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Gesundheitspolitik
Unmittelbarer Austausch ohne Preisanker
Am 13. Februar steht die abschließende Lesung des Faire-Kassenwettbewerb-Gesetzes im Bundestag an. Tags zuvor wird der Gesundheitsausschuss des Bundestages über eine Reihe hierzu eingebrachter Änderungsanträge abstimmen – einer davon nimmt die Arzneimittel-Lieferengpässe ins Visier. Vergangene Woche kursierte ein auf den 5. Februar datiertes neues Paket von Formulierungshilfen. Auch wenn noch Änderungen möglich sind – für Apotheken ist vor allem eine Einsicht der Großen Koalition erfreulich: Die zunächst geplante Regelung, derzufolge Apotheken im Fall eines nicht lieferfähigen Rabattarzneimittels nach Ablauf von 24 Stunden ein lieferbares wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben dürfen, das höchstens so teuer ist wie das verordnete, ist vom Tisch.Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte stets darauf hingewiesen, dass diese 24-Stunden-Regel eine Verschlechterung gegenüber den Möglichkeiten des Rahmenvertrags darstellt. Überdies machte DAV-Chef Fritz Becker erst letzte Woche erneut deutlich, dass hier ein Preisanker fehl am Platze ist und Patienten nicht mit etwaigen Mehrkosten belastet werden dürften, wenn auf ein teureres Präparat ausgewichen werden muss.
Das berücksichtigt die neue Formulierungshilfe. Der in § 129 SGB V geplante neue Absatz 4c soll nun folgendermaßen lauten: „Eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten mit rabattierten Arzneimitteln ist sicherzustellen. Ist ein rabattiertes Arzneimittel bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke unmittelbar zur Abgabe eines lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 berechtigt. Ist bei einer Abgabe nach Satz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 die Mehrkosten. Das Nähere zur unmittelbaren Abgabe nach Satz 2 und Satz 3 und deren Abrechnung ist im Rahmenvertrag nach Absatz 2 festzulegen.“
In der Begründung heißt es, ein Arzneimittel gelte dann als „nicht verfügbar“, wenn es innerhalb einer „angemessenen Frist“ nicht beschafft werden könne. Ausgeführt wird nun zudem, dass ein „gesetzlicher Preisanker“ im Hinblick auf die bestehende Versorgungssituation nach dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung „nicht zielführend“ erscheine. „Damit ist im Einzelfall weiterhin die Abgabe eines teureren als des verordneten Arzneimittels zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung möglich.“ Gibt es auch kein Arzneimittel zum Festbetrag (!), hat die Mehrkosten ausnahmsweise nicht der Versicherte, sondern die Kasse zu tragen.
Weiterhin wünscht sich das Bundesgesundheitsministerium Auskunft, wie diese Neuregelung wirkt: Der GKV-Spitzenverband muss 18 Monate nach Inkrafttreten der Regelung über die finanziellen Auswirkungen berichten. Der Bericht soll auch Angaben über das Ausmaß von Aufzahlungen enthalten, die von Versicherten getragen werden. |
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