagement kann man für mehr Zufriedenheit, Motivation und Leistungsbereitschaft aller Beschäftigten sorgen.
Dafür bekommen dann diejenigen Mitarbeiter ohne familiäre Verpflichtungen einen verlässlichen Tag frei pro Woche und beide Seiten profitieren.
Immer beliebter wird ein innovatives Gleitzeitmodell mit genauer Zeiterfassung, bei dem die Anwesenheitszeiten der Mitarbeiter an die jeweiligen Kundenströme angepasst werden können: So sind bei hoher Auslastung idealerweise alle diensthabenden Kollegen im Haus. Zwischen den Auslastungsspitzen haben die Mitarbeiter jedoch – natürlich nach Absprache mit dem Team – die Möglichkeit, ab und zu Termine wahrzunehmen, Einkäufe zu erledigen oder die Kinder von der Schule abzuholen. Mitarbeiter können dadurch ihren Tag wesentlich flexibler gestalten und dennoch ist zur anstrengenden Rushhour in der Apotheke immer ausreichend Personal präsent. Mehr Struktur hierfür können Arbeitszeitkonten geben, mit denen die genauen Einsatzzeiten und individuellen Leistungen der Mitarbeiter transparent für alle bleiben. Diejenigen Mitarbeiter, die regelmäßig die Stellung halten oder oft unattraktivere Schichten wie Wochenend- oder Notdienste übernehmen, können als Ausgleich einen zusätzlichen freien Tag oder auch mal ein verlängertes Wochenende erhalten.
Einige Apotheken arbeiten bereits erfolgreich nach dem Konzept der sogenannten Vertrauensarbeitszeit. Die Mitarbeiter notieren dabei ihre Arbeitszeiten selbstständig auf dem Arbeitsplan bzw. dokumentieren ihr Kommen und Gehen über ein Zeiterfassungssystem. Der Dienstplan wird häufig unter den Kollegen im Team selbst erstellt. Ein oder zwei Mitarbeiter sollten dafür verantwortlich sein, dass zu jeder Zeit ausreichend Personal mit der entsprechenden Qualifikation zur Verfügung steht. Plusstunden werden idealerweise durch Freizeit ausgeglichen und Minusstunden so zeitnah wie möglich nachgeholt.
Jobsharing für Organisationstalente
Ein weiteres aktuell an Relevanz gewinnendes Modell ist das sogenannte Jobsharing. Dabei teilen sich zwei Mitarbeiter die Tätigkeiten und Verantwortungsbereiche einer gemeinsamen Position und sprechen die Arbeitszeiten eigenständig untereinander ab. So ist z. B. eine Apothekerin schon früh morgens da und die andere übernimmt nachmittags die Spätschicht. Oder die beiden Mitarbeiter teilen sich die Woche jeweils in verschiedene ganze Tage auf. Dabei kann auch mal flexibel auf einen Krankheitsfall in der Familie reagiert oder eine Fortbildung wahrgenommen werden, sofern der Jobsharing-Partner einspringen kann. Grundvoraussetzungen für ein gut gelingendes Jobsharing sind auf jeden Fall ein großes Organisations- und Kommunikationstalent der Mitarbeiter: Damit der jeweilige Kollege weiß, welche Aufgaben sein Partner bereits erledigt hat und was noch zu tun ist, ist ein ständiger Informationsaustausch unerlässlich. Nur so kann ein reibungsloser Ablauf funktionieren. Die Jobsharing-Partner müssen in der Lage sein, auch mal Kritik des anderen anzunehmen und gemeinsam Kompromisse zu finden. Jobsharing-Stellen werden auch bei Führungskräften immer beliebter: Für ein Unternehmen ist es langfristig günstiger, qualifizierte und langjährige Mitarbeiter in eine Führungsposition zu befördern und ihnen durch die richtige Organisation eine Teilzeitstelle zu ermöglichen, als eine geeignete neue Fachkraft zu finden.
Das Fachkräftepotenzial der Frauen
Die gestiegene Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen hat in den letzten Jahren bereits dazu beigetragen, den Fachkräftemangel zu lindern. Denn sonst hätte sich die Fachkräftesituation – besonders in den Pflegeberufen oder in der Gesundheitsbranche – weitaus deutlicher verschlechtert. Dennoch bieten Frauen auch heute noch ungenutzte Fachkräftepotenziale, die von Unternehmen erschlossen werden können, indem eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht wird. Denn leider leisten die Frauen in den meisten Familien immer noch den größten Teil der Kinderbetreuung und Pflegearbeit. Für Arbeitssuchende ist dies häufig ein Grund, sich auf ausgeschriebene Stellen gar nicht erst zu bewerben. Zwar kann es für kleinere Betriebe wie Apotheken aufwendig sein, Kinderbetreuungsplätze für Mitarbeiter bereitzustellen, aber es gibt die Möglichkeit, Mitarbeiter und Bewerber bei der Finanzierung der Kinderbetreuung zu unterstützen. Mit flexibleren Arbeitszeitmodellen und Teilzeitarbeit mit variablem Stundenumfang können weibliche Fachkräfte aktiv dabei unterstützt werden, verantwortungsvolle Positionen zu besetzen, ohne dabei ständig unter Zeitdruck zu stehen oder sich längerfristig überfordert zu fühlen.
Wer Vertrauensarbeitszeit im Homeoffice anbietet, kann als attraktiver Arbeitgeber punkten.
Homeoffice – auch für Apotheken möglich?
Wer es seinen Mitarbeitern ermöglichen will, einige Stunden von zu Hause aus zu arbeiten, muss in der Lage sein, Kontrolle abzugeben und Vertrauen in seine Angestellten zu setzen. Einige im Apothekenalltag anfallende Tätigkeiten können ebenso im Homeoffice bearbeitet werden. Auch um die Wartezeit für Kunden in der Apotheke z. B. wegen längeren Recherchen und Beratungen zur Medikation zu verkürzen und um das Ansteckungsrisiko für Mitarbeiter und Kunden in Zeiten der Corona-Pandemie zu minimieren, bietet sich die Verlagerung von manchen (organisatorischen) Arbeiten ins Homeoffice an. So wären beispielsweise individuelle Medikationsanalysen für Kunden, ausführlichere telefonische oder auch schriftliche Beratungen zu neu verordneten Medikamenten sowie die Erstellung von Arbeitsplänen oder Arbeitsplatzanweisungen für das Qualitätsmanagement einige Möglichkeiten für Aufgaben, die – häufig sogar wesentlich effizienter – nach zu Hause ausgelagert werden können. Dieser Benefit spricht nicht nur Bewerber an, die nicht in der Nähe der Apotheke wohnen, sondern auch diejenigen, die aufgrund von familiären Verpflichtungen ihre Arbeitszeiten in der Apotheke nicht erweitern können, obwohl sie es mit flexiblerer Zeiteinteilung gerne würden. Am Ende winken Apothekenchefs durchaus viele Vorteile. Denn wer Vertrauensarbeitszeit im Homeoffice anbietet, kann gerade in Zeiten des andauernden Personalmangels als attraktiver Arbeitgeber gegenüber seinen Wettbewerbern punkten.
Der Traum von einer Auszeit
Als das Meinungsforschungsinstitut Forsa nach den häufigsten Vorsätzen für das neue Jahr fragte, fiel 57 Prozent der Teilnehmer zuallererst „Stress vermeiden und abbauen“ ein. Etwa die Hälfte der Befragten wünschten sich „mehr Zeit – für Freunde und Familie“. Mehr Zeit! Das ist der große Wunsch unserer Gesellschaft. Zeit und Flexibilität sind der wahre Luxus und die große Sehnsucht. Fast die Hälfte aller Deutschen träumt davon, sich einmal eine Auszeit vom Beruf zu nehmen – um zu verreisen, mehr Zeit für sich oder die Familie zu haben oder auch einem Burn-out vorzubeugen. Dieses sogenannte Sabbatical kann mehrere Monate bis zu einem Jahr andauern. Natürlich muss eine solche Auszeit längerfristig geplant werden und kein Arbeitgeber ist verpflichtet, eine solche Auszeit zu genehmigen, doch auch manchem Chef bietet ein Sabbatical Vorteile: In den meisten Fällen kommen die „Rückkehrer“ gut erholt, gestärkt und motiviert an ihren Arbeitsplatz zurück. Besonders bei langjährigen Mitarbeitern stellt eine Wiedereingliederung meist kein Problem dar. Außerdem kann sich ein Arbeitgeber bei der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern von der Konkurrenz abheben, denn die Aussicht auf eine mögliche geplante Auszeit ist momentan insbesondere für junge Jobsuchende ein wichtiges Argument.
Welches Arbeitszeitmodell in der Realität umsetzbar ist, hängt natürlich immer von der Größe und der Lage der jeweiligen Apotheke ab. Bei all dem dürfen wir nicht vergessen: Führungskräfte wie Apothekenleiter sind Vorbilder. Sie sind nicht nur selbst von den Arbeitsumständen betroffen, sondern können die Flexibilität ihrer Mitarbeiter durch gute Führung und kompetente Personalplanung stark beeinflussen. Denn wer für seinen zusätzlichen und flexiblen Arbeitseinsatz in Zeiten des Fachkräftemangels als „Bonbon“ ein paar freie Tage erhält, bleibt auch längerfristig ein motivierter und belastbarer Mitarbeiter. |
Apothekerin Dr. Irina Treede, Heidelberg
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